Die GAZ vom Juni 1992 berichtete über den Bundeskongress in Gmunden.

Die GAZ vom Juni 1992 berichtete über den Bundeskongress in Gmunden.

Michael Kosz berichtete in der Grün-Alternativen Zeitung (GAZ) vom Juni 1992 über den Bundeskongress in Gmunden, bei dem unter anderem die Unvereinbarkeit von Parteifunktion und öffentlichem Mandat diskutiert wurde.


Der Bundeskongreß in Gmunden sollte klären, ob und wie die Partei reformiert werden solle. Die Wochenendveranstaltung war vor allem demokratiepolitisch sehr interessant: die alte Weisheit, daß JEDE Stimme wichtig ist, wurde hier bewiesen.

Eine wunderschöne Landschaft am Traunsee erschwerte die Teilnahme an den Sitzungen des kürzlich abgehaltenen Bundeskongresses.

Während lautstark Meinungen vertreten oder Abänderungsanträge gestellt und diskutiert wurden, konnte man flüchtig und nur im Bruchteil einer Sekunde die Fledermäuse sehen, die einen abendlichen Rundflug unternahmen.

Den Statuten und Strategien war dieser Bundeskongreß gewidmet. “Grüne Dogmen”, so die Wortwahl mancher Spitzenrepräsentanten, sollten abgeschafft werden. Andere sahen wiederum grün-alternative Grundsätze in Gefahr.

Während heftig über die Unvereinbarkeit zwischen dem Ausüben eines öffentlichett Mandates (also Nationalrats- oder Landtagsabgeordnete/r) und einer Parteifunktion (Bundesvorstand) diskutiert wurde, blieben die wesentlichen politischen und strategischen Fragen eher im Hintergrund.

Über das Politikverständnis der Grünen Alternative, über grüne Öffentlichkeitsarbeit oder über die strategischen Ziele wurde wenig gesprochen. Die Zukunft und die Politik der Grünen soll jedenfalls nach dem neuen Modell in einem “strategischen Zentrum” geklärt werden. Dieses neue Zentrum soll beim Bundesvorstand angesiedelt sein. Wie dies mit dem Anspruch der Grünen Alternative, dezentrale Strukturen zu fördern, kompatibel ist, muß noch geklärt werden.

Persönliche Auseinandersetzungen

Überschattet war dieser Bundeskongreß von persönlichen Auseinandersetzungen in der Parteispitze: Ehemalige gegen derzeitige Klubobleute hieß die ausgeloste Paarung – dadurch wurde oftmals verschleiert, welche sachlichen Gründe für oder gegen ein bestimmtes Abstimmungsverhalten sprechen sollten.

Nach vierstündiger Diskussion stimmten die Delegierten ab: Die generelle Aufhebung der schon erwähnten Unvereinbarkeit erhielt bei einem Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit um eine Stimme zuwenig. Hektische Diskussionen und eine Krisensitzung aller Kontrahenten folgten – mit dem selbstverständlichen Ergebnis, daß die Abstimmung respektiert wurde.

Lex Pilz

Auf der Tagesordnung standen aber noch weitere Anträge zur Unvereinbarkeit. Angenommen wurde in der Folge ein Vorschlag, daß alle Funktionen des Bundesvorstandes ausgenommen die des Finanzreferenten, des Bundessprechers und des Bundesgeschäftsführers mit einem öffentlichen Mandat kompatibel seien. Diese Regelung wurde inoffiziell mit dem Titel “Lex Pilz” versehen, da vermutet wird, daß Peter Pilz für die Funktion des Bundessprechers kandidieren will. Traurig aber wahr, daß sich einige Delegierte davon leiten ließen, die Verfassung der Grünen Alternative unter personalpolitischen Aspekten zu beurteilen.

Die Fledermäuse, die am See nach Insekten suchten, störte das nicht weiter, und die ausgelassene Stimmung im Tanzschuppen des Kongreßhauses zeigte, daß auch die Teilnehmer/innen sich vom Vergnügen nicht abhalten ließen…