Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Schlagwort: Wien (Seite 12 von 12)

25/366: Wir müssen uns jetzt einmischen

In der Zeitschrift “Offensiv links” erschien 1982 ein Interview mit Fritz Zaun und Peter “Piet” Grusch. Thema: die Gründung der Alternativen Liste Österreich und ihre geplante Kandidatur bei der Nationalratswahl 1983. Der Text “Wir müssen uns jetzt einmischen” erschien in der Ausgabe 68 vom Oktober 1982 (S. 19 bis 21) der Zeitschrift “Offensiv links” und wird mit freundlicher Genehmigung der Bewegung für Sozialismus hier wiedergegeben. Dieser Text und viele weitere finden auch auf der akin-Archiv-DVD, die für 30 Euro bei der akin-Redaktion bezogen werden kann.

Die Entscheidung ging übrigens für den Antritt aus. Bei der Wahl am 24. April 1983 erreichten die “Vereinten Grünen Österreichs – Liste Tollmann” 93.798 Stimmen und damit 2,0 Prozent; die Alternative Liste Österreichs kam auf 65.816 Stimmen und 1,4 Prozent. Beide verfehlten damit klar den Einzug in den Nationalrat. Bruno Kreisky trat nach dem Verlust der absoluten Mehrheit für die SPÖ zurück, Fred Sinowatz wurde Bundeskanzler einer SPÖ-/FPÖ-Koalition, Vizekanzler wurde Norbert Steger.


025-offensivlinks-logo//zitat// Spätestens beim gesamtösterreichischen Alternativentreffen in Röthelstein stand fest, daß bei der nächsten Nationalratswahl im Frühjahr 1983 kandidiert wird. Die Gründungsversammlung der “Alternativen Liste Österreichs” (ALÖ) findet am 5. November in Graz statt. Diese Entwicklung beobachten viele Linke, aber auch Teile der Alternativen, mit Skepsis. Ist es für eine bundesweite Kandidatur nicht zu früh? Reichen die vorhandenen Kapazitäten auch aus, um einen Wahlkampf zu führen, der sich qualitativ wirklich von dem der etablierten Parteien unterscheidet? Die wachsende Bedeutung der alternativen Wahlbewegung führte auch innerhalb der BFS [Bewegung für Sozialismus, Anm.] zu Auseinandersetzungen und Diskussionen. Einige Genossen und Genossinnen engagieren sich in den AL’s. Aus aktuellem Anlaß führte OFFENSIV LINKS mit den Genossen Fritz ZAUN, Mitglied der Leitung der BFS und der GE-Leitung der GPA, und Peter GRUSCH, Vorstandsmitglied der GE [Gewerkschaftliche Einheit, Anm.], ein Gespräch. Beide sind seit längerem in der Alternativbewegung aktiv. Fritz Zaun unter anderem als Gemeinderat der AL Baden, Peter Grusch als Mitglied der AL Wien. Das Gespräch führte Christof Reinprecht.

OFFENSIV LINKS: Einleitend möchte ich Euch fragen, was Eurer Meinung nach für eine Kandidatur spricht, und was dagegen?

PETER GRUSCH: Zuerst einmal: Ich habe keine Einwände zur Parteigründung selbst, auch in der Plattform gibt’s für mich keine Punkte, die ich prinzipiell ablehnen würde. Für mich spricht allerdings einiges gegen eine Kandidatur bei den nächsten Nationalratswahlen. Für die Alternative Liste Wien käme da ein einjähriger Wahlkampf zu, der die AL Wien kräftemäßig, finanziell und zeitmäßig total überfordern würde. Dazu kommt, und das meine ich jetzt gar nicht wertend, daß in den Bundesländern die Bewegung erst im Entstehen und somit noch schwach ist. Das gilt ja auch für Wien. Man muß es ganz klar sehen: es strömen keine Massen zur AL. Seitdem es einen regelmäßigen Infostand gibt, seit ca. 6 Monaten also, haben 1200 Personen ihr Interesse angemeldet. Und das ist nicht viel.
Ich bin auch nicht optimistisch, daß die Erfolge der Grünen in der BRD [die Grünen waren in einige deutsche Landtage eingezogen, Anm.] österreichweit einen Nachfolgeeffekt haben werden. Dazu ist doch die Ausgangssituation in der BRD eine ganz andere als bei uns: Massenarbeitslosigkeit, NATO-Nachrüstungsbeschluß und unzählige Basisinitiativen bestimmen dort das Bild. Prinzipiell meine ich daher, daß es weitaus günstiger wäre, in den Gemeinden und Städten anzufangen und dort fortzufahren, wie es bereits erste Ansätze gibt.
Sicherlich spricht auch einiges für eine Kandidatur. So besteht etwa bei den Nationalratswahlen die Möglichkeit, daß noch nicht angesprochene und noch nicht sensibilisierte Menschen der AL zulaufen. Und in der bundesweiten Kampagne können wir auch Wiener Probleme ansprechen.
Aber insgesamt fühlen wir uns, um ehrlich zu sein, selbst noch etwas zu schwach. Weiterlesen

23/366: “Sich nicht fügen macht einen Sinn”: das Lichtermeer am Heldenplatz

Dieter Schrage: Planskizze zur Großdemonstration "Lichtermeer" am 23. Jänner 1993. In: Konvolut von Dokumenten zur Grünalternativen Bewegung Österreichs und der Grünen, Archivbox 16, Faszikelmappe SOS Lichtermeer Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, C-323087/16

Dieter Schrage: Planskizze zur Großdemonstration “Lichtermeer” am 23. Jänner 1993. In: Konvolut von Dokumenten zur Grünalternativen Bewegung Österreichs und der Grünen, Archivbox 16, Faszikelmappe SOS Lichtermeer. Wienbibliothek im Rathaus, C-323087/16

//zitat// Es hat glaub ich in einer vorher in diesem Land unbekannt gewesenen Weise eine Ermutigung ausgestrahlt: Sich nicht fügen macht einen Sinn, und wir können was tun, das nicht lächerlich ist (…) Es war durchaus etwas, was Österreich zur Ehre gereicht. //zitatende// – André Heller 2012 anlässlich 20 Jahre SOS Mitmensch (Quelle: Video SOS Mitmensch)

//zitat// Rufen wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu auf, nicht alle Probleme und Sorgen, alle Ängste und allen Ärger, alle Enttäuschungen und allen Zorn unseren ausländischen Mitmenschen aufzulasten. Fürchten wir uns nicht vor dem Einsatz für den Menschen. //zitatende// – Caritas-Präsident Helmut Schüller 1993 in seiner Rede beim Lichtermeer (Quelle: Bericht in der ZIB 1, Österreichische Mediathek)


Heute vor 23 Jahren, am 23. Jänner 1993, fand in der Wiener Innenstadt die wohl größte Demonstration der Zweiten Republik statt: das Lichtermeer mit geschätzten 200.000 bis 300.000 Teilnehmer_innen. Politische, soziale und kirchliche Organisationen hatten zur Teilnahme an der von der am 10. Dezember 1992 gegründeten Organisation SOS Mitmensch organisierten Veranstaltung aufgerufen. Von den Sammelplätzen Westbahnhof, Südbahnhof, Universität Wien, Rathausplatz, Oper, Wien Mitte und Stephansplatz zogen die Menschen mit Kerzen und Fackeln in Richtung Heldenplatz.

//zitat// Die geschichtspolitische Dimension des Lichtermeers setzte strategisch auf die Demonstration am Heldenplatz, der mit dem ‘Anschluss’ und der Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich aufs Engste verknüpft ist. Dieser Erinnerung nicht ausweichend, besetzte das Lichtermeer den Heldenplatz als Ort, an dem gegen Fremdenfeindlichkeit und für Solidarität eingetreten wird. Zugleich wurde durch diese Aneignung des Heldenplatzes die Verbindung zwischen der faschistischen Vergangenheit und dem Volksbegehren der FPÖ, das den Namen Österreich zuerst hatte, deutlich gemacht.  //zitatende// – Elke Krasny 2015 (Quelle: Vom Werden der Wiener Ringstraße, S. 357)

SOS Mitmensch Aufkleber. In: Konvolut von Werbe- und Informationsmaterial zum Lichtermeer. Wienbibliothek, Druckschriftensammlung, C-220652

SOS Mitmensch Aufkleber. In: Konvolut von Werbe- und Informationsmaterial zum Lichtermeer. Wienbibliothek im Rathaus, C-220652

Anlass für die Gründung der Plattform SOS Mitmensch und für das Lichtermeer war das Volksbegehren “Österreich zuerst” (auch Ausländer- bzw. Anti-Ausländer-Volksbegehren genannt) der FPÖ unter Jörg Haider. Zu den zwölf Forderungen zählten eine Verfassungsbestimmung, dass Österreich “kein Einwanderungsland” sei, Einwanderungsstopp, Ausweispflicht für ausländische Arbeitnehmer_innen am Arbeitsplatz, Begrenzung des Anteils von Schüler_innen mit fremder Muttersprache in Pflicht- und Berufsschulklassen mit höchstens 30 Prozent und die sofortige Ausweisung und Aufenthaltsverbot für ausländische Straftäter_innen. In der Eintragungsfrist von 25. Jänner bis 1. Februar 1993 unterzeichneten 416.531 Personen, das entsprach 7,35% der Wahlberechtigten. Am Volksbegehren übten die Parlamentsparteien SPÖ, ÖVP und Grüne vehemente Kritik. Weiterlesen

17/366: Jugendbildnis von Madeleine Petrovic

Madeleine Petrovic. Foto. UrheberIn nicht angegeben

Madeleine Petrovic. Foto. UrheberIn nicht angegeben

Dieses Jugendbildnis von Madeleine Petrovic, derzeit Landtagsabgeordnete in Niederösterreich, haben wir im Grünen Archiv. Leider wissen wir nicht, von wann oder von wem es ist. Die Juristin und Betriebswirtin ist seit 1986 in verschiedenen Funktionen bei den Grünen aktiv, zuerst in Wien, von 1990 bis 2003 auf Nationalratsebene und seit 2003 in Niederösterreich. Als Klubobfrau und später Bundessprecherin hatte sie höchste Funktionen in der grünen Bewegung inne. Bis 15. November 2015 war sie Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen.

15/366: Erste Grüne Belangsendung im ORF

Erste Grüne Belangsendung im ORF vom 7. Oktober 1987 from Grüne Mödling on Vimeo.


eine Belangsendung zur Gemeinderatswahl in Wien im November 1987 mit den grünen Nationalratsabgeordneten Freda Meissner-Blau, Peter Pilz, Herbert Fux, Manfred Srb, Andreas Wabl, Walter Geyer und Josef Buchner; Ingrid Haberhauer (Bürgerinitiative Spittelau), Jutta Sander und Friedrun Huemer (Grünalternative Liste Wien).

Herzlichen Dank für den Hinweis und fürs Onlinestellen an Friedel Hans, Filmer und Aktivist der Perchtoldsdorfer Grünen!

14/366: So kann Politik ausschauen! Stimme, Blick, Gehör und Riecher

Severin Renoldner, Monika Langthaler, Johannes Voggenhuber und Madeleine Petrovic kandidierten 1990 auf der Bundesliste. Foto: UrheberIn nicht angegeben

Severin Renoldner, Monika Langthaler, Johannes Voggenhuber und Madeleine Petrovic. Foto: UrheberIn nicht angegeben

Im Folder “Was wir zu sagen haben” beschreiben die grünen Spitzenkandidat_innen für die Nationalratswahl 1990, wie sie sich grüne Politik im Parlament vorstellen. Aus Wien werden Sonja Puntscher-Riekmann (“eine Stimme für die Demokratie”), Christoph Chorherr (“ein Blick für die Zukunft”), Madeleine Petrovic (“ein Gehör für unsere Grundrechte”) und Peter Pilz (“ein Riecher für die Wahrheit”) präsentiert.

Auf unserem Bild sind die KandidatInnen auf der Bundesliste abgebildet:

//zitat// Madeleine Petrovic engagiert sich vor allem in den Bereichen Kinder/Jugendthematik, Ausländerproblematik, Tierschutz. Severin Renoldner arbeitet an friedens-, verkehrs- und außenpolitischen Konzepten. Monika Langthaler sieht ihren Schwerpunkt in jenen Umweltthemen, die in Zukunft im Parlament noch wesentlich wichtiger und ernster genommen werden müssen. Johannes Voggenhuber will den Widerstand gegen ständestaatliche Marktstrukturen und Entrechtung der Bürger/innen ins Parlament tragen, weil nur in einer lebendigen Demokratie verhindert werden kann, daß dem Monster der Umweltzerstörung mit jedem abgeschlagenen Kopf zehn neue wachsen. //zitatende// Weiterlesen

9/366: Reminiszenzen eines “Basiswapplers”: Kritik für krawattenloses Erscheinen

Der Beitrag “Reminiszenzen eines ‘Basiswapplers’. Grüne Urgeschichte: Als die Dolmetscher noch gratis arbeiteten und Hochbetten zur Büroausstattung gehörten” erschien im November 1996 in der Broschüre “Die grüne Dekade 1986 – 1996. Ein Rückblick auf zehn Jahre Grüne im Parlament”, herausgegeben von der Grünen Alternative, der Grünen Bildungswerkstatt und dem Grünen Klub im Parlament. Der Verfasser Gerhard Jordan war von 1986 bis 1987 bei den Grünen ehrenamtlich in diversen Funktionen tätig. Von 1987 bis 2001 und ab 2010 ist er Wiener Bezirksrat. 1990/91 war er Internationaler Sekretär der Bundespartei und Vorstandsmitglied der Europäischen Grünen. Seit 1992 ist er Referent für Stadtplanung und Europapolitik im Wiener Rathausklub, seit Juli 2014 auch örtlicher Mitarbeiter der EU-Parlamentarierin Monika Vana.


Die Grüne Dekade. Ein Rückblick auf zehn Jahre Grüne im Parlament.

Die Grüne Dekade. Ein Rückblick auf zehn Jahre Grüne im Parlament.

//zitat// Zurückdenken an die “Pionier-Zeit”

Beim Zurückdenken an die “Pionierzeit” der Grünen Alternative (1986 bis 88) steigen in mir Erinnerungen auf, die ein buntes und chaotisches Bild ergeben. Sie sind nicht dazu angetan, diese Zeit “heroisch” (wie die Anfänge anderer, vor allem linker politischer Parteien) erscheinen zu lassen, sondern vermitteln einen liebenswert-kuriosen Eindruck aus der Zeit, als Professionalität noch nicht Mainstream war.

Europa-Ebene: Übernachten im Lagerraum

Die Koordination der europäischen Grünparteien existiert seit 1983/84, ab 1987 fuhr ich des öfteren als Delegierter nach Brüssel. Zum Zeitpunkt des Einzugs der Grünen Alternative 1986 waren erst in sechs Staaten Grünparteien in den nationalen Parlamenten vertreten.
Die Koordinationstreffen waren oft nur von 20 Menschen besucht (heute sind es zehnmal so viel), die DolmetscherInnen des Europaparlaments arbeiteten noch gratis für die kleinen, finanzschwachen Grünen; und der Höhepunkt der Treffen mündete meist in die Debatte, welche der zahlreichen winzigen, verfeindeten spanischen Grünparteien auf europäischer Ebene anerkannt werden soll.
Auch für ein Hotel fehlte das Geld – ich erinnere mich an eine frierende Übernachtung in einem lagerartigen Büroraum ohne Warmwasser irgendwo in Brüssel. Erst 1988/89 besserte sich die Lage. Weiterlesen

7/366: Abgang, Rathausmann!

Wiener Rathausturm mit Rathausmann. Foto: PID/mediawien

Der Wiener Rathausturm mit der Kopie des Rathausmannes im Rathauspark. Foto: PID/mediawien

Schwarz-Weiß-Photographie von sieben FRauen, darüber orange und grüne Schrift

Wahlplakat: die erstgereihten grünen Kandidatinnen für die Wiener Gemeinderatswahl 1996.

Seit 1882 ziert die Figur des Rathausmannes, eines Soldaten mit Standarte, den höchsten der fünf Wiener Rathaustürme. Und auch das Innenleben des Rathauses – sei es auf politischer oder auf administrativer Ebene – war stark von Männern dominiert. “Abgang, Rathausmann!” lautete daher die Parole der Wiener Grünen für die Gemeinderats- und Landtagswahl 1996. Sieben Frauen unter den ersten zehn – die grüne Liste war ein deutliches Signal. In der derzeitigen Legislaturperiode sind übrigens 37% der Abgeordneten weiblich.

Auf dem Wahlplakat zu sehen (von links): Eva Glawischnig (Platz 8), Friedrun Huemer (5), Jutta Sander (9), Susanne Jerusalem (2), Alessandra Kunz (4), Maria Vassilakou (7) und Hannelore Weber (10).
Spitzenkandidat war Peter Pilz. Die weiteren KandidatInnen: Christoph Chorherr (Platz 3), Günter Kenesei (6), Albert Steinhauser (11) , Herbert Sburny (12), Madeleine Reiser (13),  Alexander Payer (14), Reinhard Dörflinger (15), Şenol Akkılıç (16), Dorothea Troll (17), Christian Kaizar (18), Ines Riedler (19), Gerhard Jordan (20). Weiterlesen

6/366: Westwärts. Eva Lichtenberger 1990 über das Verhältnis von Tirol zu Wien

“Wenn wir über Regionalisierung nachdenken, wollen wir nicht ein alpines Wurzel-Sepp-Image übergezogen bekommen”. Der Beitrag “Westwärts” von Eva Lichtenberger erschien in der fünzigsten Ausgabe der Alternativen Monatszeitung MOZ vom März 1990 in der Rubrik “Das grüne Wort”. Zu diesem Zeitpunkt war die Grüne Alternative mit drei Abgeordneten (Eva Lichtenberger, Jutta Seethaler, Franz Klug) im Tiroler Landtag vertreten.  Am 12. März 1989 war – unterstützt von der Proteststimmung gegen Transitverkehr und EG – das Überspringen der 5%-Hürde gelungen.


//zitat// 500 Kilometer von Wien, 5 Bahnstunden, fernab von Europa, liegt Tirol mit seinen 8% Grünen; und damit ist schon viel gesagt über die Tiroler, die immer wieder störend auffallen.

Aber – wir haben international Aufmerksamkeit erregt. Erst die Tiroler Forderung nach dem Nachtfahrverbot für LKW, von der ÖVP im Nachwahl-Schock und in der Hoffnung auf einen Streicher [Verkehrsminister Rudolf Streicher, Anm.] mit einem Flüsterasphalt-Schädel mitgetragen, hat die Tür zu einem verkehrspolitischen Umdenken in Europa aufgestoßen. Und die 500 Kilometer haben verhindert, daß ebendiese Tiroler ÖVP hätte erkennen können, daß da Wirtschaftsförderungsinteressen (Steyr-“Flüster”-LKW) eine gewisse Rolle spielen würden. Ein historischer Glücksfall, ein sorgsam zu hütender Anfang.

Und weil es nur ein Anfang ist, denken wir weiter. An diese 500km zwischen Tirol und Wien. Und an die Notwendigkeit, tiefergreifende Veränderungen anzustreben, die es erlauben, den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Solange im fernen (flachen) Wien entschieden wird, wieviel Transit ein enges Tal zu ertragen hat, solange eine Großbauernmafia mit einer Almosenmentalität über die Köpfe von Bergbauern hinweg entscheidet, wird es dieses alpenländische Ressentiment gegen die “Städter” geben. Und in dieser Situation greifen viele dann zu Nationalismen; und oft wird, was wir sagen, als Nationalismus verstanden, auch wenn es nur die Verteidigung eigener Lebensinteressen ist, die sich halt von den großstädtischen unter Umständen unterscheiden. Wenn wir über Regionalisierung nachdenken, wollen wir nicht ein alpines Wurzel-Sepp-Image übergezogen bekommen. Unser Engagement für eine Rückverlagerung der Entscheidungen auf Landes- bzw. Gemeindeebene ist aus Erfahrungen erwachsen. Wir haben erlebt, wie Tiroler am glatten Wiener Parkett ausgeglitscht sind (Salcher, Fischler) [Bundesminister Herbert Salcher und Franz Fischler, Anm.], weil sie “Entscheidungsvorbereitungen” in der In-group wegen eben dieser 500km nicht so ekzessiv mitgestalten konnten.
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