Die “Initiative Grüne & Gewerkschaften” organisierte im Oktober 1995 eine Diskussion mit Franz Floss, Schani Margulies und Karl Öllinger. Im Fokus stand die Frage, ob der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) “ergrünen” könne und wie die Grünen die “gewerkschaftliche Herausforderung” annehmen könnten.
gesamter Flyer zum Download: 107-gruene-gewerkschaft-oegb-flugblatt-1995 (PDF, 1 MB)
Kann der ÖGB ergrünen? Die Grünen stellen sich der gewerkschaftlichen Herausforderung
Der kommende ÖGB-Kongreß ist nur ein Anlaß. Im Betrieb oder in der Sozialpolitik: Die Gewerkschaften sind ein wesentlicher Faktor der österreichischen Politik: Ob starker Widerstand gegen das “Sozialabbaupaket II”, ob ökologische Anliegen durchgesetzt werden können, hängt nicht zuletzt vom Verhalten des ÖGB ab.
Die Grünen wollen sich einmischen. Hunderte GrünaktivistInnen und WählerInnen sind Gewerkschaftsmitglieder, Dutzende von ihnen BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen. Sie engagieren sich als GewerkschafterInnen innerhalb der “GE – alternativen Gewerkschafterinnen”, im Öffentlichen Dienst bei den Unabhängigen GewerkschafterInnen, im Gemeindebereich in der “Konsequenten lnteressensvertretung KIV” oder kandidieren auf unabhängigen Namenslisten. Und: Erstmals kandidieren bei den kommenden Personalvertretungswahlen auch deklarierte Grüne Listen.
Es ist hoch an der Zeit, daß die Grünen ihre Haltung zu den Gewerkschaften und zum ÖGB ausführlich diskutieren und festlegen. Die Vorstellung eines ersten Positionspapiers zum Verhältnis Grüne und Gewerk-schaften soll diesen Prozeß in Gang setzen.
Aus dem Positionspapier “Initiative Grüne & Gewerkschaften”
Am Beginn standen erbitterte Auseinandersetzungen: Um Zwentendorf, um Hainburg, um Wirtschaftswachstum und um Arbeits-platzsicherung durch Umweltschutz. Lange Zeit machte sich die Gewerkschaftsführung zur Speerspitze eines uneingeschränkten quantitativen Wachstums und agierte als “Betonierer”, die sich hinter jedes Großprojekt stellte. Ökologische Forderungen wurden als Arbeitsplatzvemichtung diffamiert – die Feindbilder waren beiderseitig klar definiert.
Doch bereits damals gab es andere Kräfte: Die “Gewerkschafter gegen Atomkraftwerke” versuchten ökologische und gewerkschaftliche Standpunkte zu verbinden. Sie leisteten im ÖGB aktive Aufklärungsarbeit über die Gefahren der Atomenergie. In ihrem Einsatz für die Ökologie zeigten sie auf, daß ökologische Reparaturmaßnahrnen und erst recht der ökologische Umbau der Wirtschaft vorhandene Arbeitsplätze sichern und neue schaffen würden. Als einzige im ÖGB anerkannte Gruppierung stand die “GE – alternative GewerkschafterInnen” auch in Hainburg auf der Seite der Umweltbewegung.
Langsam entwickelte sich die Konfrontation zur Duldung und schließlich zu einem – meist kontroversiellen – Gesprächsklima. Innerhalb der Gewerkschaften zerbrach die monolit[h]ische Ablehnung der Umweltbewegung. Tschernobyl beendete die Atomeuphorie des ÖGB; das ökologische Bewußtsein ging vor allem im Bereich der Angestellten, LehrerInnen oder Sozialberufe nicht spurlos an den Gewerkschaften vorüber.
Innerhalb der Grünen wuchs die Bedeutung sozialer und wirtschaftlicher Forderunger neben dem Primat der Ökologie. Als politische Partei verstehen sich die Grünen als grundsätzliches Reformprojekt, in dem die Beschäftigung mit der gesellschaftlichen Rolle der Gewerkschaften und ihren Positionen notwendig ist.
Schreiben Sie einen Kommentar
Sie müssen angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.