Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Autor: Grünes Archiv (Seite 19 von 38)

Das Grüne Archiv ist die Gedächtnisinstitution der grünen Bewegung und eine Serviceeinrichtung der Grünen Bildungswerkstatt für Grünbewegte, ForscherInnen und alle anderen Interessierten.

197/366: Die Sache mit dem Benzinpreis

Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Nationalratswahl 1990.

Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Nationalratswahl 1990.

Vor 26 Jahren, vom 13. bis zum 15. Juli 1990, fand der fünfte Bundeskongress der Grünen Alternative im Tiroler Telfs statt. Dabei wurde das Programm für die Nationalratswahl 1990 diskutiert und beschlossen. Im Wahlkampf erwähnte Sonja Puntscher Riekmann, Programmkoordinatorin und Bundesvorstandsmitglied,  in der “Pressestunde” die Forderung nach einem kostendeckenden Benzinpreis von 24 Schilling (1,7 EUR), verbunden mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Die Äußerung verselbständigte sich in einem atemberaubenden Tempo – auch dank entsprechender Schlagzeilen – und wurde in jedem Bierzelt, an jedem Stammtisch ausführlichst diskutiert. Wie die Grünen in ihrer Publikation zum 20-Jahr-Jubiläum feststellten, hatte sich Puntscher-Riekmann an eine Idee des damaligen Finanzministers Ferdinand Lacina angelehnt. Nur: Die auflagenstärkste Zeitung informierte ihre LeserInnen schon in der Abendausgabe mit dem Aufmacher: “Grüne fordern 24 Schilling Benzinpreis!” ¹

Dass Puntscher-Riekmann in einem Nachsatz volkswirtschaftliche Bedenken an der Höhe äußerte, ging in der Folge unter.² Abgesehen davon waren auch die anderen Parteien – trotz ihres lauten Aufschreis – einer solchen Idee nicht völlig abgeneigt, beschrieb die Redaktion der Zeitschrift “Impuls grün” im September 1990, kurz nach der “Pressestunde”:

// Befremdend daran ist die Tatsache, daß alle(!) Parteien eine Erhöhung des Benzinpreises fordern. Nur halt ja nicht zu laut. Der Umweltbeauftragte der FPÖ Doz. Dr. Gerhard Spitzer sagte in einem Interview in der Zeitschrift ÖKO-Trend: “…Autos sind in der Anschaffung ein wenig, in der Erhaltung viel zu billig – ich kann mir einen Benzinpreis von öS 39.- [2,8 EUR, Anm.] vorstellen und eine Koppelung von Kfz-Steuer und Verbrauch.”

In einer SPÖ-Broschüre steht: “…daß die Verkehrsträger kostendeckende Preise verlangen müssen… so müßte die Mineralölsteuer für den PKW-Verkehr um öS 14.- [1,01 EUR, Anm.], für den LKW-Verkehr um öS 28.- [2,03 EUR, Anm.] erhöht werden…”

Die ÖVP fordert die sogenannte Öko-Soziale Marktwirtschaft. Die ökologischen Probleme werden marktwirtschaftlich, also über den Preis geregelt. Für den Benzinpreis übersetzt bedeutet das nichts anderes als eine Erhöhung. ³//

Quellen

¹ Artikel im Heft “Zwanzig Jahre Grüne im Parlament”: 197-zwanzig-jahre-gruene-im-parlament(PDF, 0,2 MB)
² Wikipedia: Geschichte der Grünen – Die Grüne Alternative
³ Wahlprogramm 1990: 197-nationalratswahlprogramm-1990 (PDF, 10 MB)

außerdem: Engelbert Washietl: “Endlich 25 Schilling für einen Liter Benzin“. In: Wiener Zeitung, 23. August 2012

196/366: Aus Kummer trink ich nie. Fragen an die Wiener GemeinderätInnen

196-fragen-gemeinderaete-wien-1In der GAZ, der Grün-Alternativen Zeitung für Wien, vom Jänner 1992 wurden den damaligen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten Wiens folgende persönliche Fragen gestellt:

1. Wer bist Du?
2. Wann betrinkst Du Dich?
3. Wann schaltest Du den Fernsehapparat ab?
4. Beichte Deine Umweltsünden
5. In welche Person aus den anderen Parteien könntest Du Dich verlieben?
6. Was ist das dunkelste Kapitel in Deiner Geschichte?

Download im Originallayout: 196-fragen-gemeinderaete-wien (PDF, 1 MB)


Schani Margulies: Aus Kummer trink ich nie

1. Ich bin ein 52-jähriger, übergewichtiger Mann aus der Gewerkschafts- und Alternativbewegung. Von Kindesbeinen an politisch aktiv.
2. Trinke mit Freunden wenn’s etwas zu feiern gibt. Ansaufen tu’ ich mich seit Jahren nicht mehr. Aus Kummer trink ich nie.
3. Kommt aufs Programm an. Musikantenstadl dreh’ ich sofort ab.
4. Ich rauche. Fahr’ doch noch immer mit dem Auto. Aus Bequemlichkeit kaufe ich manchmal nicht umweltbewußt ein.
5. Muß ich passen.
6. Im 68-er Jahr, beim Einmarsch der Sowjet-Truppen in die CSSR, ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Ein Schockerlebnis. Mein Traum vom Sozialismus mit menschlichem Antlitz wurde damals kaputtgemacht. Nicht nur beruflich mußte ich neu anfangen.

Peter Pilz: Kein Platz für Liebe

1. Peter Pilz
2. Nach jedem Wahlerfolg, also sehr selten.
3. Immer wenn die Nachrichten kommen. Normalerweise schalte ich das TV-Gerät nicht ein.
4. Gelegentliche Taxifahrten. Zu nachgiebig gegen Raucher, da muß ich härter werden.
5. Also in den Lichal nicht. Ansonsten – kein Platz für Liebe.
6. 1. Möglicherweise meine Schulzeit. 2. Mein letzter Kinderfreundeurlaub – der war echt beschissen.

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195/366: Bundesländerfritz. Entscheidungsstruktur der Alternativen Liste Oberösterreich

Die Entscheidungsfindung in der Alternativen Liste Oberösterreich erfolgte nach dem Subsidiaritätsprinzip: “Jede Entscheidung soll in der untersten möglichen Ebene getroffen werden und darf von oberen Ebenen nicht aufgehoben oder praktisch unmöglich gemacht werden”. Um zu verstehen, welcher Organisationsteil mit welchen Personen und “Fritzen” in welcher Verbindung steht, muss man die Darstellung wohl länger studieren 😀

Entscheidungsfindung bei der Alternativen Liste Oberösterreich.

Entscheidungsfindung bei der Alternativen Liste Oberösterreich (Grünes Archiv Oberösterreich).

194/366: Jugendliche brauchen Freiräume. Berufsschülertage 1995

194-berufsschuelertage-pilz-jerusalem“Mehr als die Hälfte der österreichischen Jugendlichen absolviert eine Lehre. Trotzdem sind Lehrlinge nach wie vor die Stiefkinder der Nation. Eine vergessene Mehrheit. Jede bildungspolitische Debatte dreht sich um Volksschule, Hauptschule, Mittelschule, Universität. Über die Berufsschule wird kaum geredet”. Hat sich an dieser Diagnose von Peter Pilz aus dem Jahr 1995 viel geändert, was meint Ihr?

Zu den Berufsschülertagen, die im April 1995 im Wiener Rathaus stattfanden, veröffentlichten die Wiener Grünen eine Broschüre mit Informationen für Jugendliche in Lehrausbildung.

Download der ganzen Broschüre: 194-berufsschuelertage-wien-1995 (PDF, 2 MB)


Jugendliche brauchen Freiräume – Susanne Jerusalem, Gemeinderätin

Jugend ist eine Zeit des Experimentierens. Jugendliche brauchen Freiräume, die nicht von Erwachsenen dirigiert und kontrolliert werden. Politik hat die Aufgabe, diese Freiräume zu schaffen. Jugendliche haben das Recht, in Angelegenheiten, die sie betreffen, informiert zu werden, mitreden und mitentscheiden zu können. Dieses Recht ist in der UNO-Konvention “Über die Rechte des Kindes” verankert. Österreich hat unterschrieben und damit die Verpflichtung übernommen, die Bestimmungen der Konvention einzuhalten. Bis zur Verwirklichung dieser Rechte ist noch ein langer Weg zurückzulegen. Die Grünen sagen: “Der Alltag von Jugendlichen muß demokratisch werden!” Die Grünen fordern aber auch eine Herabsetzung des kommunalen Wahlalters, denn wer alt genug ist, um eine Lehre zu absolvieren, muß auch alt genug zum Wählen sein. Alle Jugendlichen sollen die Chance haben, selbstbewußt, eigenverantwortlich und aktiv zu sein. Um Chancengleichheit herzustellen, muß die Stadt Maßnahmen im Interesse von einkommensschwachen und diskriminierten Jugendlichen treffen.

Lehrlinge haben keine Lobby – Peter Pilz, Klubobmann der Grünen im Rathaus

Mehr als die Hälfte der österreichischen Jugendlichen absolviert eine Lehre. Trotzdem sind Lehrlinge nach wie vor die Stiefkinder der Nation. Eine vergessene Mehrheit. Jede bildungspolitische Debatte dreht sich um Volksschule, Hauptschule, Mittelschule, Universität. Über die Berufsschule wird kaum geredet. Aus gutem Grund, denn: Lehrlinge haben keine Lobby. Dem Staat ist ein Schüler in der Berufsbildenden Höheren Schule jährlich 60.000 Schilling [4360 EUR, Anm.] wert – ein Schüler in der Berufsschule hingegen nur 6.000(!) Schilling [436 EUR]. Schüler und Studenten haben eine Interessensvertretung. Lehrlinge werden nach wie vor irgendwo zwischen Betrieb und Berufsschule hin und hergeschoben. Der Grund dafür ist einfach: Lehrlinge sind zwar alt genug, um zu arbeiten, wählen dürfen sie allerdings nicht, denn: Lehrlinge haben keine Lobby. Das muß – und das kann sich ändern – wenn Lehrlinge selbst was ändern. Wer sagt, daß man nichts gegen Schikanen in der Ausbildung machen kann? Wer sagt, daß Lehrlinge widerspruchlos jede Arbeit machen müssen? Und wer sagt, daß ihnen von der Jugendkultur nur die Brösel zustehen? Wir machen Lehrlingen ein Angebot: Wenn Ihr selbst was unternehmt, wenn Ihr selbst was ändern, was Neues machen wollt, dann reden wir drüber, wie wir das unterstützen können. Damit auch da was in Bewegung kommt.

193/366: Von der Großstadt zum Bauernkaff?

Leserbrief.

Leserbrief.

“Euer Ziel scheint zu sein, aus der Großstadt Wien ein Bauernkaff zu machen. Wer vor seiner Haustür einen eigenen Baum haben will, soll nach Niederösterreich ziehen”, richtete Emil Schrittwieser den Floridsdorfer Grünen aus. Er setzt freundlicherweise fort: “Wir haben in Wien schon so viele Arschlöcher, sodaß es auf Euch auch nicht mehr ankommt”. Der Leserbrief wurde in der Zeitschrift “Floh” 6/1992 abgedruckt.

Ob der Schreiber gesehen hat, dass auch im flächenmäßig größten Bundesland Österreichs nicht vor jeder Haustür ein Baum steht? 😉

192/366: Antrittsrede von Helene Jarmer

Heute vor sieben Jahren, am 10. Juli 2009, wurde die Pädagogin Helene Jarmer als erste gehörlose Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat angelobt. Jarmer ist weltweit – nach einer südafrikanischen und einer griechischen Politikerin – die dritte gehörlose Abgeordnete zu einem nationalen Parlament. Hier ihre Antrittsrede, in der sie ihren Kolleginnen und Kollegen auch eine kleine Einführung in die Gebärdensprache gibt.

190/366: Sechs grüne Grundwerte

190-gruenes-grundsatzprogrammHeute vor fünfzehn Jahren, am 7. und 8. Juli 2001, wurde beim 20. Bundeskongress der Grünen in Linz das grüne Grundsatzprogramm mit 86,2% der Delegiertenstimmen beschlossen. Das erste vergleichbare Dokument, die “Leitlinien grüner Politik”, stammten aus dem Jahr 1990. Die nunmehr sechs Grundwerte lauteten ökologisch, solidarisch, selbstbestimmt, basisdemokratisch, gewaltfrei und feministisch. Die Werte ökologisch, solidarisch, basisdemokratisch und gewaltfrei hatte bereits die Alternative Liste im Programm.

Download des Grundsatzprogramms 2001: 190-gruenes-grundsatzprogramm (PDF, 0,4 MB)


190-gruene-grundwerte

Stefan Probst: Grüne Grundwerte. Planet Verlag 2012

2012 veröffentlichte die Grüne Bildungswerkstatt im Planet-Verlag den Band “Grüne Grundwerte” von Stefan Probst. Die Beschreibung:

Grüne Politik lässt sich von sechs Grundwerten leiten: selbstbestimmt, basisdemokratisch, solidarisch, feministisch, ökologisch und gewaltfrei. In den politischen Auseinandersetzungen sind diese Grundwerte allerdings kaum präsent. Weil sich Politik gegenwärtig innerhalb eng gesetzter Sachzwänge bewegt und damit grundlegende Perspektiven gesellschaftlicher Veränderung von vornherein verschlossen sind, gilt der Bezug auf Grundwerte im besten Fall als utopische Träumerei naiver “Gutmenschen”.

Vor diesem Hintergrund werden in diesem Buch die Bedeutungsgehalte grüner Grundwerte reflektiert, um daraus neue Impulse emanzipatorischer Politik zu gewinnen. Im Fokus der Auseinandersetzung stehen somit weniger die potentiellen Spannungen und Widersprüche im Grundwerte-Ensemble, sondern die Frage, welche gesellschaftliche Utopie die grünen Grundwerte in ihrem Zusammenhang und ihrer wechselseitigen Bestimmung umreißen. Auch wenn tagespolitische Entscheidungen nicht aus den Grundwerten ableitbar sind, können sie helfen, grüne Politik auf die Perpektive einer emanzipierten Gesellschaft zu orientieren.

188/366: Alternative Liste Tirol unterzeichnet Linzer Appell

188-alternative-liste-tirol-wurzelwerk-frieden-mitdabei“Die Auswirkungen einer Atombombenexplosion sind so furchtbar, daß schon der Besitz einer solchen Waffe ein Verbrechen ist”. Die Alternative Liste Tirol (ALT) unterzeichnete im Jahr 1983 den Linzer Appell, den Friedensappell der Österreichischen Bischöfe und den Aufruf zur Friedensdemonstration am 22. Oktober 1983 in Wien. Der folgende Text erschien in der alternativen Zeitschrift “Wurzelwerk” Nr. 25 vom November 1983.

Download des Artikels im Originallayout: 188-alternative-liste-tirol-wurzelwerk-frieden (PDF, 2 MB)


// Die ALT steht nicht unkritisch zu den drei Appellen:

Das Bundesprogramm der Alternativen Liste Österreich betont in seinem ersten Satz, daß die Alternativen Listen aus der “Friedens-und Alternativbewegung” kommen. Einer unserer vier Grundsätze ist — neben dem ökologischen, dem solidarischen und dem basisdemokratischen — der der Gewaltfreiheit. Die Friedensbewegung ist deshalb eines unserer wesentlichsten Anliegen. Dies gilt besonders für den weltweiten Kampf gegen Atomwaffen (und ebenso gegen bakteriologische und chemische Waffen). Pershing 2 und Cruise Missiles [Marschflugkörper, Anm.] stellen den momentanen Höchststand im Wettlauf um die Perfektion von Atomwaffen dar: sie sind äußerst zielgenau und besitzen eine Flugdauer von nur wenigen Minuten (Pershing 2) bzw. lassen sich nicht mit den bestehenden Frühwarnsystemen orten, weil sie nur knapp über dem Boden fliegen (Cruise Missiles). Sie sind deshalb für einen Erstschlag geeignet, der die gegnerischen Atomwaffen zerstören soll. Damit ist allein durch ihre Aufstellung die Möglichkeit eines Atomkrieges gegeben, und auch ein Irrtum im sowjetischen Frühwarnsystem kann einen Atomkrieg auslösen.

Ebenso ist die Reaktion der UdSSR auf die Durchführung der sogenannten “Nachrüstung” für uns Europäer nicht abzuschätzen.

Wir treten gegen diese “Nachrüstungs”raketen wie auch gegen die Stationierung der SS-20-Raketen ein, weisen aber darauf hin, daß ähnliche Waffen wie die SS-20 (SS-4 und 5S-5) seit 1959 bereitstanden, ohne daß dadurch eine Nachrüstung rechtfertigende “Überlegenheit” bestanden hätte.

Die Auswirkungen einer Atombombenexplosion sind so furchtbar, daß schon der Besitz einer solchen Waffe ein Verbrechen ist.

Gegen ihren Einsatz helfen auch keine Zivilschutzmaßnahmen (z.B. Bunker). Die einzige wirksame Schutzmaßnahme heißt ABRÜSTUNG. Weiterlesen

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