Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Schlagwort: Wien (Seite 11 von 12)

41/366: Thesen für eine Grüne Alternative Wien

041-bezirksgruppenrundbrief

Bezirksgruppenrundbrief 46/1992

“Wir stehen für eine Partei, die BürgerInnen ermutigt, gemeinsam, individuell und gemeinsam mit uns einschränkenden gesellschaftlichen Bedingungen Widerstand zu leisten”. Im Bezirksgruppenrundbrief 46/1992, dem internen Informationsmedium der Wiener Grünen, stellten Hedvig-Doris Spanner-Tomsits, Rudolf Sablattnig, Eleonora Sablattnig, Ines Riedler, Peter Altendorfer und Alexandra Bader zehn “Thesen für eine Grüne Alternative Wien” auf.


//zitat//  I. Wir stehen für eine Partei, die BürgerInnen ermutigt, gemeinsam, individuell und gemeinsam mit uns einschränkenden gesellschaftlichen Bedingungen Widerstand zu leisten.

II. Wir stehen für eine Partei, die ihre Möglichkeiten nutzt, um als Trägerin des Widerstandes von BürgerInnen gegen Umweltzerstörung, Sozialabbau, Wohnungsnot, AusländerInnenfeindlichkeit inner- wie außerparlamentarisch zu fungieren.

III. Wir stehen für eine Partei, die Offenheit, Vielfalt, Solidarität untereinander, demokratische Entscheidungsprozesse und Beteiligungsmöglichkeiten praktiziert und die traditionellen Politikvorstellungen mit Hierarchien, strengen Regeln, Karrieremustern durch ihr gelebtes Beispiel eine Absage erteilt.

IV. Wir stehen für eine Partei, die gesellschaftlichen Tendenzen zu Sozial- und Demokratieabbau, Fremdenangst und zur Flucht vor nationalen Problemen in ein Groß-Europa nicht nachgibt, sondern versucht, Alternativvorstellungen unter Beteiligung möglichst vieler engagierter Menschen zu entwickeln. Weiterlesen

38/366: Alternative Liste: Wir kandidieren! Kandidieren wir?

grüner Baum mit roter Baumscheibe und weißer Figur, schwarze Schrift

Nationalratswahlen 1983. Wir kandidieren! … Kandidieren wir? Wien: Rema Print 1983 (Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-222604)

In Zeiten, wo die Grünen in sechs Landesregierungen vertreten sind, wirken Überlegungen, ob sie überhaupt zu einer Wahl antreten sollen, vielleicht überraschend. In der Anfangszeit der Grünen Bewegung war das allerdings keine eindeutig beantwortete Frage, wie dieses Plakat der “Arbeitsgruppe Nationalratskandidatur” der Alternativen Liste Wien zeigt. Denn die Grünen sahen sich – ähnlich wie die deutsche Grüne Petra Kelly es formulierte – als “Anti-Partei(en)-Partei” und diskutierten lang und heftig, ob und wie sich “Spielbein” und “Standbein” vereinen ließen. Die deutsche Zeithistorikerin Silke Mende im Jahr 2009 dazu:

//zitat// Die Arbeit in der Partei und später auch in den Parlamenten sollte die Aktivitäten der Neuen Sozialen Bewegungen ergänzen und keinesfalls ersetzen. Dieser Anspruch spiegelte sich in einem sehr wirkmächtigen Bild wider, das von der grünen Partei [hier gemeint: in Deutschland, gilt aber auch für Österreich] der Anfangszeit häufig gebraucht wurde: dem “Spielbein-Standbein-Konzept”. Während der Arbeit in den Neuen Sozialen Bewegungen weiterhin das unverzichtbare “Standbein” der grünen Bewegung sein sollte, war der grünen Parteiorganisation die Rolle des “Spielbeins” in den Parlamenten zugedacht. In ihrer Rolle als parlamentarischem Spielbein sollten die Grünen jedoch keinesfalls in die Rollenmuster der etablierten Parteien fallen, wollte man doch die “grundlegende Alternative zu den herkömmlichen Parteien” sein. //zitatende//

(Quelle: Silke Mende: “‘Die Alternative zu den herkömmlichen Parteien’. Parlamentarismuskritik und Demokratiekonzepte der ‘Gründungsgrünen’ in den siebziger und frühen achtziger Jahren”. In: Die Zukunft der Demokratie. L’avenir de la démocratie. Herausgegeben von Thomas Bedorf, Felix Heidenreich und Marcus Obrecht. LIT-verlag 2009, S. 39) Weiterlesen

35/366: United Colors of Beton

Die Grüne Alternative informiert: United Colors of Beton. PLakat zu den Gemeinderatswahlen Wien 1991

Die Grüne Alternative informiert: United Colors of Beton. Plakat zu den Gemeinderatswahlen Wien 1991

Eine grüne Alternative gegen die Betonschädeln von SPÖ, ÖVP und FPÖ – sagt eines der Plakatsujets zur Gemeinderats- und Landtagswahl in Wien im Jahr 1991. Den Grünen gelang in diesem  Jahr  erstmals der Einzug ins Rathaus – mit sieben Mandaten. Der Sitz im Stadtsenat wurde von Christoph Chorherr wahrgenommen, Klubobmann wurde der Spitzenkandidat Peter Pilz. Bei den am selben Tag stattfindenden Bezirksvertretungswahlen kam die Grüne Alternative auf durchschnittlich 8,83 Prozent und insgesamt 63217 Stimmen, was ihr 102 von 1082 Mandaten brachte.

Die Vereinten Grünen erreichten insgesamt nur sechs Mandate, je eines in den Bezirken Leopoldstadt, Landstraße, Penzing, Währing, Donaustadt und Liesing.

32/366: Dein Fernseher kann Dich nicht in den Arm nehmen

032-alw-warum-neue-medien-nicht-beteiligen“Warum Sie sich an den neuen Medien nicht beteiligen sollten”: Die Arbeitsgruppe Medienpolitik der Alternativen Liste Wien warnte 1984 vor unkritischem Fernsehen und dem neuen Medium Bildschirmtext, insbesondere – passend zum Orwell’schen 1984 – vor deren Überwachungspotential.

//zitat//

  • Sie tragen zur Vernichtung vieler Arbeitsplätze bei, vielleicht Ihres eigenen.
  • Wenn Sie heute noch freiwillig mitmachen, werden sie morgen vielleicht schon gezwungen. Auch der bargeldlose Zahlungsverkehr war früher freiwillig.
  • Jeder Knopfdruck am Gerät kann in den Computern von Staat und Wirtschaft registriert werden. Ihr Leben wird umfassend kontrollierbar.
  • Neue Medien schaffen die Voraussetzung für die Kommerzialisierung des Rundfunks. Wollen Sie, daß, wie in Amerika, das TV-Programm alle 5 Minuten von Werbung unterbrochen wird und das Sonderprogramm ohne Störungen teuer gekauft werden muß.
  • Die Kosten sind für Sie und für niemanden, auch nicht die “Fachleute” annähernd abschätzbar.
  • Der “Komfort” der Neuen Medien geht einher mit Vereinzelung, Erfahrungsverlust und psychischer Verarmung. Dein Fernseher kann Dich nicht in den Arm nehmen, wenn es Dir schlecht geht.
  • Von den Neuen Medien können Staat und Wirtschaft nur profitieren, wenn sich genügend Menschen beteiligen.

//zitatende//

Quelle: Info der Alternativen Liste Wien 3/1984. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand Alternative Liste Wien, Box 1.102.1,2,3 Alternative Liste Wien, Mappe 1.102.2

30/366: Ländlich-ökologische oder städtisch-soziale Bewegung

1984 definierte die Alternative Liste Wien in ihrer Zeitschrift den Unterschied zwischen der Alternativen Liste und den Vereinten Grünen so:

//zitat// Die VGÖ wurzelt in einer “ländlich-ökologischen” Bewegung: Sie gewinnt ihre Kraft und Stärke aus ihren Vorstellungen und Vorschlägen zur Erhaltung der Natur, zur Sauberkeit der Flüsse, der Luft, zur Rücksichtnahme auf die Natur,… Die ALÖ ist eine “städtisch-soziale” Bewegung. Sie bezieht die Kraft aus jenen Gruppen und Initiativen, die mehr und mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden (Friedensbewegung, Frauenbewegung, Kranke, “Behinderte”, Schwule…) //zitatende//

28/366: Gründung der Europäischen Föderation Grüner Parteien in Wien

028-egp--logoVor 22 Jahren, vom 28. bis 30. Jänner 1994, fand auf Schloss Wilhelminenberg in Wien das erste “Council Meeting” der neuen “Europäischen Föderation Grüner Parteien” (EFGP) statt. Die EFGP war aus der seit 1979 bestehenden, losen “Koordination der Europäischen Grünen” hervorgegangen. Unter anderem wurde ein Statut beschlossen, das Wien als Sitz der Föderation vorsah; de facto blieb die Zentrale jedoch in Brüssel. Die EFGP umfasste auch Länder, die nicht EU-Mitglieder waren.

Die EFGP ging am 22. Februar 2004 in die European Green Party (EGP) über.

27/366: Zukunftszerstörer und Angsthasen?

Einladung zur KandidatInnenwahl für den Wiener Wahlkreis (Grünes Archiv, Archiv Gerhard Jordan)

Einladung zur KandidatInnenwahl für den Wiener Wahlkreis 1986 (Grünes Archiv, Archiv Gerhard Jordan)

1996 erinnerte sich die erste Klubobfrau der Grünen, Freda Meissner-Blau, an ihre Politisierung, den Prozess bis zur Kandidatur bei der Nationalratswahl 1986 und ihre Erfahrungen in ihrer kurzen Parlamentszeit. Das Gespräch erschien in der Broschüre “Die grüne Dekade 1986 – 1996. Ein Rückblick auf zehn Jahre Grüne im Parlament”.


//zitat// Wie sind Sie zur Grünbewegung gestoßen?

Für mich war der Beginn einer ökologischen Politisierung Zwentendorf, abgesehen vom Mai ’68 in Frankreich. Dort arbeitete ich für die Atomindustrie, wodurch ich zur Atomgegnerin wurde. Hier gab es Anfang der 70er Jahre nur eine Handvoll Atomkraftgegner. Wir galten damals als Volksverräter, Zukunftszerstörer und Angsthasen, bis im Juni 1977 einige Anti-Atomverbände zum Marsch nach Zwentendorf aufriefen. Wir dachten, es würden 500 Leute kommen, aber es waren 10.000. Es war eine unglaublich ermutigende Atmosphäre. Wir hätten aber nie erwartet, dass wir bei der Volksabstimmung über 50 Prozent kommen. Wir hatten unser Ziel erreicht, aber es nicht verstanden, diesen Impetus weiterzuführen. Weiterlesen

26/266: Wiener Bezirksvertretung: Teilhabe an der Machtlosigkeit

026-silvia-nossek-zehnjahre-bezirksvertretungSilvia Nossek, seit kurzem grüne Bezirksvorsteherin in Wien-Währing, erinnerte sich 1998 an zehn Jahre Grüne in der Bezirksvertretung zurück und formulierte ihre Vorstellung einer zeitgemäßen Bezirkspolitik. Ihr “Plädoyer für mehr Bürgerdemokratie” mit dem Titel “Teilhabe an der Machtlosigkeit” erschien in der Ausgabe Juni 1998 der Zeitschrift BIN.


//zitat// Die Bezirksvertretung als Parlament der Wählerinnen und Wähler. Politik im Kleinen, von unten und daher besonders nahe an den BürgerInnen. Politik, die nicht von Profis, sondern von engagierten Mitgliedern der Bevölkerung gemacht wird, die bei der Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensbereiches mitgestalten wollen. So ungefähr stellten wir Grüne uns Bezirkspolitik vor.

Die ersten Monate waren dann relativ ernüchternd: Parkbänke solle das Stadtgartenamt aufstellen, ein Baum gepflanzt oder Gehsteige abgeflacht werden – dies war das Tätigkeitsfeld, wie es die Großparteien für sich definierten. Anträge wurden nur gestellt, wenn sich ÖVP, SPÖ und FPÖ einig waren, und konnten so auch ohne jede Diskussion abgestimmt werden. Dem wollten wir uns nicht beugen und begannen mit viel Ehrgeiz anders zu sein: Wir stellten Anträge, auch wenn sie abgelehnt wurden – was im übrigens fast immer der Fall war. Im Gegensatz zur oft wortlosen Ablehnung unserer Anträge wurden die Anträge der anderen Parteien von uns diskutiert und unsere Zustimmung oder Ablehnung auch begründet. Was uns innerhalb kürzester Zeit den schlechten Ruf einbrachte, durch unser vieles Diskutieren die Sitzungen unnötig zu verlängern.

Wir waren in diesen Jahren ohne Zweifel die Musterschüler der Bezirksvertretung. Mit viel Elan präsentierten wir Verkehrskonzepte, diskutierten und befuhren mögliche Radruten und entwarfen Alternativbudgets. Faktisch geändert hat sich durch unseren Eifer wenig – die schwarz-roten Mehrheitsbeschaffer des Bezirkskaisers blockieren bis heute. Erreicht haben wir immerhin eine Änderung der Diskussionskultur – heute werden die unterschiedlichen Anträge nicht mehr ausschließlich von den Grünen diskutiert – und eine Aufgabe der alten Blockstrukturen, in denen ÖVP, SPÖ und FPÖ prinzipiell gemeinsam stimmten.  //zitatende//


Download des gesamten Beitrags von Silvia Nossek (1998): 026-silvia-nossek-zehnjahre-bezirksvertretung (PDF, 0,6 MB)
Download der Broschüre “Grüne in den Bezirksvertretungen. Die ersten zehn Jahre” (1997):  026-broschüre-10-jahre-grüne-bezirksvertretungen.pdf

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