Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Autor: Grünes Archiv (Seite 27 von 38)

Das Grüne Archiv ist die Gedächtnisinstitution der grünen Bewegung und eine Serviceeinrichtung der Grünen Bildungswerkstatt für Grünbewegte, ForscherInnen und alle anderen Interessierten.

117/366: Heinz Baumüller wirbt für Robert Jungk

Der Aktionskünstler Heinz Baumüller warb für Robert Jungk.

Der Aktionskünstler Heinz Baumüller warb für Robert Jungk.

Heute vor 26 Jahren, am 26. April 1992, erreichte der grünalternative Kandidat Robert Jungk im ersten Wahlgang der Bundespräsidentschaftswahl 266.954 Stimmen und 5,75%.

Bundesländerergebnisse: Vorarlberg 9,91%, Wien: 8,46%, Salzburg: 7,92%, Tirol: 6,97%, Oberösterreich: 5,74%, Steiermark: 4,71%, Niederösterreich: 3,83%, Kärnten: 3,83%, Burgenland: 2,64%. Die besten Einzel-Ergebnisse verzeichnete er in den Wiener Bezirken Josefstadt (17,27%) und Neubau (16,41%) sowie in der Vorarlberger Gemeinde Klaus (15,57%).

Unterstützung, ebenso unerwartet wie ungewöhnlich, erhielt der Zukunftsforscher und Publizist Jungk vom Aktionskünstler Heinz Baumüller. Der 1950 im oberösterreichischen Kollerschlag geborene Bildhauer und Graphiker wollte zunächst selbst kandidieren, gab aber dann sein Vorhaben auf und unterstützte Jungk mit verschiedenen Aktionen. “Angefressen auf Österreich” ist das Portrait Baumüllers von Alexandra Grasl betitelt (erschienen in “Impuls Grün”, April 1992, S. 22).


// Mit düsterer Miene, im Frack und schärpengeschmückt, blickt er dem österreichischen Wählervolk ins Angesicht: Auf Plakatwänden bietet sich Heinz Baumüller für das höchste Amt im Staat an. Nun hat der Künstler seine Kandidatur zurückgezogen, um Robert Jungk zu unterstützen.

Heinz Baumüller "angefressen".

Heinz Baumüller “angefressen”.

Seit 1988 stechen seine lapidaren Slogans auf Werbeflächen zwischen Salzburg und Wien ins Auge. So warnt Baumüller auf dem ersten Plakat, es sei “Höchste ÖBB”und appelliert: “Am besten wählen Sie mich noch heute”. Unter dem Titel “Advent” fordert er mit einer Erstkommunikanten-Kerze in der Faust “Freiheit – Gleichheit – Geschwisterlichkeit”. In die Neutralitätsdebatte schaltet er sich mit der Frage “Worum geht’s?” ein und läßt sich mit einer Stange voller Würste im Hintergrund abbilden. Entgegen der Ansicht mancher ZeitgenossInnen, die Plakate seien als Gag aufzufassen, meint es Baumüller “todernst. Die Plakate sind kein Spaß. Sie sind Kunst und als Denkanstoß gedacht.” Seinen grimmigen Gesichtsausdruck erklärt er damit, “weil ich so angefressen bin auf Österreich”.

Den gebürtigen Mühlviertler verschlug es, nachdem er Grafik und Bildhauerei studiert hatte, vor elf Jahren nach Düsseldorf. Der Beuys-Mitarbeiter wurde vor allem als Aktionskünstler bekannt. Den Einfall, sich für das österreichische Präsidentschaftsamt zu bewerben, bekam Baumüller, als er 1987 Waldheim brieflich zum Rücktritt aufforderte. Dem Griff zur Feder war die Konfrontation mit dem schwelendem Antisemitismus der ÖsterreicherInnnen vorausgegangen: “Ein Bekannter beklagte sich über die ‘jüdische Hetzkampagne’ gegen Waldheim und behauptete, Hitler habe zu wenige Juden vergast. In der Schule meiner Nichte gilt es als ‘in’, Antisemit zu sein.” Dazu gesellten sich Aussagen von ÖVP-und FPÖ-Politikern, die Baumüller erbosten. Er forderte Waldheim auf, mit seinem Rücktritt ein Zeichen gegen den Antisemitismus zu setzen. Die Antwort aus der Hofburg fiel – erwartungsgemäß – negativ aus: Die Präsidentschaftskanzlei schob die Verantwortung für den Rechtsruck jenen in die Schuhe, “die ohne irgendwelche Beweise eine derartige Verleumdungskampagne gegen den Herrn Bundespräsidenten entfacht haben”. Daraufhin beschloß Baumüller, “die Sache selbst in die Hand zu nehmen”. Weiterlesen

116/366: Peter Weish: “Es gibt keine unschädliche Radioaktivität”

Cover der Ausgabe 5/1980. "Initiativ" ist die Zeitschrift der Initiative österreichischer Atomkraftgegner (Grünes Archiv).

Cover der Ausgabe 5/1980. “Initiativ” ist die Zeitschrift der Initiative österreichischer Atomkraftgegner (Grünes Archiv).

“Es gibt keine unschädliche Radioaktivität”, sagte der Naturwissenschaftler und Umweltaktivist Peter Weish 1980 in einem Interview für die Zeitschrift der Initiative österreichischer Atomkraftwerksgegner. Wenig vertrauenswürdig sind die offiziellen Berichte: “Die Behörden ziehen mit den Betreibern am gleichen Strang und versehen die zum Teil alarmierenden Meßergebnisse mit besänftigenden und irreführenden Kommentaren versehen”. Atomkraftwerke schädigen die Gesundheit also auch im Normalbetrieb, ganz ohne “Unfall”  wie vor dreißig Jahren in Tschernobyl.


//zitat//  Wie gefährlich ist sie wirklich, die radioaktive Strahlung, die aus einem “normal” laufenden Atomkraftwerk entweicht? “Umweltfreundlichste Energie” oder “Tod auf Raten” — gibt es denn keine objektiven wissenschaftlichen Untersuchungen, die diese Streitfrage entscheiden können? Wir fragten dazu den Biologen Dr. Peter Weish.

INITIATIV: “Das Milliardending muß absolut sicher sein”, fordert die Gewerkschaftszeitung “Solidarität” von den Zwentendorf-Betreibern. Der Nuklearmediziner Dr. Herbert Vetter garantiert den “Solidarität”-Lesern 1) absolute Sicherheit: Die Strahlenbelastung durch den Kernkraft-Normalbetrieb betrage höchstens ein millirem pro Jahr. Diese Strahlenbelastung sei ohne Bedeutung, da ja schon die natürliche Strahlung hundertmal größer sei.

WEISH: Gegen das alte Argument von dem “einen Millirem” gibt es drei grundlegende Einwände. Erstens: Der Wert “millirem” soll die Wirkung einer bestimmten Strahlung auf den Menschen ausdrücken. Er kann nicht direkt gemessen werden, er wird berechnet: Die gemessene Strahlung wird mit bestimmten angenommenen Wirkungsfaktoren multipliziert. Wir wissen nun, daß bei der Berechnung von Strahlenbelastungen, die aus der Anreicherung von Radionukliden in der Nahrungskette resultieren, gravierende Fehler gemacht worden sind. In der BRD gibt es komplizierte Rechengrundlagen für diese Abschätzung. Es hat sich herausgestellt, daß die Behörden nicht, wie es der Gesetzgeber vorschreibt, für “den ungünstigsten Fall” berechnet haben, sondern sie haben sehr optimistische Anreicherungsfaktoren in diese Berechnungen eingehen lassen. Eine kritische Prüfung durch Kollegen in Heidelberg 2) hat ergeben, daß eine vielfach höhere Strahlenbelastung auf Grund dieser Anreicherung in der Nahrungs-kette durchaus realistisch ist. Der Nachweis ist ganz leicht zu erbringen: Die Strahlenschutzkommission hat sich aus der wissenschaftlichen Literatur jeweils immer die für sie günstigsten Werte herausgesucht und keineswegs realistische Werte angewendet. Es wurde also nicht ein Rechenfehler nachgewiesen, sondern ein Methodenfehler. Es ergeben sich Fehlberechnungen bis zu Hunderten millirem.

INITIATIV: Wie schauen denn dann die Berechnungen für Zwentendorf aus?

WEISH: In den Parlamentshearings im März 1978 habe ich mich bemüht, die Grundlagen für diese Berechnungen zu bekommen. Nach langer Diskussion mit Minister [Josef] Staribacher und H[ans] Grümm, die stets behauptet haben, daß das Kraftwerk sofort abgestellt wird, wenn mehr als ein millirem herauskommt, hat sich folgendes herausgestellt: Es gibt überhaupt kein radioökologisches Gutachten, das die Anreicherung der wichtigsten Nuklide in der Nahrungskette zum Gegenstand hat. Wendet man die neueren deutschen Erkenntnisse auf Zwentendorf an, so ergeben sich auf Grund der zugelassenen Abgaberaten von drei milliCurie Aerosole pro Stunde Belastungswerte, die zum Teil erheblich über den höchstzulässigen Jahres-dosen von 170 mrem liegen. Das Millirem des Herrn Vetter ist also eine reine Hausnummer.

INITIATIV: Ein Atomkraftwerk steht ja nicht allein…

Interview mit Peter Weish

Interview mit Peter Weish.

WEISH: Das ist mein zweiter grundlegender Einwand. Die Atomkraftwerke erfordern ja den ganzen komplizierten Komplex der Nuklearindustrie. Das beginnt beim Uranbergbau, setzt sich fort in der Abtrennung des Urans von den Erzen, der Anreicherung des Urans, der Fertigung der Brennelemente, die im Atomkraftwerk durch Uranspaltung hoch radioaktiv werden; dann kommt die Wiederaufbereitung der bestrahlten Brennelemente und schließlich die Atommülllagerung. Der Reaktor ist, was umwelthygienische Aspekte betrifft, noch der relativ am besten beherrschte Abschnitt in diesem sogenannten Kreislauf (bei Normalbetrieb). Bei der Urangewinnung, aber vor allem bei der Wiederaufbereitung, werden viel größere Mengen radioaktiver Stoffe in die Umwelt freigesetzt.

INITIATIV: Aber auch ohne Atomindustrie sind wir noch immer der natürlichen Strahlung ausgesetzt… Weiterlesen

115/366: gutes Aussehen sowie Karakter

Werbung für seinen Vater als grünen Bundespräsidentschaftskandidat machte ein Steirer im November 1985. “Gutes Aussehen sowie Karakter, ERLICH, Gerecht,und nicht Macht gierig” zeichne diesen aus. Im Alternativenrundbrief 1/1986 wurde sein skurril-liebenswertes Schreiben an Doris Eisenriegler abgedruckt.


115-arb-bundespraesident-schreiben// Sehr geehrtes Fräulein Eisenriegler!

VORERST viele grüße sendet innen ihr Dr. h.c. […] aus […] und möchte sie kurz bekannt geben das ich für die ALÖ/ Die Grünen einen Idealen Präsidentschafts- Kantitat gefunden habe, der auch ein gutes Aussehen sowie Karakter, ERLICH ,Gerecht,und nicht Macht gierig ist. HERR […] erklärt sich bereit für sein Vaterland zu dienen, dieser Mann Raucht und Trinkt nicht und hat auch keine Vorstrafen geboren wurde Hr. […] am, 31.5.1930 in Graz und hat under anderem in der Öffentlichkeit ein gutes Ansehen, den der Name […] hat und geniest auf der ganzen Welt ein gutes ansehen!

DA ich sein Sohn bin, und schon seit über 2 Jahren als […] für die ALÖ/GÖ tätig bin möchte ich sie höflichst bitten diesen Mann einmal in seinem Leben eine CHANCE zu geben. DIESER Mann ist sehr begabt und talentiert mit verantvortung und Zeitgefüll, sollten sie INDERESSE an diesem Mann haben,so schreiben sie mir auf baldiger antwort den ich würde mich äuserst freuen wenn das Vaterland ihn brauchen würde!

SIE müßen verstehen das ich die Reine Warheit sage den ich habe keinen Grund zu lügen , alles kann ich IHNEN Brieflich nicht erklären. Darum bitte ich höflichst um verständnis.

IN der BRD wurde es möglich gemacht Präsidentschafts- Kantitaten aus dem Volk heraus zu wählen, ich hoffe das es auch bei uns bald möglich sein wird bzw. oder ist.

ICH habe für die Grünen in In- und Ausland Werbung gemacht sogar der US-Präsident Ronald Reagan hat mir ein Foto mit Persönlicher Underschrieft bei Post geschickt, sowie: SCHWEDISCHE Ministerpräsidente Olaf Palme, Dallas Stars, Linda Grey, Victoria Principal, Larry Hagman, CHARLENE TILTON, Patrick Duffy, Robert Mitchum, uva.

ICH kenne die ganze Film Provinenz und Politiker der Welt, da ich selber einmal Film Star werden möchte. //


Den Namen und die Adresse haben wir für die Veröffentlichung im Blog geschwärzt.

114/366: Kial Esperanto estas la lingvo por la verduloj?

Folder des Vereins der Grünen Esperantisten (Grünes Archiv, Archiv der Wiener Grünen)

Folder des Vereins der Grünen Esperantisten (Grünes Archiv, Archiv der Wiener Grünen)

Die intensiven Bemühungen von Sprach-Aktivist_innen, die Grünen vom Esperanto zu überzeugen, lassen sich in einer Mappe mit Briefen, Postkarten und Faltblättern nachvollziehen, die das Grüne Archiv vor kurzem von den Wiener Grünen übernommen hat. Hier ein fünfsprachiges Faltblatt, das Antwort auf die Frage “Kial Esperanto estas lá  lingvo por la verduloj?” liefern soll.

zum Download: 114-gruene-esperanto-folder (PDF, 0,8 MB)


Kial Esperanto estas lá  lingvo por la verduloj?

  • ĉar Esperanto estas lingvo planita por disvastigi pacon pere de, internacia kompreno;
  • ĉar Esperanto protektas la diversecon de regionaj lingvoj kontraŭ la tro-uzado de imperialismaj lingvoj;
  • ĉar nur per la uzado de la neŭtrala lingvo Esperanto ni, Verduloj, povas elimini diskriminacion dum niaj propraj kunvenoj internaciaj.

In der Annahme, dass sich die Plansprache doch nicht ganz so durchgesetzt hat wie vom europaweiten “Verein der Grünen Esperantisten” gehofft, führen wir die Antworten auf die Frage, warum Esperanto die Sprache für die Grünen sei, doch auch auf Deutsch an:

  • weil die Sprache Esperanto speziell geschaffen wurde, um Frieden durch internationale Verständigung zu erreichen;
  • weil durch Esperanto die Vielfalt der regionalen Sprachen bestehen bleibt und diese vor der Übermacht der imperialistischen Sprachen schützt;
  • weil wir Grünen bei unseren internationalen Zusammenkünften Sprachdiskriminierung nur vermeiden können, wenn wir untereinander die neutrale Sprache Esperanto gebrauchen.

Mehr dazu auf der Website der Asocio de Verduloj Esperantistaj!

113/366: Uns zuliebe VGÖ

Uns zuliebe VGÖ. Die vernünftige grüne Mitte.,

Uns zuliebe VGÖ. Die vernünftige grüne Mitte. Zeitschrift der Vereinten Grünen (Grünes Archiv)

Die Vereinten Grünen (VGÖ) sahen sich als die “vernünftige grüne Mitte”. Hier ein Auszug aus ihrem Programm für die Gemeinderatswahl am 10. November 1991 in Wien, abgedruckt in der Zeitschrift “Blätter der Vereinten Grünen”. An der Spitze kandidierten der Chemotechniker Rudolf Dunkl, der Beamte und Journalist Günter Ofner, die Medizinstudentin Sabine E. Poitschek, der Turnusarzt und BHS-Lehrer Karl Hoffmann, die Industriekauffrau Erika Knöbl und der Vertriebsleiter Thomas Wieshofer.

Die Unterschiede zur Grünen Alternative – aus Sicht der VGÖ – werden auf einer ganzen Seite beschrieben.


DEMOKRATIE IN WIEN:

  • für das Ende der rot-schwarzen Pfründewirtschaft (Posten-und Wohnungsschacher)
  • für wirksames Mitbestimmungsrecht der Bürger
  • für Freiheit der Meinungsäußerung ohne Repressalien (z.B. auch am Arbeitsplatz)

FRAUEN IN WIEN:

  • für gleichen Lohn für gleiche Arbeit
  • für gleiche Chancen

VERKEHR IN WIEN:

  • für den Vorrang des öffentlichen Verkehrs (Park & Ride, Stuttgarter Schwellen, Linientaxis, kürzere Intervalle, Tarifsenkung, Tempo 30 in Wohngebieten, Wartehäuschen, bessere Erreichbarkeit der Stationen, elektronische Verkehrslogik, etc.)
  • für ein möglichst autofreies Radwegnetz (Radstraßen)
  • für Elektrobusse statt Dieselbussen
Darum können Vereinte Grüne und Grüne Alternative nicht miteinander! Zeitschrift der VGÖ (Grünes Archiv)

Darum können Vereinte Grüne und Grüne Alternative nicht miteinander! Zeitschrift der VGÖ (Grünes Archiv)

MÜLL IN WIEN:

  • für effiziente Vermeidung
  • für vollständige Trennung (wesentlich mehr Sammelstellen)
  • für ungiftige Ersatzstoffe
  • für Pfandsystem, Recyclingsysteme (Kreislaufwirtschaft)
  • gegen Verbrennung, Spittelau und Flötzersteig nur noch als reine Fernwärmekraftwerke — mit Erdgas betrieben
  • für eindeutige Kennzeichnungspflicht aller Materialien
  • für Rücknahme- und Aufarbeitungspflicht ( soweit sinnvoll) durch die Erzeuger

TIERSCHUTZ IN WIEN:

  • für ein bundeseinheitliches Tierschutzsystem
  • für den Abbau der tierquälerischen Intensiv- bzw. Massentierhaltung
  • für sofortige Einstellung sämtlicher Tierversuche in der Industrie
  • für Verbot der privaten Haltung geschützter Tierarten ohne Sonderbewilligung
  • für Kontrolle der artgerechten Tierhaltung durch Fachleute in allen Tierhandlungen, Tiergärten und Zirkusunternehmungen

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112/366: Ohne Strom schaut’s finster aus – AKW-Werbefilm


Die EVN hat kürzlich diesen Film über Atomkraft und Zwentendorf gefunden und erfreulicherweise online gestellt. Die Bezeichnung “skurril”, die die EVN gewählt hat, trifft es durchaus 😉

Der Film zeigt gut, mit welchen Argumenten die Atomkraftbefürworter_innen arbeiteten: “Stellen Sie sich einmal vor: ein Kinderspital ohne Strom! Ja, ohne Strom wird es still. Ganz still”. Und von “Kernkraft” auf “kerngesund” muss man auch erst kommen.

111/366: Kein Mangel an Ersten Männern?

Schani Margulies über das Amt der Bundespräsidentin.

Schani Margulies über das Amt der Bundespräsidentin.

“Wenn es an einem in Österreich nicht mangelt, dann an Ersten Männern”, so lautete die Antwort von Schani Margulies, als die grüne Zeitschrift “Impuls Grün” im Herbst 1991 einen Rundruf zur Bundespräsidentschaftswahl startete. Hans-Peter Lesjak, Obmann der Grünen Bildungswerkstatt Kärnten, reimte: “Wir wählen unseren Ostbahn-Kurt, weil er so guat singen tuat”. Soviel sei vorab verraten: Die Wahl fiel auf Robert Jungk. Präsident wurde in der Stichwahl Thomas Klestil.


// Freda Meissner-Blaus Wahlerfolg war der Startschuß für die grüne Parlamentskarriere. Im Herbst werden die anderen Parteien ihre 92’er Bundespräsidentschafts-KandidatInnen küren. Was tut die GRÜNE ALTERNATIVE? Dr. Kurt Ostbahn unterstützen? Eine/n Unabhängige/n fördern, eine/n eigene/n Kandidatin aufstellen? Oder das Amt abschaffen?

Manfred Ambach-Bauer, Lehrer, Salzburg: Kurt Waldheim hat gezeigt, wie unwichtig das Amt des Bundespräsi-denten mit seinen Vollmachten ist. Ich plädiere für die Abschaffung der Volkswahl und Beschneidung seiner Befugnisse. Der Präsident, von einer Bundesversammlung gewählt, hätte repräsentative Aufgaben und die Kontrolle über das verfassungsgemäße Zustandekommen von Gesetzen inne. Seine jetzigen Machtbefugnisse sollten zwischen Parlament und Bundesregierung aufgeteilt werden.

Marijana Grandits, außenpolitische Sprecherin des Grünen Klubs, Wien: Ein/e direkt vom Volk gewählte/r Bundespräsident/in sollte sich durch Integrität und Eigeninitiative, durch persönliche statt durch zeremonielle Autorität auszeichnen. Über die Innenpolitik hinaus sollten globale Themen wie Menschenrechte, Demokratie oder Ökologie die Inhalte der Amtsführung kennzeichnen. Angesichts des Mangels an geeigneten grünen Kandidat/inn/en und der Demontage des Amtes durch Waldheim wird es schwer werden, eine unterstützenswerte, in ihrem Arbeitsbereich anerkannte Persönlichkeit mit oben genannten Qualifikationen zu finden.

Hans-Peter Lesjak, Historiker, Obmann Grübi Kärnten, Velden: Wir wählen unseren Ostbahn-Kurt, weil er so guat singen tuat.

Eine "international profilierte Frau" wünschte sich Gundi Kammlander.

Eine “international profilierte Frau” wünschte sich Gundi Kammlander als grüne Kandidatin.

Gundi Kammlander, Landtagsabgeordnete und Spitzenkandidatin der Grünen Alternative Steiermark, Graz: Ideal wäre für mich eine auch international profilierte Frau aus der literarisch-politischen Szene. Eine unabhängige Kandidatin, die nicht nur die grüne Szene anspricht, würde dem Bedürfnis der WählerInnen nach ernsthafter Politik, wie es uns derzeit im steirischen Wahlkampf begegnet, eher entsprechen als eine sympathische Gaukel-“Chef-Partie” wie der Ostbahn-Kurti. Weiterlesen

110/366: 1998: Gertraud Knoll von Grünen unterstützt

Heute vor achtzehn Jahren, am 19. April 1998, fand in Österreich eine Bundespräsidentschaftswahl statt. Die Grünen stellten keine eigene Kandidatin auf, unterstützten jedoch die überparteiliche Kandidatin Gertraud Knoll. Im Personen-Komitee für die evangelische Pastorin und Superintendentin waren unter anderen Rudi Anschober, Gabriela Moser und Ruperta Lichtenecker vertreten.

Der “Spiegel” schrieb damals über die Kandidatin: “Knoll entspricht … einer Reinkarnation des Grünen-Stars Petra Kelly im Kleinstaatformat: engagiert, ehrgeizig und sehr gefühlsbetont, aber auch reichlich ungeschickt und in internationalen Fragen noch erschreckend wenig informiert”.

Knoll erreichte 566.551 Stimmen und damit 13,59%. Außerdem traten Heide Schmidt, Richard Lugner und Karl Nowak als HerausforderInnen des amtierenden Präsidenten Thomas Klestil an. Trotzdem wurde Klestil im ersten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt – er erreichte 2.644.034 Stimmen und 63,42%.

Martin Wabl, zu diesem Zeitpunkt steirischer Landtagsabgeordneter der Grünen, versuchte übrigens ebenfalls, bei dieser Wahl anzutreten, konnte aber nur 3600 von 6000 nötigen Unterstützungserklärungen sammeln.

109/366: Promis über grüne Erfolge im Parlament

Madeleine Petrovic, Marijana Grandits und Monika Langthaler auf der Titelseite von "Impuls Grün" (Grünes Archiv).

Madeleine Petrovic, Marijana Grandits und Monika Langthaler auf der Titelseite von “Impuls Grün” (Grünes Archiv).

“Heute kann es sich keine politische Kraft in diesem Land mehr leisten, Umweltfragen nicht zu beachten oder unbeantwortet zu lassen. Das ist das eigentliche historische Verdienst der Grünen”, sagte die damalige SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer über die Grünen. “Nicht sehr, aber ein bißchen schon” hätten die Grünen dem ÖVP-Justizsprecher Michael Graff gefehlt. Wie andere österreichische Prominente aus Politik, Kultur und Umweltschutz die Arbeit der Grünen im Parlament von 1990 bis 1994 beurteilten, ist in der Zeitschrift “Impuls Grün” 6/1994 nachzulesen. Eine Auswahl gibt’s hier im Blog nachzulesen. Drei Fragen wurden gestellt:

  1. Was haben Ihrer Meinung nach die Grünen mit ihrer bisherigen Parlamentsarbeit erreicht?
  2. Wie würde es sich auf die österreichische Politik auswirken, wenn die Grünen nicht mehr im Parlament wären?
  3. Würden Sie die Grünen vermissen, wenn sie nicht mehr im Parlament wären?

Brigitte Ederer (Staatssekretärin für Integrationsfragen und Entwicklungszusammenarbeit, SPÖ)

Frage 1: Die Grünen haben die österreichische Politik in einem wesentlichen Punkt verändert. Heute kann es sich keine politische Kraft in diesem Land mehr leisten, Umweltfragen nicht zu beachten oder unbeantwortet zu lassen. Das ist das eigentliche historische Verdienst der Grünen. Mir wäre es natürlich lieber gewesen, wenn die SPÖ rechtzeitig diese Rolle übernommen hätte.

Frage 2 und 3: Inhaltlich wäre es sicherlich ein Verlust, denn die Grünen sind als fortschrittliche Oppositionspartei wichtig. Auch wenn ich die Position der Grünen oft nicht teile, tragen sie zur Diskussion über die gesellschaftliche Zukunft Österreichs wesentlich mehr bei als die größere Oppositionspartei. Als alte Reformistin erlaube ich mir auch dann und wann, eine Idee der Grünen auszuborgen. Das wäre ungleich schwieriger, wenn sie nicht mehr im Parlament wären. Die Grünen haben ihren Platz in der politischen Landschaft Österreichs, ob sie nun im Parlament sind oder nicht.

Reinhold Gärtner (Politikwissenschafter, Universität Innsbruck)

Frage 1: Die Grünen haben in erster Linie zur Sensibilisierung bestimmter Themen (Beispiel Umweltschutz) beigetragen und damit partiell andere Parteien — speziell SPÖ und ÖVP — in Zugzwang gebracht. Daß dies nicht in allen Fällen gelingen kann und daß in manchen Bereichen, etwa der Ausländerpolitik, zwar — angesichts der Ausländerpolitik von SPÖ und ÖVP notwendige — Polarisierung bzw. Gegenposition artikuliert wurde, aber keine Erfolge zu verzeichnen sind, ist nicht den Grünen anzulasten, sondern ist in deren Oppositionsrolle begründet.

Frage 2: Ohne die Grünen im Parlament wäre Österreichs Politik ärmer, Opposition im wesentlichen der FPÖ überlassen, und das politische und gesellschaftliche Klima frostiger. Die Grünen stellen — neben dem erst seit kurzem vertretenen Liberalen Forum — zur Zeit die einzig ernstzunehmende Opposition dar. Vor allem im Bereich Demokratieentwicklung bzw. Kritik an auch in Österreich zunehmend feststellbaren Angriffen auf Menschenrechte — Stichwort Asylgesetz oder “sein bester Selbstmord” (M. Graff) — würden ohne die Grünen wesentliche Impulse fehlen.

Frage 3: Ja.

Michael Graff (Abgeordneter und Justizsprecher der ÖVP)

Frage 1: Sie haben das Parlament belebt, und ihre Oppositionsaufgabe insofern erfüllt, als sie den Regierungsparteien nicht alles durchgehen lassen.

Frage 2: Es wären ein paar Farbtupfer weniger.

Frage 3: Nicht sehr, aber ein bißchen schon. Weiterlesen

108/366: …und wir kommen auch hinein!

Friedrun Huemer, Alfred Bastecky, Jutta Sander, Günter Schobesberger, Hannelore Weber, Dieter Schrage, Valerie Publig und Franz Franke (1987)

Friedrun Huemer, Alfred Bastecky, Jutta Sander, Günter Schobesberger, Hannelore Weber, Dieter Schrage, Valerie Publig und Franz Franke (1987)

Ein Blick auf die grünen Kandidatinnen und Kandidaten zur Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 1987. Bei der Wahl am 8. November 1987 war die Schulpsychologin Friedrun Huemer Spitzenkandidatin. Mit 30.713 Stimmen und 4,40% wurde die 5%-Hürde für den Einzug ins Rathaus knapp verfehlt.

Die Vereinten Grünen (VGÖ), denen durch Unterstützungserklärungen aus SPÖ-Kreisen die Kandidatur ermöglicht wurde, kamen auf 5.878 Stimmen und 0,84%. Allerdings gelang der Grünen Alternative bei den gleichzeitig abgehaltenen Bezirksvertretungswahlen der Einzug in allen 23 Bezirken, mit insgesamt 55 Mandaten (von 1.082) und durchschnittlich 4,99% (34.327 Stimmen) – insofern stimmt die Ansage “und wir kommen auch hinein” auf dem Flugblatt ja doch irgendwie 😉

Die besten Ergebnisse – jeweils vier Mandate – wurden in den StudentInnen-Bezirken Josefstadt (9,68%), Mariahilf (9,65%) und Neubau (9,14%) erzielt.

Die VGÖ blieben auch bei den Bezirksvertretungswahlen ohne Mandat und kamen auf insgesamt 5.443 Stimmen (0,79%).

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