Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Autor: Grünes Archiv (Seite 34 von 38)

Das Grüne Archiv ist die Gedächtnisinstitution der grünen Bewegung und eine Serviceeinrichtung der Grünen Bildungswerkstatt für Grünbewegte, ForscherInnen und alle anderen Interessierten.

47/366: Schwarz-Grün auf Bundesebene geplatzt

Harald Mahrer (Hg.): Was wäre wenn ...? 10 Jahre Schwarz-Grün. Eine Spekulation. Wien: Verlag noir 2013

Harald Mahrer (Hg.) / Julius Raab Stiftung: Was wäre wenn…? 10 Jahre Schwarz-Grün. Eine Spekulation. Wien: Verlag noir 2013

Heute vor dreizehn Jahren, am 16. Februar 2003, nahm der Erweiterte Bundesvorstand – nach dem Bundeskongress das zweithöchste Gremium der Grünen – das Nicht-Zustandekommen einer “schwarz-grünen” Koalition zur Kenntnis. Die ÖVP war den Grünen in entscheidenden Fragen nicht entgegen gekommen. Zu den Knackpunkten zählten ein faires Pensionsmodell, der Einstieg in die Grundsicherung, der Verzicht auf Studiengebühren und Abfangjäger, der Vorrang der Schieneninfrastruktur vor der Straße und andere.

Am 28. Februar 2003 wurde eine neuerliche ÖVP-FPÖ-Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel angelobt.

Harald Mahrer hat 2013 für die Julius Raab_Stiftung das Buch “Was wäre wenn …? 10 Jahre Schwarz-Grün. Eine Spekulation” herausgegeben, in dem Politiker_innen der ÖVP und der Grünen sowie Journalist_innen überlegen, wie Österreich aussehen würde, wenn diese Koalitionsverhandlungen nicht gescheitert wären. Das Buch kann gedruckt im Grünen Archiv oder online (PDF, 500 KB) nachgelesen werden. Aus dem Abstract: “Ein schwarz-grünes Projekt unter dem Dach der Grundwerte der Ökosozialen Marktwirtschaft könnte einen wichtigen Impuls liefern, um die Ökosoziale Marktwirtschaft konsequent umzusetzen. Sie bringt nicht nur Wohlstand, sondern auch Zukunft für alle”.


“Ich war vor 10 Jahren nicht Abgeordneter, sondern Landessprecher der Wiener Grünen. Dort haben wir die Verhandlungen zunächst sehr kritisch verfolgt, dann offen rebelliert. Falsch sind aber alle Legenden, die behaupten, dass die Verhandlungen an den Wiener Grünen gescheitert wären. Tatsächlich gab es eine viel breitere Skepsis innerhalb der Grünen – die Wiener Grünen waren nur die ersten, die das auch öffentlich thematisiert haben. Letztendlich haben aber die grünen VerhandlerInnen um Alexander van der Bellen nach einer langen Verhandlungsnacht die Gespräche selbst abgebrochen, weil sie keine Chance auf Einigung gesehen haben. Dieser Verhandlungsabbruch war richtig und auch ich würde wieder unter ähnlichen inhaltlichen Rahmenbedingungen wie damals zu den Kritikern einer Koalition gehören”, erinnerte sich Albert Steinhauser, heute Nationalratsabgeordneter der Grünen, im Jahr 2013 an die Verhandlungen zurück (Albert Steinhauser: “10 Jahre Scheitern von schwarz-grün. Kein Grund für Wehmut“, 18. Februar 2013).

46/366: Manfred Srb 1990: Sind die Grünen noch alternativ?

046-srb-gruene-alternativeManfred Srb, seit 17. Dezember 1986 Nationalratsabgeordneter, stellte in der grünen Monatszeitung MOZ 2/1990 die Frage, ob die Grüne Alternative noch alternativ sei, und griff die Themen Regierungsbeteiligung und Parteienfinanzierung auf.


//zitat// Wir haben zwar mittlerweile eine grüne Programmdiskussion in Gang gebracht, haben uns bis jetzt aber um eine grüne Grundsatzdiskussion gedrückt. Wir haben uns auch gedrückt vor einer Diskussion, die sich mit basisdemokratischen Aspekten auseinandersetzt sowie vor einer Diskussion, die sich mit Fragen unserer politischen Glaubwürdigkeit beschäftigt. Alle diese Fragen spielen stark hinein in unsere jüngsten Diskussionen.

Nehmen wir einmal die von der Koalition putschartig ins Spiel gebrachte Parteienfinanzierung für die kommenden NR-Wahlen: Die Variante, im Parlament dagegen zu stimmen und die Auszahlung dann doch zu beantragen, halte ich für die schlechteste. Denn es wird letztendlich doch hinüberkommen, daß die Grünen zuerst Nein und dann doch Ja gesagt haben und daher auch so mies sind wie alle anderen Parteien.

Da gefällt mir die Argumentation meiner Kollegen Wabl und Smolle schon besser, weil sie realistischer und ehrlicher ist. Sie lautet: “Wir stehen zu der Notwendigkeit, das Geld zu nehmen, weil die Partei finanziell ohnehin am Sand ist.” Dennoch ist das nicht gerade die andere Art von Politik, die wir immer machen wollten. Also gibt es für mich nur eine richtige Vorgangsweise: ein klares Nein zur Politik der Koalitionsparteien, den Staat einmal mehr als Selbstbedienungsladen zu betrachten. Weiterlesen

44/366: Hainburg ist überall: die Plakate des Gottfried Hochstetter

Transparent “Hainburg ist überall” (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Monika Bargmann

“Ich erinnere mich noch, wie ich Gottfried Hochstetter Anfang der 90er Jahre kennengelernt habe: Bei den ‘Ennstrassenprotesten’, als er ein sicher 15m langes bedrucktes Stofftransparent mitbrachte, das er am Schutzzaun – der gegen die DemonstrantInnen errichtet wurde – anbrachte. Darauf war zu lesen: ‘Werbeflächen zu vermieten’ – gleich daneben die Telefonnummer der Steiermärkischen Landesregierung”, so der Grüne Landessprecher Lambert Schönleitner im Rückblick, “seine in der eigenen Werkstatt hergestellten Handdruckplakate und -Transparente prägten das Bild der Umweltbewegung von Beginn an” (Quelle). Rund 150 dieser Plakate und Transparente befinden sich im Grünen Archiv.

Plakat zur Tonbildschau "Au-Weh" von Gottfried Hochstetter (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Ines Handler

Plakat zur Tonbildschau “Au-Weh” von Gottfried Hochstetter (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Privat

Gottfried Hochstetter war mit mehr als einem Vierteljahrhundert im Bad Ausseer Gemeinderat bereits zu Lebzeiten eine kommunalpolitische Legende. Der politische Aktionist zählte zu den ersten Grünen Vertretern im kommunalen Bereich in der gesamten Steiermark.

Hochstetter wurde am 30. Mai 1935 geboren. In den 1970er Jahren begann er, sich intensiv mit gesellschaftlichen Alternativen auseinanderzusetzen. Zwentendorf, Hainburg und Wackersdorf waren wesentliche Meilensteine. 1985 gründete er die Liste ALIBADA (Alternative Liste Bad Aussee) und war auch eine Zeitlang Vizebürgermeister der Stadtgemeinde Bad Aussee. Bis zuletzt war er Grüner Gemeinderat. Hochstetter starb am 20. Dezember 2014.

“Wir brauchen Menschen, die aufstehen und sagen, hier spielen wir nicht mit, wir brauchen bessere Lösungen, es gibt zukunftsfähigere Lösungen. Wie Gottfried Hochstetter – in Hainburg, in Zwentendorf, in Wackersdorf, im Ennstal oder in Bad Aussee. Auch wenn dieses Engagement Angriffe und Schwierigkeiten für die eigene Person und die Familie mit sich bringt”, sagte Pfarrerin Waltraud Mitteregger bei der Verabschiedung (Quelle).


am 26. März: Alibada (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Ines Handler

am 26. März: Alibada (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Privat

Das Grüne Archiv konnte im Juli 2015 einen Teil des Nachlasses von Gottfried Hochstetter übernehmen. Die Schenkung umfasst 145 Plakate, Collagen und Handzettel, neun von Hochstetter gestaltete und gedruckte Textilien (Transparente sowie Umkleidungen für Laternenpfähle und Dreiecksständer) und zwei Schachteln mit gedrucktem Material (Zeitschriften, Notizen, Unterlagen zu kommunalpolitischen Projekten).

41/366: Thesen für eine Grüne Alternative Wien

041-bezirksgruppenrundbrief

Bezirksgruppenrundbrief 46/1992

“Wir stehen für eine Partei, die BürgerInnen ermutigt, gemeinsam, individuell und gemeinsam mit uns einschränkenden gesellschaftlichen Bedingungen Widerstand zu leisten”. Im Bezirksgruppenrundbrief 46/1992, dem internen Informationsmedium der Wiener Grünen, stellten Hedvig-Doris Spanner-Tomsits, Rudolf Sablattnig, Eleonora Sablattnig, Ines Riedler, Peter Altendorfer und Alexandra Bader zehn “Thesen für eine Grüne Alternative Wien” auf.


//zitat//  I. Wir stehen für eine Partei, die BürgerInnen ermutigt, gemeinsam, individuell und gemeinsam mit uns einschränkenden gesellschaftlichen Bedingungen Widerstand zu leisten.

II. Wir stehen für eine Partei, die ihre Möglichkeiten nutzt, um als Trägerin des Widerstandes von BürgerInnen gegen Umweltzerstörung, Sozialabbau, Wohnungsnot, AusländerInnenfeindlichkeit inner- wie außerparlamentarisch zu fungieren.

III. Wir stehen für eine Partei, die Offenheit, Vielfalt, Solidarität untereinander, demokratische Entscheidungsprozesse und Beteiligungsmöglichkeiten praktiziert und die traditionellen Politikvorstellungen mit Hierarchien, strengen Regeln, Karrieremustern durch ihr gelebtes Beispiel eine Absage erteilt.

IV. Wir stehen für eine Partei, die gesellschaftlichen Tendenzen zu Sozial- und Demokratieabbau, Fremdenangst und zur Flucht vor nationalen Problemen in ein Groß-Europa nicht nachgibt, sondern versucht, Alternativvorstellungen unter Beteiligung möglichst vieler engagierter Menschen zu entwickeln. Weiterlesen

40/366: PUM, GAL, ALÖ, VGÖ: So entstanden die Grünen in Oberösterreich

Marco Vanek: Portrait einer bewegenden Partei. Die Grünen Oberösterreich (2000)

Marco Vanek: Portrait einer bewegenden Partei. Die Grünen Oberösterreich (2000)

Marco Vanek veröffentlichte im Jahr 2000 die 32-seitige Broschüre “Portrait einer bewegenden Partei. Die Grünen Oberösterreich”, in der die Geschichte und die Positionen der Alternativ- und Grünbewegung in Oberösterreich dargestellt werden.


//zitat// Der Kampf gegen das Atomkraftwerk in Zwentendorf (1978), das Donaukraftwerk in Hainburg (1984) und in Oberösterreich das geplante Speicherkraftwerk im Reichraminger Hintergebirge (1984) waren wohl die Meilensteine im Entstehungsprozess der Grünen. Im Widerstand gegen diese Projekte formierte sich eine landesweite Umweltbewegung, die die Menschen aus allen politischen Lagern und sozialen Schichten zusammenführte. Ihre gesellschaftliche Dynamik wies von Anfang an weit über die beiden konkreten Konflitkfälle und auch über die ökologische Frage hinaus. Die bekämpften Kraftwerksprojekte wurden schnell zu Symbolen gesamtgesellschaftlicher Fehlentwicklungen.

Bereits im Jahr 1979 kandidierten bei den Gemeinderatswahlen in Oberösterreich drei Gruppen, die dem politischen Spektrum der Grünbewegung zuzuordnen sind. In Schwanenstadt war es die Partei für Umweltschutz und Menschlichkeit (PUM), in Schärding die Demokratische Initiative und in Steyregg die Gruppe um den jetzigen Bürgermeister Josef Buchner. Anfang der 80er Jahre gründete sich in Oberösterreich eine Landesgruppe der Alternativen Liste (ALÖ), die wichtigste Vorläufergruppierung der späteren Grünen. Damalige Gründungsmitglieder waren der jetzige Landessprecher Gottfried Hirz, der Grüne Klubobmann im Oö. Landtag Rudi Anschober und die Landtagsabgeordnete Doris Eisenriegler. Diese drei hatten auch einen maßgeblichen Anteil bei der politischen und organisatorischen Etablierung der Grünen Partei in Oberösterreich.

Die Grün-Alternative Liste (GAL) kandidierte erstmals bei den Landtagswahlen im Jahr 1985. Seit 1997 sind die Grünen im oberösterreichischen Landtag mit drei Mandaten vertreten. In über 60 Kommunen arbeiten 150 GemeinderätInnen für die Grüne Sache. //zitatende//


Zum Weiterlesen: 040-marco-vanek-portrait-einer-bewegenden-partei-ooe (PDF, 6 MB)

39/366: Wer den Basiswappler erfunden hat

In einem grünen ABC darf der “Basiswappler” natürlich nicht fehlen. Aber woher kommt der Begriff? Robert Sedlaczek, Journalist und Experte für die österreichische Varietät der deutschen Sprache, geht in seinem am 8. März 2011 in der Wiener Zeitung veröffentlichten Artikel der Frage nach, “wer den Basiswappler erfunden hat”. Ricola war’s jedenfalls nicht…

Der Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der Chefredaktion der Wiener Zeitung und des Autors hier veröffentlicht, für die wir uns sehr herzlich bedanken. Wir erlauben uns dafür den dezenten Hinweis, dass man die Wiener Zeitung abonnieren und Sedlaczeks Bücher kaufen kann 🙂


//zitat// Thomas Maurer hat ein neues Programm, es löst bei Publikum und Kritik Beifallsstürme aus. Für uns soll das ein Anlass sein, ein gut gehütetes Geheimnis zu lüften.

Von wem stammt eigentlich das Wort Basiswappler? Wenn Zeitungen den Ausdruck gebrauchen, fügen sie meist einen scherzhaften Vermerk hinzu: © Karl Öllinger. Gemeint ist der Sozialsprecher der Grünen. Oft wird auch noch darauf hingewiesen, dass sich dieser einst selbst als Basiswappler bezeichnet hat. Aber warum eigentlich? Was war der Anlass?

Ich wollte der Sache auf den Grund gehen. Oft sind solche Behauptungen ja hartnäckige Legenden. Sie tauchen wie eine Zeitungsente immer wieder auf. Beim näheren Hinsehen ist dann nichts Wahres dran.

Erste Station der Recherche: Karl Öllinger. Ich will wissen, in welchem Zusammenhang er den Ausdruck erstmals verwendet hat. Am Telefon erzählt mir der Nationalratsabgeordnete, wie es dazu gekommen ist.

Die Grünen standen mitten im Nationalratswahlkampf 1994. Sie hatten sich vorgenommen, einen witzigen Werbespot zu drehen. Schon von der Machart her sollte er ganz anders sein als die Belangsendungen der Großparteien. “Der Kabarettist Thomas Maurer hat uns dabei geholfen. Wir sind am Vorabend beisammengesessen und haben Witze gemacht. Es war ein großer Spaß.” Den Grünen ist es damals darum gegangen, die platitüdenhafte Berichterstattung in den Medien zu persiflieren. Weiterlesen

38/366: Alternative Liste: Wir kandidieren! Kandidieren wir?

grüner Baum mit roter Baumscheibe und weißer Figur, schwarze Schrift

Nationalratswahlen 1983. Wir kandidieren! … Kandidieren wir? Wien: Rema Print 1983 (Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-222604)

In Zeiten, wo die Grünen in sechs Landesregierungen vertreten sind, wirken Überlegungen, ob sie überhaupt zu einer Wahl antreten sollen, vielleicht überraschend. In der Anfangszeit der Grünen Bewegung war das allerdings keine eindeutig beantwortete Frage, wie dieses Plakat der “Arbeitsgruppe Nationalratskandidatur” der Alternativen Liste Wien zeigt. Denn die Grünen sahen sich – ähnlich wie die deutsche Grüne Petra Kelly es formulierte – als “Anti-Partei(en)-Partei” und diskutierten lang und heftig, ob und wie sich “Spielbein” und “Standbein” vereinen ließen. Die deutsche Zeithistorikerin Silke Mende im Jahr 2009 dazu:

//zitat// Die Arbeit in der Partei und später auch in den Parlamenten sollte die Aktivitäten der Neuen Sozialen Bewegungen ergänzen und keinesfalls ersetzen. Dieser Anspruch spiegelte sich in einem sehr wirkmächtigen Bild wider, das von der grünen Partei [hier gemeint: in Deutschland, gilt aber auch für Österreich] der Anfangszeit häufig gebraucht wurde: dem “Spielbein-Standbein-Konzept”. Während der Arbeit in den Neuen Sozialen Bewegungen weiterhin das unverzichtbare “Standbein” der grünen Bewegung sein sollte, war der grünen Parteiorganisation die Rolle des “Spielbeins” in den Parlamenten zugedacht. In ihrer Rolle als parlamentarischem Spielbein sollten die Grünen jedoch keinesfalls in die Rollenmuster der etablierten Parteien fallen, wollte man doch die “grundlegende Alternative zu den herkömmlichen Parteien” sein. //zitatende//

(Quelle: Silke Mende: “‘Die Alternative zu den herkömmlichen Parteien’. Parlamentarismuskritik und Demokratiekonzepte der ‘Gründungsgrünen’ in den siebziger und frühen achtziger Jahren”. In: Die Zukunft der Demokratie. L’avenir de la démocratie. Herausgegeben von Thomas Bedorf, Felix Heidenreich und Marcus Obrecht. LIT-verlag 2009, S. 39) Weiterlesen

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