Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Kategorie: Archiv-Fundstuecke (Seite 3 von 8)

Fundstücke aus dem Grünen Archiv und anderen Archiven

244/366: Tierversuche: Schwein mit sechs Stelzen?

Ob uns die Gentechnik bald ein Zuchtschwein mit sechs Stelzen und acht Schinken beschert, “um die Österreicher noch eher ihrem obligaten Herzinfarkt zuzuführen”? In der BIN, der Zeitschrift der Grünen Alternative Hernals, 4/1987 schrieb J. M. Schiele einen Artikel über die laufenden Entwicklungen und Proteste gegen Tierversuche.


J.M. Schiele über Tierversuche.

J.M. Schiele über Tierversuche.

// Vor kurzem startete eine Gruppe von Wiener Tierversuchsgegnern eine Aktion am Wiener Rathausplatz: Die steinerne Ahnengalerie an den Seiten des Platzes wurde mit Plakaten behängt, auf welchen die Forderungen der Tierversuchsgegner an den Wiener Bürgermeister und die zuständigen Stadträte zu lesen waren: Nämlich sofortiger STOP aller Tierversuche, ein Ende der bestialischen, sinnlosen Quälerei und Metzelei, Achtung auch vor der Würde des tierischen Lebens im Sinne von Humanität, Ethik und Moral.

Die Tierversuchsgegner ließen ein Tonband laufen, daß die grauenhaften Wahnsinns-Schrei[e] von in Labors gequälten Äffchen auf eine Weise durch die städtischen Gärten gellen ließ, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ…

Thema Tierversuche im ORF

Am 17.3. gab es im ORF eine Sendung zum Thema “Tierversuche”: Frau Prof.  E. Bertschinger, die Chefin der Wiener Tierversuchsgegner-Aktion, stand Rede und Antwort und schlug sich im Kampf gegen Naivität, Borniertheit, Uninformiertheit und Hinterlist ganz wunderbar. Wir würden uns eine solche Sendung im Hauptabendprogramm des Fernsehens wünschen (Argumente?), nur 5x so lang und mit allem bestückt, was in dieser Sache Rang und Namen hat!

Am 4.5. befaßte sich DDr. Günther Nenning als Diskussionsleiter in einem Hörsaal der Wr. Uni mit dem Thema: “Transparenz der Wissenschaft. – Krank durch Tierversuche?”

Enquete der Grünen

Vor einigen Tagen startete im Parlament eine Diskussion um das neue Tierschutzgesetz im Vorfeld der Expertenanhörung durch die Grünen. Auf keinen Fall sollten die Zuständigen aller Farben die über 200.000 Unterschriften vergessen, die zur Forderung des SOFORTIGEN STOPS ALLER TIERVERSUCHE bereits abgegeben wurden! Auf keinen Fall sollte Frau Minister Flemming sich mit den berühmten kleinen Schritten (auch als Salamitaktik bekannt ), die dem Österreicher so besonders liegen, zufriedengeben oder auch nur abgeben! Und auf jeden Fall sollte sie sich ausgiebig informieren lassen und unseren guten Gründen ein offenes Ohr leihen – wir wissen, wovon wir reden! Leider scheint Hr. Wissenschaftsminister Tuppy für solcherlei Lappalien kein Interesse und keine Zeit zu haben. Er muß sich darum kümmern, daß die Ärzte hierzulande besser für die Bedürfnisse der Pharma-Industrie ausgebildet werden! Technologiegläubig und ökologieablehnend (und das heute noch!) möchte er ja in erster Linie die Gentechnologie fördern.

Tierschutz und Menschenschutz

Vielleicht steht uns solcherart bald ein von einer Schimpansin geborenes Menschenbaby ins Haus (oder umgekehrt), oder ein schielendes Zuchtschwein mit Herzschwäche, dafür jedoch mit 6 Stelzen und 8 Schinken versehen (um den Fleischüberschuß noch mehr zu erhöhen und die Österreicher noch eher ihrem obligaten Herzinfarkt zuzuführen). Man kann daraus ersehen, wie weit sich unser Thema TIERSCHUTZ letzlich sogar in den MENSCHENSCHUTZ hineinverzweigen läßt (ganz zu schweigen von den Antibiotika, die das arme Mastschwein fressen muß, bevor es endlich erlöst wird)… Weiterlesen

233/366: Sozialstaat Österreich. Das Volksbegehren

Das Volksbegehren Sozialstaat Österreich (2002)

Das Volksbegehren Sozialstaat Österreich (2002)

Im April 2002 wurde das Volksbegehren “Sozialstaat Österreich” abgehalten. Der sogenannte “Einleitungsantrag”, der an das Innenministerium geht, war von Werner Vogt, Stephan Schulmeister, Emmerich Talos, Ernst Berger und Elisabeth Paschinger eingereicht und von 38.425 Personen unterstützt worden.

Das Volksbegehren selbst wurde von 717.102 Personen unterzeichnet, das sind 12,20%.

Ziel war, dass dem Artikel 1 der Österreichischen Bundesverfassung folgender Absatz angefügt wird:

Österreich ist ein Sozialstaat. Gesetzgebung und Vollziehung berücksichtigen die soziale Sicherheit und Chancengleichheit der in Österreich lebenden Menschen als eigenständige Ziele. Vor Beschluss eines Gesetzes wird geprüft, wie sich dieses auf die soziale Lage der Betroffenen, die Gleichstellung von Frauen und Männern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirkt (Sozialverträglichkeitsprüfung). Die Absicherung im Fall von Krankheit, Unfall, Behinderung, Alter, Arbeitslosigkeit und Armut erfolgt solidarisch durch öffentlich-rechtliche soziale Sicherungssysteme. Die Finanzierung der Staatsaufgaben orientiert sich am Grundsatz, dass die in Österreich lebenden Menschen einen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage angemessenen Beitrag leisten.

“Dass die Grünen das Volksbegehren unterstützen, versteht sich von selbst. Wir sind überzeugt, dass Österreich nur dann ein reiches und menschenwürdiges Land bleiben wird, wenn es ein funktionierender Sozialstaat bleibt. Nur so ist der gesellschaftliche Zusammenhalt gewährleistet”, sagte der Wiener Landessprecher Albert Steinhauser in einer Presseaussendung vom 1. April 2002. Volker Plass, Vorsitzender der Grünen Wirtschaft, sagte in einer Presseaussendung vom 21. März 2002: “Eine solidarische Gesellschaft, die ohne Ausgrenzung und Benachteiligung von Schwächeren auskommt, ist die beste Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft.”

In einer Broschüre brachten die Grünen Beispiele, die die Dringlichkeit unterstrichen. Hier eines zum Thema Wohnen:


Leistbare Wohnungen für alle

Wohnen ist teuer genug. Für viele Menschen in Wien zu teuer. Noch dazu ist die Wohnbauförderung oft ungerecht verteilt.
Der alleinstehende 35-jährige Akademiker Karl K. wohnt seit Studienzeiten in einer Gemeindewohnung, die er vor fünf Jahren von seinen Eltern übernommen hat. Er verdient € 1.935,90 netto monatlich und bezahlt für 58 m2 € 305,95 Monatsmiete inklusive Betriebskosten und Steuern. Er muss also 15,8 % seines Monatseinkommens für die Miete verwenden. Mag. K. bekommt natürlich keine Wohnbeihilfe, weil er ja gut verdient.

Die Frau im Stockwerk darüber ist Verkäuferin in einem Lebensmittelladen und verdient € 961,53 monatlich. Für ihre exakt gleich große Wohnung bezahlt sie den gleichen Mietzins. Sie benötigt also 31,8 % ihres Monatseinkommens für Mietzahlungen und bekommt dennoch ebenfalls keine allgemeine Wohnbeihilfe, weil sie zu wenig verdient! Für die allgemeine Wohnbeihilfe ist nämlich ein Mindesteinkommen notwendig.

232/366: Landschaft erschwert Teilnahme. BUKO in Gmunden

Die GAZ vom Juni 1992 berichtete über den Bundeskongress in Gmunden.

Die GAZ vom Juni 1992 berichtete über den Bundeskongress in Gmunden.

Michael Kosz berichtete in der Grün-Alternativen Zeitung (GAZ) vom Juni 1992 über den Bundeskongress in Gmunden, bei dem unter anderem die Unvereinbarkeit von Parteifunktion und öffentlichem Mandat diskutiert wurde.


Der Bundeskongreß in Gmunden sollte klären, ob und wie die Partei reformiert werden solle. Die Wochenendveranstaltung war vor allem demokratiepolitisch sehr interessant: die alte Weisheit, daß JEDE Stimme wichtig ist, wurde hier bewiesen.

Eine wunderschöne Landschaft am Traunsee erschwerte die Teilnahme an den Sitzungen des kürzlich abgehaltenen Bundeskongresses.

Während lautstark Meinungen vertreten oder Abänderungsanträge gestellt und diskutiert wurden, konnte man flüchtig und nur im Bruchteil einer Sekunde die Fledermäuse sehen, die einen abendlichen Rundflug unternahmen.

Den Statuten und Strategien war dieser Bundeskongreß gewidmet. “Grüne Dogmen”, so die Wortwahl mancher Spitzenrepräsentanten, sollten abgeschafft werden. Andere sahen wiederum grün-alternative Grundsätze in Gefahr.

Während heftig über die Unvereinbarkeit zwischen dem Ausüben eines öffentlichett Mandates (also Nationalrats- oder Landtagsabgeordnete/r) und einer Parteifunktion (Bundesvorstand) diskutiert wurde, blieben die wesentlichen politischen und strategischen Fragen eher im Hintergrund.

Über das Politikverständnis der Grünen Alternative, über grüne Öffentlichkeitsarbeit oder über die strategischen Ziele wurde wenig gesprochen. Die Zukunft und die Politik der Grünen soll jedenfalls nach dem neuen Modell in einem “strategischen Zentrum” geklärt werden. Dieses neue Zentrum soll beim Bundesvorstand angesiedelt sein. Wie dies mit dem Anspruch der Grünen Alternative, dezentrale Strukturen zu fördern, kompatibel ist, muß noch geklärt werden.

Persönliche Auseinandersetzungen

Überschattet war dieser Bundeskongreß von persönlichen Auseinandersetzungen in der Parteispitze: Ehemalige gegen derzeitige Klubobleute hieß die ausgeloste Paarung – dadurch wurde oftmals verschleiert, welche sachlichen Gründe für oder gegen ein bestimmtes Abstimmungsverhalten sprechen sollten.

Nach vierstündiger Diskussion stimmten die Delegierten ab: Die generelle Aufhebung der schon erwähnten Unvereinbarkeit erhielt bei einem Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit um eine Stimme zuwenig. Hektische Diskussionen und eine Krisensitzung aller Kontrahenten folgten – mit dem selbstverständlichen Ergebnis, daß die Abstimmung respektiert wurde.

Lex Pilz

Auf der Tagesordnung standen aber noch weitere Anträge zur Unvereinbarkeit. Angenommen wurde in der Folge ein Vorschlag, daß alle Funktionen des Bundesvorstandes ausgenommen die des Finanzreferenten, des Bundessprechers und des Bundesgeschäftsführers mit einem öffentlichen Mandat kompatibel seien. Diese Regelung wurde inoffiziell mit dem Titel “Lex Pilz” versehen, da vermutet wird, daß Peter Pilz für die Funktion des Bundessprechers kandidieren will. Traurig aber wahr, daß sich einige Delegierte davon leiten ließen, die Verfassung der Grünen Alternative unter personalpolitischen Aspekten zu beurteilen.

Die Fledermäuse, die am See nach Insekten suchten, störte das nicht weiter, und die ausgelassene Stimmung im Tanzschuppen des Kongreßhauses zeigte, daß auch die Teilnehmer/innen sich vom Vergnügen nicht abhalten ließen…

231/366: GAJ zur Flüchtlingspolitik der 1990er

EU-Informationen der Grünalternativen Jugend, 1994, Cover

“Vorlaut” Nr. 12

“Europa trägt gemeinsam mit den anderen Industrieländern kräftig dazu bei, daß Menschen überhaupt flüchten müssen”, stellte die Grünalternative Jugend in ihren EU-Informationen aus dem Jahr 1994 fest, “doch nur wenn endlich damit begonnen wird, überall auf der Erde Lebensbedingungen zu schaffen, die einem ein erträgliches Leben ermöglichen, werden Menschen nicht mehr gezwungen sein, vor Hunger, Krieg und Elend zu flüchten”.


Die restriktive Flüchtlingspolitik ist ein Phänomen, das sich primär auf die reichen Industrieländer beschränkt. Gerade die ärmsten Länder der Erde führen uns ein Lehrstück an Gastfreundschaft und Menschlichkeit in Sachen Flüchtlingspolitik vor. Obwohl selber von Armut betroffen, werden vor Krieg und Hunger flüchtende Menschen zu zigtausenden aufgenommen. Tansania (südwestliches Afrika) öffnete beispielsweise Mitte der 80er Jahre nicht nur mehr als 200.000 Flüchtlingen aus den Nachbarländern die Grenzen, sondern bot ihnen auch Land und Bürgerrechte an [Flüchtlinge aus Burundi und Ruanda, Anm.].

Vertreibung und Klimaerwärmung

Im sich immer so fortschrittlich gebenden Europa ist dies undenkbar. Im Gegenteil, Europa trägt gemeinsam mit den anderen Industrieländern kräftig dazu bei, daß Menschen überhaupt flüchten müssen. Sei es durch die Finanzierung von Megakraftwerken mit dazugehörenden Stauseen, wodurch jeweils zigtausende Menschen aus ihrem Lebensraum vertrieben werden oder sei es durch die Lieferung von Waffen an Diktaturen in der sogenannten “Dritten Welt”. Aber auch die durch die gigantischen CO2-Emmissionen der Industrieländer verursachte Erwärmung des Weltklimas führt dazu, daß weite Landstriche Afrikas und Asiens unfruchtbar und somit unbewohnbar werden. Ebenso müssen riesige Flächen von Regenwäldern Grasweiden für Rinderherden weichen. Das Fleisch der Rinder landet dann in Form von Fast Foos in den Mägen der Europäer und Nordamerikaner.

Unterdrückung der Schwächeren

Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen. All diese Verbrechen geschehen im Namen des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Die Industrieländer sehen es als legitim an, daß sie auf Kosten von 80 Prozent der Weltbevölkerung leben. Ausbeutung anderer wird als Wirtschaftsmethode nicht nur akzeptiert, sondern forciert. Daß der wirtschaftlich Stärkere den wirtschaftlich Schwächeren unterdrückt, wird als “normal” angesehen.

Die Täter wollen die Opfer dieser “Normalität” nicht sehen. Die Grenzen werden dicht gemacht, die Augen vor dem Elend im Süden geschlossen. Das Recht, daß jedeR leben kann, wo er/sie will, wird, wie im Falle der EU, nur einer privilegierten vermögenden Schicht gewährt.

Festung EUropa

Doch nur wenn endlich damit begonnen wird, überall auf der Erde Lebensbedingungen zu schaffen, die einem ein erträgliches Leben ermöglichen, werden Menschen nicht mehr gezwungen sein, vor Hunger, Krieg und Elend zu flüchten. Dieses Ziel rückt mit der Errichtung der Festung EUropa in weite Ferne.

212/366: Widerstand gegen die Ennsnahe Trasse

Am Anfang war Hainburg.

Am Anfang war Hainburg.

“Gesetzesbrüche pflastern ihren Weg”, titelte Eric Egerer 1993 in der Zeitschrift “Natur und Land” – gemeint war die “Ennsnahe Trasse”, ein Straßenbauvorhaben im steirischen Ennstal. Unser heutiger Beitrag über den Widerstand gegen dieses Projekt stammt aus den 1994 erschienenen “Grünen Informationen” zum Thema BürgerInnenbeteiligung. “Mündige BürgerInnen bestimmen mit – nicht nur am Wahltag”, heißt es auf dem Cover.

Übrigens: 2011 verlieh die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig an Barbara Stangel und die Bürgerinitiative NETT (Nein zur Ennsnahen Transittrasse) den “goldenen Igel”, eine Auszeichnung des Grünen BürgerInneninitiativenfonds BIV.

Download des gesamten Heftes: 212-buergerbeteiligung-am-anfang-hainburg (PDF, 6 MB)


Beispiel Ennstal: Der Widerstand ist erfolgreich

Die Ennsnahe Trasse zwischen Liezen und Trautenfels ist der Sündenfall der steirischen Umweltpolitik. Eine breite Bürgerbewegung wehrt sich seit Jahren erfolgreich gegen das Projekt, das mit allen politischen und juristischen Tricks gegen die Bevölkerung durchgedrückt werden soll.

Straße durch Landschaftsschutzgebiet

Noch lebt das Monsterprojekt einer Verbindung der Pyhrnautobahn A9 mit der Tauernautobahn A10. Der Straßenabschnitt zwischen Liezen und Trautenfels wurde vom Wirtschaftsminister verordnet. Schüssels Bonbon: Er soll in seiner gesamten Länge durch das Landschaftsschutzgebiet “Mittleres Ennstal” führen. Die dort typische Kulturlandschaft mit Heustadeln, Feuchtwiesen und wertvollen Mooren, die letzten Schwertlilienwiesen, Auwaldreste und die Brut- und Rastplätze vieler extrem seltener Vogelarten werden unwiederbringlich zerstört.

Die Straßenbaupläne riefen eine große Bürgerbewegung auf den Plan: Schon bei Anhörungsverfahren in den betroffenen Gemeinden im Jänner 1990 sprachen sich fast 5.000 Ennstaler und Ennstalerinnen gegen und nur knapp 1.000 für das Projekt aus.

Schonender Ausbau der Gesäuse-Straße

Die Bürgerinitiative NETT – Nein zur Ennsnahen Transittrasse – mit 3.800 Mitgliedern fordert den schonenden, wirtschaftlich günstigeren Ausbau der bestehenden B146. Kleinräumige Lösungen für Stainach, Wörschach, Weißenbach und Liezen sollen die von Lärm und Emissionen geplagte Bevölkerung entlasten, schlägt die NETT vor.

Um die Trasse gegen den erklärten Willen der Bevölkerung durchzusetzen, schrecken der zuständige Wirtschaftsminister Schüssel und die steirische Landesregierung nicht vor rechtswidrigen Weisungen zurück. Landeshauptmann Krainer hatte den von Enteignungen bedrohten Bauern versprochen, er werde keine steirischen Bauern enteignen. Weshalb er diesen Vorgang dem Parteikollegen Schüssel überließ — eine rechtlich höchst wacklige Konstruktion, wurden die betroffenen Landwirte so um eine Berufungsinstanz gebracht.

Mahnmal aus Beton

Beispiel Ennsnahe Trasse: Der Widerstand ist erfolgreich.

Beispiel Ennsnahe Trasse: Der Widerstand ist erfolgreich.

Landesrätin Klasnic und Minister Schüssel sind auch für den Schwarzbau der Sallaberger Brücke verantwortlich, die als Mahnmal aus Beton das zweifelhafte Demokratieverständnis von Bundes- und Landesregierung dokumentiert. Sie ließen trotz fehlender wasserrechtlicher Genehmigung den Bau der Trasse — widerrechtlich — beginnen. Erst von der NETT beigebrachte Gutachten und wiederholte Anzeigen konnten den Rechtsbruch stoppen. Der Hintergrund der Aktion: Klasnic mußte den Start der Bauarbeiten nachweisen, um die Frist für die zwingend vorgeschriebene naturschutzrechtliche Bewilligung einzuhalten. In diesem Verfahren ging es ähnlich herzhaft zu: So “übersahen” politische Weisungen der Landesregierung zwei geschützte Landschaftsteile, deren Schutz flugs von der Bezirkshauptmannschaft aufgehoben wurde. Das (vorläufige) Ende der Trasse konnten diese zweifelhaften Manöver nicht aufhalten. Am 20. Jänner dieses Jahres wurde eine erste Enteignung für die Ennstrasse als rechtswidrig aufgehoben. Anfang Mai annulierte der Verwaltungsgerichtshof zwei weitere Enteignungen. Der Minister mußte schließlich kleinlaut mitteilen, er werde keine weiteren Enteignungen mehr vornehmen. Barbara Stangl [korrekt Stangel, Anm.], Sprecherin der Bürgerinitiative NETT, freut sich “über den vorausgesagten Dominoeffekt: Der Ennstrasse gehen unabänderlich immer mehr Grundstücke verloren.”

Volksabstimmung

Eine obskure Volksabstimmung im Herbst soll nun die Entscheidung bringen. Obskur, weil “eine Abstimmung über ein illegales Vorhaben rechtsstaatlich undenkbar ist”, meint Stangl. “Über Ungesetzliches kann nicht abgestimmt werden. Hier wird der Bevölkerung fahrlässig und betrügerisch die intakte Möglichkeit zur Realisierung der Trasse vorgegaukelt.” Der hartnäckige Widerstand von unten gegen die drohende Transitlawine scheint doch noch Erfolg zu zeitigen. “Ein Erfolg”, so sagt Barbara Stangl, “der ohne die großartige finanzielle Unterstützung durch den Bürgerinitiativen-Fonds der Grünen nicht möglich gewesen wäre.”


Zum Weiterlesen

211/366: Schnitzel von der Alternativen Liste

ALsergrund 9 /1984

Baum gegen Schnitzel – ALsergrund 4 /1984

//zitat// In einer Anfrage wollten wir uns informieren, was der Herr BVorst. [Bezirksvorsteher Wolfgang Schmied, ÖVP, Anm.] zu unternehmen gedenkt, falls die 18 Bäume im Bereich der US-Botschaft doch gefällt werden sollten. Nun: Laut eigener Aussage hat er zwar keine rechtlichen Mittel dagegen, will sich aber gerne mit uns an die Bäume anketten lassen, soferne ihn die ALW [Alternative Liste Wien, Anm.] mit genügend Wr. Schnitzeln versorgt.

[…] Unser Antrag auf die Entfernung der Pflastersteine rund um die Pappeln vor dem Fr.-Josefs-Bahnhof bringt Erstaunliches zutage: Die Polizei war seinerzeit gegen eine ‘lose’ Verpflasterung der Baumscheiben, da ja die Steine dazu benützt werden könnten, etwas einzuschmeißen… Vielleicht überlegt man sich auch, daß ja auch die Bäume böswillig gefällt werden könnten (ev. zwecks Barrikadenbaues?).Unsere Sorge um den Baumbestand stößt z.T. auf gellendes Gelächter, man schlägt eine ‘Baumbefragung der Baumbasis’ vor und zeigt damit, wie ernst es den etablierten Parteien um ‘mehr Grün für Wien‘ ist. Schließlich erklärt man uns gönnerhaft, daß man ja der Vertreterin der ALW auch ein kleines Erfolgserlebnis gönnen möchte und daher diesem Antrag ebenfalls zuzustimmen gewillt ist – und stößt damit nicht durchwegs auf Zustimmung: ‘Wir haben ja eh schon einen angenommen’. //zitatende//


Alternative Liste Alsergrund über die Bezirksvertretungssitzung am 8. März 1984, veröffentlicht in der Zeitschrift “ALsergrund” vom 9. April 1984

207/366: 28 Schilling Porto für Kinowerbung

Grüne Kinowerbung auf dem Weg zurück aus Kitzbühel.

Grüne Kinowerbung auf dem Weg zurück aus Kitzbühel…

207-gruene-kinowerbung-rolle

…vervielfältigt von der Filmkopieranstalt LISTO.

Grüne Kinowerbung wurde in Form von Filmrollen in quadratischen Schachterln an die Kinos versandt. Wir haben heute eine große Menge solcher Päckchen aus dem Archiv der Wiener Grünen übernommen. Es handelt sich gemäß Beschriftung immer um denselben 3x20sec-Wahlwerbespot zur EU-Wahl am 13. Oktober 1996 (uns fehlt das Abspielgerät zur genauen Überprüfung, daher werden wir uns an die KollegInnen von Mediathek bzw. Filmarchiv wenden), aber es handelt sich ganz bestimmt um unterschiedlichste Kinos vom Wiener Gartenbaukino bis zum Filmtheater in Kitzbühel. So kann zumindest nachvollzogen werden, wo und wie lange der Spot zu sehen war.

Die “LISTO Filmkopieranstalt” gibt es übrigens heute noch an derselben Adresse.

202/366: Frauen in der Bundeshymne? Schon 1987!

Die Bundeshymne mit Anmerkungen (1987)

Die Bundeshymne mit Anmerkungen (1987)

“Einig laß in Brüderchören (uns froh sein, daß es in der Realität mehr Frauen gibt, als uns Hymnentexte und Geschichtsschreibung vorgaukeln)”. 1987 erschien diese Bundeshymne mit Anmerkungen in der Zeitschrift “Basis-Information” (Grünpress 42).


// 1987 und die Wände sind da! Denn ein Brett vor dem Kopf genügt vielen nicht mehr. Die Bestsellerlisten werden von einem roten und einem schwarzen Buch angeführt, das Land von Beton-Bürokraten und wir an der Nase. Harte Zeiten. Doch die Gedanken sind frei. Noch! Daher: Die Hymne mit Anmerkungen.

1. Land der Berge (und der sauren Almen), Land am Strome (und der DOKW), Land der Äcker (überdüngt und voller Pestizide), Land der Dome (und der Aktion Leben), Land der Hämmer (die die Finger und nicht die Nägel treffen), zukunftsreich (weil trotz allem längst nicht hoffnungslos)! Heimat bist du großer Söhne (und ebenbürtiger Töchter!), Volk, begnadet für das Schöne (wenn man ab und zu gnädig die Augen schließt), vielgerühmtes Österreich (Schweiz: österreicher-Witze, BRD: ehschowissen, USA: “Oh, I forgot to say: Hayl Hiddler!”), vielgerühmtes Österreich (“…wie schön könnte es sein, wenn…”).

2. Heiß umfehdet (zwischen rot und schwarz), wild umstritten (von Titel- und Posten-Adabeis), liegst dem Erdteil du inmitten (was in einem atomaren Winter nicht unbedingt von Vorteil ist) einem starken Herzen gleich (Werbespot: “Glykol! Damit ihnen nicht das Blut gefriert, wenn Sie erfahren, was noch so alles in Ihrem Wein ist! Ihre chemische Industrie.”) Hast seit frühen Ahnentagen (viel zu wenig Veränderungen erlebt) hoher Sendung Last getragen (Gibt es deswegen so wenig Menschen mit Rückgrat?), vielgeprüftes Österreich (wie wahr, wie wahr!)!

3. Mutig in die neuen Zeiten (denn Mut werden wir brauchen), frei und gläubig sieh uns schreiten (in einem Land, in dem am 12. Februar – nein, nicht 34, sondern 84 – das Nichtsingen der Bundeshymne mit Gericht und Krankenhausbehandlung endete? In einem Land, dessen Zustand uns oft ungläubig staunen läßt?), arbeitsfroh und hoffnungsreich (Jeder ist seiner Hoffnung Schmied.). Einig laß in Brüderchören (uns froh sein, daß es in der Realität mehr Frauen gibt, als uns Hymnentexte und Geschichtsschreibung vorgaukeln), Vaterland, dir Treue schwören (“treu bin ich – hoffentlich – mir, vielleicht noch meinem Partner, aber…”), vielgeliebtes Österreich. (Zitat: “Es gibt keine Formel für die Liebe. Lieben lernt man…indem man aufmerksam beobachtet und dann tut, was sich dabei als erforderlich herausstellt.” Aldous Huxley).

Es gibt viel zu tun! //

201/366: Zwölf Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems

Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems, abgedruckt in "Die Insel" 1/1993.

Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems, abgedruckt in “Die Insel” 1/1993.

“Womit die Ausländer den freiheitlichen Anstoß erregen, ist wohl ihre Herkunft, für die sie natürlich nichts können. Gewiß, manche von ihnen halten sich illegal im Lande auf, und damit wird das beispiellose Vorhaben auch begründet. Die Freiheitlichen hingegen leben zwar legal in Österreich; aber das Anstoßerregende an ihnen ist ihre Gesinnung, an der sie selbst die Schuld tragen”. Als Antwort auf das FPÖ-Volksbegehren “Österreich zuerst” (landläufig Ausländervolksbegehren) verfasste Robert Schlesinger im November 1992 “zwölf Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems”. Dieser Text wurde ursprünglich in der Zeitschrift FORVM publiziert und in der Bezirkszeitung “Die Insel” der Alternativen Liste Wien nachgedruckt.


// Mag sein, daß sich Jörg Haider einbildet, der von ihm gepflogene Stil der Politik sei sein persönliches Vorrecht; da’s die FPÖ jedoch offenbar nicht mehr anders versteht, muß ihr jetzt Gleiches mit Gleichem vergolten werden. Das Volksbegehren gegen die Ausländer, das sie zu planen sich erdreistet, dient dem Zweck, eine Gruppe von Menschen einem Sonderrecht mit krassen Benachteiligungen zu unterwerfen, und dafür soll sogar die Verfassung geändert werden.

Womit die Ausländer den freiheitlichen Anstoß erregen, ist wohl ihre Herkunft, für die sie natürlich nichts können. Gewiß, manche von ihnen halten sich illegal im Lande auf, und damit wird das beispiellose Vorhaben auch begründet. Die Freiheitlichen hingegen leben zwar legal in Österreich; aber das Anstoßerregende an ihnen ist ihre Gesinnung, an der sie selbst die Schuld tragen. Jörg Haider ist seit dem 13. September 1986 Obmann der FPÖ. Jeder, der nach dem, sagen wir, 1. Jänner 1987 Mitglied dieser Partei war, hat also zu deren Entwicklung seinen Beitrag geleistet (und sei es auch nur der Mitgliedsbeitrag); zu einer Entwicklung, die die FPÖ so weit gebracht hat, daß sie ein Instrument der direkten Demokratie dazu verwendet, die demokratische Verpflichtung zur Solidaritat mit Schwachen zu vernichten, ja die Rechte Hilfsbedürftiger zu beschneiden.

Eine solche Auffassung von Demokratie spricht deren Geist gar zu frech Hohn.

Vielleicht muß man die Freiheitlichen, um ihnen oder wenigstens ihren Sympathisanten die Augen zu öffnen, mit ihren eigenen Methoden bekämpfen. Ich ersuche daher die Regierung, binnen drei Wochen die folgenden zwölf Forderungen zu erfüllen, andernfalls diese Gegenstand eines Volksbegehrens sein sollen:

  1. Schaffung einer Verfassungsbestimmung, wonach in Österreich jeder maßgebliche Einfluß der Freiheitlichen unerwünscht ist.
  2. Verbot für die FPÖ, irgendeine politische Tätigkeit zu entfalten, bis eine befriedigende Lösung des Problems der Ideologie ihrer Funktionäre gefunden ist.
  3. Generelle Ausweispflicht für Freiheitliche.
  4. Aufstockung der Staats- und Kriminalpolizei.
  5. Schaffung einer eigenen Behörde, die langfristige Programme zur Resozialisierung von Freiheitlichen ausarbeiten soll.
  6. Maximal zehnprozentiger Anteil von Schülern, die einen freiheitlichen Elternteil haben (oder auch zwei); in Schulen mit höherem Anteil Aufteilung auf andere Bezirke.
  7. Für Kinder von Freiheitlichen Kurse in Staatsbürgerkunde vor dem Eintritt in die Pflichtschule.
  8. Kein passives Wahlrecht für Freiheitliche.
  9. In den vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte dürfen Freiheitliche ohne Ausnahme erst wieder nach frühestens zehn Jahren kommen.
  10. MaBnahmen gegen den Mißbrauch von Sozialleistungen durch Freiheitliche.
  11. Rigorose sofortige Abschiebung und Aufenthaltsverbot für freiheitliche Straftäter.
  12. Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, daß sie österreichischen Deutschnationalen die Einwanderung zu den selben Bedingungen wie etwa Rumänien- oder Wolgadeutschen ermöglicht.

Robert Schlesinger. Wien, den 10. November 1992 //

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