366 x grün

Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

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324/366: Atomkraftwerk Krsko sofort schließen!

Die Forderung nach einer Resolution gegen das AKW Krško erschien in der Statt-Zeitung 2/1992.

Die Forderung nach einer Resolution gegen das AKW Krsko erschien in der Statt-Zeitung 2/1992.

1992 forderten die Villacher Grünen im Namen der Initiative “Alpen-Adria frei von Atomanlagen” eine Resolution des Gemeinderates an die Kärntner Landesregierung. Ziel war die Schließung des Atomkraftwerks Krško.


6 Jahre sind seit der Tschernobyl-Katastrophe, seit dem bisher größten Unfall in der Geschichte der “friedlichen” Atomenergienutzung vergangen. Auch wir hier in Villach wurden mit dem radioaktiven Niederschlag belastet, obwohl Tschernobyl ca. 1300 km entfernt liegt. Krsko in Slowenien liegt nur 70 km entfernt. Niemand kann sagen, welche Folgen ein Unfall in der Größenordnung etwa von Tschernobyl für Kärnten nach sich ziehen würde. Es könnte sogar eine Evakuierung von Teilen Kärntens, auch Villachs notwendig werden. Dieses Risiko dürfen wir nicht auf uns nehmen! Krsko liegt in einem erdbebengefährdeten Gebiet, das haben slowenische Geologen eindeutig festgestellt.

Schon öfters kam es in Krsko zu Zwischenfällen, mehrmals schon mußte der Reaktor abgestellt werden. Die Verantwortlichen Sloweniens wollen die für 1995 angekündigte Schließung von Krsko weiter hinauszögern. So sprach die Botschafterin Sloweniens in Wien von einem Termin nach 2000. Deshalb wurde die INITIATIVE ALPEN-ADRIA-FREI VON ATOMANLAGEN stärker aktiv. Sie erreichte bereits in mehreren Orten Gemeinderatsbeschlüsse für eine sofortige Schließung von Krsko. In Villach haben die Villacher Grünen (VIG) im Namen der genannten Initiative der Atomkraftwerksgegner einen Antrag für eine Resolution eingebracht, die den Druck auf die bisher recht untätige Landes- und Bundesregierung verstärken soll.

Gemäß dieser Resolution fordert die Stadt die Kärntner Landesregierung auf,

  1. mit der Bundesregierung auf die rasche Erstellung eines kurzfristigen Schließungskonzeptes zu drängen
  2. mit der Bundesregierung und dem Land Steiermark ernsthafte finanzielle Unterstützungsangebote an Slowenien und Kroatien für den Fall einer sofortigen Schließung von Krsko zu machen (Übernahme von drei Sechstel der Stromersatzkosten bis Ende 1995 zu gleichen Teilen durch Bund, Land Kärnten und Steiermark)
  3. die Initiative “Alpen-Adria – frei von Atomanlagen” finanziell zu unterstützen (etwa 200.000 Schilling jährlich wie die “Salzburger Plattform gegen Atomgefahren” durch das Land Salzburg)
  4. Den Kärntner Strahlenalarmplan zu veröffentlichen.

SPÖ-ÖVP-FPÖ für Alibi-Erklärung gegen AKW Krsko?

Diese konkrete Aufforderung an das Land Kärnten wollen die anderen Parteien aufgrund fadenscheiniger Argumente nicht beschließen. Sie wollen diesen Antrag in eine ganz allgemein gehaltene Erklärung gegen Krsko umwandeln. Wir verlangen, daß die Resolution nicht verwässert, sondern vollinhaltlich angenommen wird! Weiterlesen

323/366: Bundeskongress in Bad Vöslau

Vor 22 Jahren, von 18. bis 20. November 1994 fand im niederösterreichischen Bad Vöslau der 11. Bundeskongress der Grünen statt. Peter Pilz hatte die Funktion des Bundessprechers zurückgelegt, da er sich auf die Wiener Gemeinderatswahl 1996 konzentrieren wollte. Als seine Nachfolgerin wurde Madeleine Petrovic gewählt.

Peter Altendorfer und Thomas Blimlinger wurden als Bundesgeschäftsführer bzw. Finanzreferent wiedergewählt. Weiters in den Bundesvorstand gewählt wurden Franz Floss, Susanne Jerusalem, Pius Piringer-Strobl und Terezija Stoisits.

Der Bundeskongress hatte Sozialpolitik als inhaltlichen Schwerpunkt. Am 18. November hielt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Hans Sallmutter, ein Gastreferat.

322/366: Universal-Parteibuch: Was kostet eine Überzeugung?

Peter Orthofers "Universal-Parteibuch für jede Überzeugung" ist im Ueberreuter-Verlag erschienen.

Peter Orthofers “Universal-Parteibuch für jede Überzeugung” ist im Ueberreuter-Verlag erschienen.

1985 veröffentlichte der Journalist und Kabaretttexter Peter Orthofer sein “Universal-Parteibuch für jede Überzeugung”. In dem im Carl Ueberreuter-Verlag erschienenen Band werden SPÖ, ÖVP, FPÖ, die neu entstandenen Grünen und – wenn auch nur in reduzierter Form – die KPÖ auf die Schaufel genommen, äh, einer kritischen Beleuchtung und erleuchteten Kritik unterzogen. Fragen wie “was kostet eine Überzeugung? Was fange ich damit an? Brauche ich überhaupt eine? Und welche Partei paßt am besten zu meinem Sternbild” werden in kompakter Art beantwortet.

Mit etwas Selbstironie kann man sich als Grüne_r bei der Lektüre köstlich amüsieren, und ohne diese genießt man einfach nur die Kapitel über die anderen Parteien. Mit einer Prophezeiung hatte Orthofer übrigens unrecht – nämlich dass wir es nicht ins Parlament schaffen sollten.

Wir zitieren einen kurzen Abschnitt aus dem Kapitel über die grüne Mode.


// Jetzt aber, wo die Grünen und Alternativen beinahe gesellschaftsfähig geworden sind, müssen sie sich schon einem selbstgesetzten, aber harten Modediktat beugen. Wer mit Krokodillederschuhen in die Au kommt, muß mit spitzen Bemerkungen rechnen, und auch der Leopardenmantel auf der Friedensdemo gilt als unseriös. […]

In einem einfachen Kattunkleidchen aus dem “Dritte-Welt-Laden”, garniert mit ein paar Sojabohnenkeimen aus dem Reformhaus, wird man nie overdressed sein. […]

Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit dominieren im Modebewußtsein der Grün-Alternativen. Dennoch haben sie eine eigene Modelinie entwickelt, die auf ihre Art Reizvolles mit Extravagantem vereint. Was in keiner Garderobe fehlen darf, ist klar: die zwiegenähten Schuhe für den langen Marsch zum Frieden, die doppeltgepolsterte Hose für den Sitzstreik, die langen Unterhosen für die kalten Nächte in der Au und der modische Schutzhelm für den gewaltfreien Widerstand.

Aber keine Angst vor den Kosten – im Häkelkurs der Männergruppe lernt man, wie man das alles aus Vollkornschrot und Seidelbast selber machen kann. //


Literaturangabe

Peter Orthofer: Universal-Parteibuch für jede Überzeugung! Wien: Carl Ueberreuter 1985, 166 Seiten, ISBN 3-8000-3217-1, Zitate aus S. 60-62. – Antiquarisch u.a. über das ZVAB erhältlich.

321/366: Aufruf zur Solidarität mit Nicaragua

Der Aufruf zur Demonstration für Nicaragua erschien als Beilage zur Netzwerkzeitung 8/1984.

Der Aufruf zur Demonstration für Nicaragua und zur Solidarität mit Lateinamerika erschien als Beilage zur Netzwerkzeitung 8/1984.

Für den 3. November 1984 rief die Friedensbewegung aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland zur Demonstration für Nicaragua. Auf der Demonstration war die Alternative Liste Wien durch Andrea Komlosy als Sprecherin vertreten.


Es wird keinen Frieden in Österreich oder Europa geben, wenn in anderen Kontinenten Kriege geführt werden. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten, in Asien, Afrika und Lateinamerika können die Zündfunken sein, aus denen ein globaler, alles vernichtender Weltkrieg entsteht. Friede ist auch weit mehr als die Abwesenheit von Krieg; Solange jährlich 50 Millionen Menschen an Hunger sterben, ganze Länder brutal von Militärregimes geknechtet werden, wird es keinen dauerhaften Frieden geben. Deswegen treten wir als Friedensbewegung ein, für die Solidarität mit den Völkern der “Dritten Welt”, für die umfassende Verwirklichung der von der UNO deklarierten Menschenrechte.

  • Wir unterstützen den Kampf der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas um politische und kulturelle Unabhängigkeit, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit und Befreiung, sowie das Recht, eigene Entwicklung selbst zu bestimmen.
  • Wir verurteilen alle Versuche, diese Bestrebungen durch politische, wirtschaftliche oder militärische Interventionen oder andere Formen der Einmischung aufzuhalten.
  • Wir treten ein für das Selbstbestimmungsrecht der Völker, den Gewaltverzicht in den internationalen Beziehungen, sowie für die Respektierung der von der UNO deklarierten Menschenrechte – weltweit.

Gemeinsame große Demonstration

Solidarität mit Nicaragua
Schluß mit der US-Intervention
Friede für Zentralamerika

[…]

Dieser Aufruf wird unterstützt von: Solidaritätsforum Lateinamerika (Arbeitsgruppe Christen für Chile, Chile-Solidaritätsfront, El Salvador-Komitee, Guatemala-Komitee, Initiative für Amnestie in Uruguay, Nicaragua-Komitee, Österreich-Kubanische Gesellschaft, Paraguay-Komitee) Nicaragua-Brigadisten, Arbeitsgruppe Honduras, Informationsgruppe Lateinamerika, Jugendhaus Oberwart — Lateinamerika-Komitee, Aktion kritisches Christentum, Aktionsgemeinschaft “Dritte Welt im Schußfeld”, Alternative Liste Wien, AUF — eine Frauenzeitschrift, Bund Demokratischer Frauen Österreichs, Bund Demokratischer Lehrer, Chile Demokratico, Freundschaftsgesellschaft Österreich-sozialistisches Äthiopien, Gewerkschaftliche Einheit, Bewegung für Sozialismus, Gewerkschaftlicher Linksblock, GRM, Junge Generation in der SPÖ, Kinderland Junge Garde, Kommunistische Partei Österreichs, KJÖ, KSV, Österreichischer Friedensrat, Österreichischer Informationsdienst für Entwicklungspolitik, Rote Falken Österreichs, SJÖ, Solidaritätsgruppe engagierter Christen, UFI-Wien, VSStÖ

Aufruf der Solidaritätsbewegung für Lateinamerika

Am 19. Juli 1979 hat sich das Volk von Nicaragua von der jahrzehntelangen Somoza-Diktatur befreit. Die Errungenschaften des freien Nicaragua sind beeindruckend:

  • Senkung der Analphabetenrate von mehr als 50% auf 12%
  • Kostenlose Gesundheitsversorung im ganzen Land
  • Verteilung von Land an besitzlose Bauern im Rahmen der Agrarreform
  • Aufbau eines öffentlichen Versorgungssystems bei den wichtigsten Grundnahrungsmitteln

Entgegen den verzerrten Darstellungen in einem Großteil der Medien ist die Politik der sandinistischen Regierung gekennzeichnet durch: Blockfreiheit, pluralistische Politik, gemischte Wirtschaft, umfassende Teilnahme des Volkes in allen Entscheidungsprozessen.

Aufruf der Solidaritätsbewegung für Lateinamerika.

Aufruf der Solidaritätsbewegung für Lateinamerika.

Freies Nicaragua bedroht

Das freie Nicaragua mit all seinen Errungenschaften ist durch die ständigen Überfälle der “Contras”, die von der US-Regierung gesteuert und finanziert werden, bedroht. So wurde z. B. der Hafen Corinto vermint und riesige Öltanks von amerikanischen Schnellbooten zerstört. Immer wieder werden Dörfer niedergebrannt, Bauern verschleppt und ermordet. Diese ständigen Angriffe der Contras binden viele Mittel und Menschen in der Verteidigung, die für den wirtschaftlichen und sozialen Aufbau fehlen. Zusätzlich erschwert der von der US-Regierung verhängte Wirtschaftsboykott den weiteren Aufbau des Landes.

Schon während des Befreiungskampfes gegen die Somozadiktatur stand für die Sandinisten fest, daß das Volk von Nicaragua zum ehest möglichen Zeitpunkt die Vertreter seiner Regierung in freien, geheimen und direkten Wahlen bestimmen solle. Nach der Schaffung der nötigen Voraussetzungen ist es nun soweit: am 4. November 1984 finden in Nicaragua die Wahlen statt, obwohl die Reagan-Regierung und die mit ihr verbündeten Kräfte in Nicaragua nichts unversucht lassen, die ersten freien Wahlen in Mißkredit zu bringen.

US-Regierung unterstützt Unterdrückerregime

Während der Befreiungs- und Demokratisierungsprozeß in Nicaragua weiter fortschreitet, wehren sich auch die anderen Völker Zentralamerikas verstärkt gegen die politische, ökonomische und militärische Unterdrückung durch die jeweiligen Regime, die von der US-Regierung in jeder Hinsicht unterstützt werden. Alle Phrasen der Reagan-Administration vom “Frieden in Freiheit” werden durch ihre eigenen, menschenverachtenden Handlungen widerlegt, wie zum Beispiel: Weiterlesen

320/366: Verbraucherverband: Mit der Einkaufstasche gegen die Macht der Giftproduzenten

1984 wurde der Österreichische Verbraucherverband gegründet, der sich in der Netzwerk-Zeitung vorstellte.

1984 wurde der Österreichische Verbraucherverband gegründet, der sich in der Netzwerk-Zeitung vorstellte.

Der Österreichische Verbraucherverband (ÖVV) wurde am 20. Oktober 1984 in Linz gegründet. In der Netzwerk-Zeitung 9 (1984) stellte sich die “Selbstschutzorganisation der Konsumenten” vor. Erstes Ergebnis der Arbeit war eine Informationsbroschüre über Dioxin.


Kritischer Konsum

Mit der Einkaufstasche gegen die Macht der Giftproduzenten

Am 20. Oktober hat in Linz die Gründungsversammlung des Österreichischen Verbraucherverbandes/ÖVV stattgefunden. Etwa 50 Menschen aus verschiedenen Umweltschutzgruppen aus der Steiermark, Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg haben sich nach 7 Monaten Vorbereitung auf Statut, Ziele und die ersten Aktionen des ÖVV geeinigt. Der ÖVV will eine überparteiliche und überregionale Selbstschutzorganisation der Konsumenten sein.

Er will erreichen, daß

  • giftige und schädliche Produkte vom Markt verschwinden
  • die Müllberge nicht in den Himmel wachsen
  • Rohstoffe und Energie sparsam eingesetzt werden
  • die Benachteiligung der Entwicklungsländer aufhört
  • dem Export von Giftstoffen in die Dritte Welt ein Ende gemacht wird.

Die Idee einer solchen Konsumentenorganisation wird nicht nur in der Umweltbewegung diskutiert. In der ÖGB-Illustrierten “Solidarität” findet sich in der Sommernummer 1984 folgendes Zitat:

Gäbe es eine Organisation, wo alle Hausfrauen ihr Konsumverhalten besprechen und aufeinander abstimmen könnten, wäre ihre Macht in der Wirtschaft nahezu uneingeschränkt.

Stellen wir uns zum Beispiel vor, Hunderttausende würden einige Monate lang keine Getränke in Dosen und Plastikflaschen kaufen… Die Auswirkungen würden die Hersteller sicher zum Nachdenken bringen. Weiterlesen

319/366: Peter Pilz mit Peter Pilz am Bundeskongress

Peter Pilz und Peter Pilz am Bundeskongress in Salzburg.

Peter Pilz und Peter Pilz. Foto: Grünes Archiv

Das Grüne Archiv präsentiert seit einigen Jahren seine Aufgaben und Bestände beim grünen Bundeskongress. Am Sonntag führte uns daher der Weg nach Salzburg zum 37. “BUKO”, wo wir Plakate und Zeitschriftencover aus allen Bundesländern zeigten und eine Diaschau mit allen bisher erschienenen Bildern aus diesem Blog durchlaufen ließen.

Da schaute auch Peter Pilz bei uns am Stand vorbei – und begegnete seinem früheren Selbst aus seinen Wiener Gemeinderatstagen.

Die Frauen auf den Plakaten im Bild sind übrigens Eva Lichtenberger, Tiroler Landesrätin, Nationalratsabgeordnete und EU-Parlamentarierin (oben) und Karin Prucha, Spitzenkandidatin der Kärntner Grünen für die Landtagswahl 1994 (unten). Rechts unten ist der anarchistische Präsidentschaftskandidat Aufmuckl zu sehen – dem werden wir demnächst einen eigenen Eintrag widmen.

318/366: Mit Kapuzenpulli bei der Angelobung

1991 initiierten die grünen Nationalratsabgeordneten ein Volksbegehren für eine Volksabstimmung über einen Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum

Julian Schmid und Monika Bargmann bei der Übergabe.

Das Deutsche Ledermuseum hat die Turnschuhe von Joschka Fischer, wir haben den Kapuzenpulli von Julian Schmid! Unser jüngster Parlamentarier brachte uns dieses Kleidungsstück für unsere Textilsammlung.

Warum ist der Pullover überhaupt von Bedeutung? Er ging durch die Medien. Der ÖVP-Abgeordnete und Arzt Erwin Rasinger hatte in einem Interview mit dem “Kurier” Kritik an der beruflichen Adjustierung Schmids geübt:

Der Grüne Julian Schmid sitzt mit Trainingsanzug und Turnschuhen im Plenum. Ich habe anfangs gedacht, das sei ein fehlgeleiteter Parlamentsmitarbeiter. Ich ordiniere ja auch nicht im Ruderleiberl.

Auch der NEOS-Klubvorsitzende Matthias Strolz wurde von Rasinger gerügt – ob seiner Krawattenlosigkeit.

Der “Kurier” schoss ein Doppel-Interview nach, in dem Schmid die Vorwürfe so kommentierte:

Mehr Würde im Parlament schafft man nicht durch einen Dresscode. Ich stamme aus Kärnten, und die Hypo-Milliarden sind von Männern im feinsten Anzug versenkt worden.

 

317/366: Vereint für die Mitwelt, getrennt bei den Frauen

Parteien und Katholische Kirche im Gespräch.

Parteien und Katholische Kirche im Gespräch.

Die Veranstaltungsreihe “Parteien und Katholische Kirche im Gespräch” fand von April bis Juni 1999 im Salzburger Bildungshaus St. Virgil statt. Alle fünf Parlamentsparteien wurden von der Österreichischen Bischofskonferenz zu einem Studientag eingeladen, an dem eine Momentaufnahme der Gemeinsamkeiten und Gegensätze versucht wurde. Nach einleitenden Referaten eines Zeithistorikers und eines Politikwissenschaftlers folgten  Grundsatzreferate von Vertreter_innen der Katholischen Kirche und der jeweiligen Partei. Am Nachmittag folgten Arbeitskreise und eine abschließende Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung.

Josef Bruckmoser fasste in seinem Beitrag “Vereint für die Mitwelt, getrennt bei den Frauen” die Diskussion zusammen. Bruckmoser ist Journalist und leitet die Ressorts Wissenschaft/Gesundheit/Religion bei den Salzburger Nachrichten.


Längst ist auch die Katholische Kirche unter dem Titel “Bewahrung der Schöpfung” grün geworden. Der Zugang zu diesem Thema ist zwar ein anderer als die Wurzeln, aus denen die Grünbewegung kommt Trotzdem herrscht im Ergebnis weitgehende Übereinstimmung. Das zeigte sich deutlich bei dem Gesprächsforum zwischen Spitzenvertretern der Katholischen Kirche und der Grünen Österreichs, das im Rahmen des “Dialogs für Österreich” am 24. 6. 1999 im Salzburger Bildungshaus St. Virgil stattfand.

Daß es zwischen Kirche und Grünen dennoch nicht allzu kuschelig wurde und sich am Schluß auch noch emotionale Klüfte auftaten, dafür sorgte ein anderes Thema: die Frau in der Gesellschaft und die Frau in der Katholischen Kirche. “Da sind wir sehr weit voneinander entfernt”, sagte die grüne Klubobfrau Madeleine Petrovic. Die Katholische Kirche diskriminiere Frauen in ihren eigenen Reihen (Verweigerung der Weihe etc.) und sei damit auch kein gutes Vorbild für die Gesellschaft. Als dann die Rede auf Empfängnisverhütung und Abtreibung kam, war der grün-katholische Burgfrieden endgültig gebrochen. In dieser Frage sind die Denkansätze und Denkgebäude meilenweit voneinander entfernt. Die Gegensätze sind so groß wie die zwischen einer grünen Baumhütte und einem barocken Dom.

Die Gegensätze sind so groß wie die zwischen einer grünen Baumhütte und einem barocken Dom.

Einen wunden Punkt spürten die Grünen auch beim Thema “Massentierhaltung in landwirtschaftlichen Betrieben von Klöstern” auf. Allerdings waren sich Weihbischof Andreas Laun und Madeleine Petrovic — beide sind große Hunde-Freunde — bei diesem Thema zumindest grundsätzlich näher. Laun macht sich kirchenintern seit längerem für eine Tierschutz-Enzyklika aus der Feder des Papstes stark.

Bei der Trennung von Kirche und Staat verlaufen die Bruchlinien zwischen Grünen und Katholischer Kirche ähnlich wie jene zwischen Liberalem Forum und Kirche. Die Grünen gehen mit diesen Themen zwar im politischen Alltag nicht so stark in die Offensive wie LIF-Bundessprecherin Heide Schmidt, sie vertreten aber inhaltlich vergleichbare Positionen: Die katholischen Privatschulen seien gegenüber anderen Privatschulen privilegiert, das Religionsbekenntnis habe in staatlichen Dokumenten nichts verloren u. ä.

Der Präsident der Katholischen Aktion, Christian Friesl, sah in seinem Grundsatzreferat zahlreiche Möglichkeiten für “christlich-grüne Sachkoalitionen”. Aber ein exklusives Naheverhältnis zur Katholischen Kirche könnten die Grünen nicht für sich in Anspruch nehmen. Die grüne Parlamentsfraktion dagegen unterstrich, sie sei zum Beispiel bei der Neutralitätsfrage dem christlichen Friedensgedanken viel näher als die ÖVP. Die anfänglich kirchen- und religionskritische Grünbewegung respektiere heute christlich-kirchliche Sinngebung und Werte als Zugewinn für die Gesellschaft, merkte Friesl positiv an. Allerdings scheint dieser Konsens noch nicht weit über das grüne Thema Mitwelt hinauszureichen.

Stachel im katholischen Männerfleisch

In vielen anderen Fragen beäugt man sich gegenseitig mit viel Skepsis. Da steht zum Beispiel die Mahnung der Katholischen Kirche an die Grünen, sich mit allen heiligen Eiden auf politische Gewaltlosigkeit zu verpflichten. Auf der anderen Seite sind die Grünen in der Frauenfrage der Stachel im katholischen Männerfleisch. Das beiderseitige Staunen, daß man über weite Strecken kultiviert miteinander umgehen konnte, verlangt nach Fortsetzung.


Mit freundlicher Genehmigung des Medienreferats der Österreichischen Bischofskonferenz. Bereits im Blog erschienen:

316/366: Grünes Anti-EWR-Volksbegehren mit 2,25% Unterstützung

1991 initiierten die grünen Nationalratsabgeordneten ein Anti-EWR-Volksbegehren. Damit sollte eine Volksabstimmung über einen Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum erreicht werden.

Heute vor 25 Jahren, am 11. November 1991, begann die  Eintragungswoche. 127.043 ÖsterreicherInnen unterschrieben das Volksbegehren, das waren 2,25% der Stimmberechtigten. Im Land Salzburg war die Beteiligung mit 6,3% am höchsten, im Burgenland mit 0,5% am niedrigsten.

315/366: Grüne Bildungswerkstatt: Manifest der tausend Worte

Das Manifest der 1000 Worte über die Grüne Bildungswerkstatt erschien in Impuls Grün.

Das Manifest der 1000 Worte über die Grüne Bildungswerkstatt erschien in Impuls Grün.

1987 wurde die Grüne Bildungswerkstatt als politische Bildungseinrichtung der Grünen gegründet. In der Zeitschrift “Impuls Grün” 6+7/1991 berichteten Karl Kaser, Markus Ludescher, Georg Monogioudis, Christian Promitzer und Christian Wabl über die Prinzipien, die diese Bildungsarbeit leiten. Titel: “Manifest der 1000 Worte” (wir haben nicht nachgezählt).


Die Grüne Bildungswerkstatt hat vor wenigen Jahren ihre Tätigkeit aufgenommen. Die Alternative Bildungsarbeit befindet sich im Aufbau. Wir betreten daher weitgehendst Neuland. In den den letzten Jahren haben sich die Prinzipien, an denen wir unsere Bildungsarbeit orientieren, gefestigt.

Wir gehen von der Überzeugung aus, daß die klassische industriekapitalische Gesellschaft ihren Zenit überschritten hat und in eine Krise mit den sie begleitenden Widersprüchen geraten ist. Wir leben in einer Zeit nicht oder nur sehr schwer kalkulierbarer Risiken. Von manchen wird diese veränderte Konstellation als Risikogesellschaft, Postmoderne oder Postmaterialistische Gesellschaft bezeichnet. Wir befinden uns in einer Übergangsepoche. Die beim Beschreiten dieser Epochenwende auftretenden Widersprüche ließen die Alternative Bewegung entstehen.

Unsere Gesellschaft beherrschen noch Denkweisen, die, wie wir wissen, zerstörerisch sind. Wir sind gegen diese Mentalität der Moderne, die eine Mentalität des Glaubens an den linearen und quantitativen Fortschritt ist. Da wir sie bezweifeln und eine Alternative Kultur ermöglichen wollen, stehen wir am Rande der herrschenden Kultur. Ziehen wir Bilanz!

Die Moderne brachte unverzichtbare Leitbilder wie Demokratie, Mündigkeit, Aufklärung, Wissenschaft, Emanzipation, Menschen- und Bürgerrechte hervor.

Wenn eine Fähigkeit abseits vom Denken erworben wird, so fehlt das Verständnis für den Gebrauch, der von ihr gemacht werden soll. Wissen ohne Beziehung zu verständigem Handeln aber ist toter Ballast. – John Dewey

Wir müssen sie erst einlösen! Auf der Negativseite erbrachte sie jedoch: Erfahrungsverlust, Entfremdung, unterdrücktes und verdinglichtes Bewußtsein, Forschung ohne Rückbezug auf soziale Auswirkungen, den Kult des Quantitativen, die völlig unzureichende Berücksichtigung der Frau im Konzept der bürgerlichen Gesellschaft, Ethnozentrismus im Sinne einer Verabsolutierung des Modells Westeuropa und den eindimensionalen Vernunftbegriff (Ausgrenzung des Heterogenen). Wir müssen das Bewußtsein analysieren, das hinter dieser Mentalität der Moderne steht. Zugleich müssen wir aktiv an der Entwicklung von Denkkategorien für die Zukunft arbeiten.

Das in unserer Gesellschaft herrschende Bewußtsein und dessen Mentalitätsstrukturen hinken zum Teil der Realität nach. Sie sind durch das Kainsmal des kollektiven Verhaltens und der kollektiven Einstellungen vergangener, nicht mehr realitätsadäquater Normen und Lösungsstrategien belastet. Das soll nicht heißen, daß unser gegenwärtiges Denken immer richtig ist. Solche Fragmente falscher Denkstrukturen bestimmen unser Handeln. Sie hindern uns auch daran, die Realität und vor allem die gesellschaftliche Realität in ihrer Veränderung zu erkennen.

Denkstrukturen entfremdet von Realität

Bestimmte Denkstrukturen ändern sich langsam, über Jahrhunderte oft gar nicht. Das entfremdet uns gewissermaßen von der bestehenden Realität. Immer wieder versuchen die Mächtigen in Politik und Wirtschaft und sogar die Beherrschten, Probleme mit gleichbleibenden Mitteln zu lösen. Daß sich Realität jedoch sehr rasch und immer rascher verändert, will eine konservative und auf die ständige Wiederholung von Handlungsmustern angelegte Mentalität nicht zulassen. Das Ergebnis ist ein enormer Widerspruch zwischen der Wahrnehmung bestehender Probleme und den unterlassener Handlungen. Beständig darauf hinzuweisen, ist unsere historische Aufgabe. Arbeiten wir nicht daran, machen wir uns schuldig.

  • Bildungsarbeit heißt also, diesen fundamentalen Widerspruch herauszuarbeiten. In einer Alternativen Kultur haben Menschen die Möglichkeit, diesen zu erkennen und ihr Handeln danach auszurichten.
  • Bildungsarbeit soll weiters bewirken, daß Menschen gesellschaftliche, ökonomische, kulturelle und politische Zusammenhänge erkennen können. Aber was nützt es, wenn sie für sich daraus nicht die entsprechenden, selbstbestimmten Handlungen entwickeln können? Die industriekapitalistische Gesellschaft hat Erkenntnis und daraus folgende Handlungen voneinander getrennt. Der daraus resultierende Erfahrungsverlust führt dazu, offensichtliche Widersprüche nicht mehr erkennen zu können. Die Aufgabe lautet also, Erkennen und Handeln wieder zusammenzuführen.
  • Eines der grundlegendsten Ziele grünalternativer Bildungsarbeit ist darüberhinaus, auf individueller Ebene Menschen darin unterstützen, zu Subjekten des Denkens, Fühlens und Handelns zu werden, und auf kollektiver Ebene ihre solidarische und demokratische Handlungsfähigkeit zu fördern. Mit anderen Worten: Sie darin zu bestärken, sich aus ihrer unbewußten Objektrolle zu befreien. Dies heißt nicht Zwangsbeglückung von oben, wenn es im Rahmen einer Alternativen Kultur geschieht.
  • Bildungsarbeit heißt auch, Menschen darin zu unterstützen, durch eigene oder kollektive Arbeit zu Erkenntnissen zu gelangen – Erkenntnisse, die nicht von oben oktroyiert werden, sondern in einem aktiven Aneignungsprozeß von unten kommen. Wir wollen damit auch sagen, daß Erkenntnisse nicht blindlings übernommen, sondern selbst gewonnen werden sollen.
  • Bildungsarbeit muß exemplarisches Lernen zum Ziel haben. Allgemeines Wissen, geschichtliches wie ökonomisch-politisches Wissen, gewinnt seinen Bildungswert ausschließlich dadurch, daß es in den eigenen Erfahrungshorizont rückübersetzbar gemachtwird. Die Grüne Bildungswerkstatt hat sich genau dies vorgenommen.
  • Die gegenwärtige Gesellschaft hat nicht nur die Arbeitsteilung, sondern auch die Wissensteilung weitvorangetrieben. Das war und ist für sie notwendig. Sie hat SpezialistInnen für immer engere Wissens- und Forschungsdisziplinen hervorgebracht, die daher nur mehr in der Lage sind, Wissenssegmente wahrzunehmen. Eine der Aufgaben der Bildungsarbeit ist daher, die gesellschaftlich relevanten Wissens- und Erkenntniseinheiten wieder zu vernetzen und in globales Denken zu überführen. Daraus folgt, daß auch das kollektive Denken unserer politischen Bewegung einerseits parteilich im Sinne von Engagement für unsere Werte, andererseits global, offen und transparent sein soll.
  • Wir wissen, daß der Reichtum unserer Gesellschaft auf der Armut der Dritten Welt beruht. Wir sind uns darüber im klaren, daß Bildung ein Privileg ist, das wir mit den Menschen der Dritten Welt nicht oder viel zu wenig teilen. Es sollte ein Schwerpunkt grün-alternativer Bildungsarbeit sein, diese Zusammenhänge in ihrer weitreichenden Bedeutung zu erkennen. Daraus folgt, daß der multikulturelle Zugang zu Problemen eine Grundlage unserer Arbeit darstellt.

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