Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Autor: Grünes Archiv (Seite 17 von 38)

Das Grüne Archiv ist die Gedächtnisinstitution der grünen Bewegung und eine Serviceeinrichtung der Grünen Bildungswerkstatt für Grünbewegte, ForscherInnen und alle anderen Interessierten.

217/366: Was haben Indianer mit Zwentendorf gemeinsam?

Was haben Indianer und Zwentendorf gemeinsam?

Was haben Indianer und Zwentendorf gemeinsam? (Plakat aus dem Grünen Archiv)

Was haben Indianer mit Zwentendorf zu tun? Was ist der Hintergrund dieses Plakats? Am 15. Juni 1984 wurde in der Volkshochschule Wien-Margareten der Film “Sacrifice Area” (deutsch: “Das geopferte Land”) von den niederländischen Dokumentarfilmern Ernie Damen und Otto Schuurman vorgeführt.

In den “Black Hills” (Pahá Sápa) im US-amerikanischen Bundesstaat South Dakota wurden Kohle und Uranium abgebaut. 1972 erklärte Präsident Richard Nixon diese Region zur “National Sacrifice Area”, also einem Landstrich, der “geopfert” wird zugunsten der Atomenergie – der sowohl durch den Verbrauch der Wasservorräte für die Industrie als auch durch die nukleare Verseuchung nicht mehr bewohnbar ist. Diese Gegend wird aber von den hier ansässigen Lakota-Indianer_innen als heiliger Ort betrachtet und war ihnen im Vertrag von Fort Laramie aus dem Jahr 1868 zur Gänze zugeschrieben worden.

Dieser Dokumentarfilm wurde 1980 gedreht und 1981 uraufgeführt. Er illustriert die negativen Auswirkungen des Bergbaus auf die lokale Bevölkerung – auf die Lakota-Indianer und auf die weißen Farmer. Außerdem wird der anhaltende Widerstand von Umweltorganisationen und Einheimischen gezeigt (Quelle: British Film Institute).

Opfer des Uranabbaus

//zitat// Der Film SACRIFICE AREA handelt von diesen Opfern, die es überall gibt, wo Uran und Kohle abgebaut werden: in Namibia, Australien, Kanada, Europa und in Amerika. SACRIFICE AREA konzentriert sich auf die USA, weil sich wahrscheinlich nirgendwo auf der Welt ein deutlicheres Beispiel für die gegensätzlichen Interessen von einheimischer Bevölkerung und westlicher Energielobby finden läßt. Bestimmend für das Thema von SACRIFICE AREA ist die Überschneidung zweier historischer Linien. Die eine Linie ist die Geschichte der Indianer Nordamerikas; die andere die der weißen Eroberer, die sich der Erde bemächtigen und sie ausbeuten. Im Schnittpunkt dieser beiden Linien liegen die “Black Hills”, ein herrliches Naturgebiet in South Dakota.

Der weiße Mann hat in der Geschichte der Indianer immer eine blutige Rolle gespielt; er hat sie vertrieben, mit seinem Alkohol vergiftet, er hat sie gedemütigt und vergewaltigt. Er hat darüber hinaus ihre Kultur gestohlen, sie getötet und die Überlebenden gezwungen, in entlegene, unfruchtbare Reservatsgebiete zu ziehen. Und nun sind es erneut die Indianer, die den Interessen der Weißen geopfert werden. Sie werden aus ihren Gebieten vertrieben, weil sie “große Energievorräte” enthalten. Erde und Wasser werden durch verantwortungslose Abbaumethoden zur Urangewinnung verseucht und vergiftet. Immer mehr Indianer sterben an Krebs, Leukämie und anderen Krankheiten. Die Zahl der mißgebildeten Babys und Fehlgeburten ist in manchen dieser Minenstädte viertausendmal (4.000) höher als im Bundesdurchschnitt. //zitatende//

(Quelle des Zitats: 12. Internationales Forum des jungen Films Berlin, 1982)

Dokumentation des World Uranium Hearing in Salzburg.

Dokumentation des World Uranium Hearing in Salzburg (1993).

World Uranium Hearing in Salzburg

Im September 1992 wurde in Salzburg das “World Uranium Hearing” abgehalten, wo Vertreter_innen der weltweiten Anti-Atomkraft-Bewegung die Gefahren schilderten, die vom Uranabbau für Gesundheit und Umwelt ausgehen. Die Beiträge wurden im von der Grünen Bildungswerkstatt Salzburg unterstützten Sammelband “Der Tod, der aus der Erde kommt” veröffentlicht (nachzulesen im Grünen Archiv).

James Garrett, Umweltjurist und Aktivist der Black Hills, schrieb damals:

Der nukleare Brennstoffkreislauf in den USA beginnt und endet in der Heimat der Indianer. Sie kommen, graben das Uran aus und machen damit, was sie wollen. Den Leuten in Europa erzählen sie, das wäre eine tolle, saubere Industrie, und damit ließe sich die Welt retten. Doch währenddessen klopfen sie wieder bei uns an, weil sie nicht wissen, wo sie das verdammte Zeug sonst für ewige Zeiten lagern können.

Ja zur Kernkraft – ja zum Völkermord?

Wäre Zwentendorf oder ein anderes Atomkraftwerk in Österreich ans Netz gegangen und Uran, das unter diesen Bedingungen gewonnen wurde, verwendet worden, hätte dann das “Ja zur Kernkraft” auch ein “Ja zum Völkermord” bedeutet, wie auf dem Plakat zur Filmvorführung gefragt wird?

Zum Weiterlesen

216/366: Der Brieftaubenbeamte und die Grünen

Renate Welsh: Der Brieftaubenbeamte. Illustrationen von Reinhard Kiesel. München: Verlag für Jugend und Volk 1983

Renate Welsh: Der Brieftaubenbeamte. Illustrationen von Reinhard Kiesel. München: Verlag für Jugend und Volk 1983

Die Wiener Schriftstellerin Renate Welsh veröffentlichte 1983 das Buch “Der Brieftaubenbeamte” (nur mehr antiquarisch und in Bibliotheken erhältlich). Klappentext:

// Roderich Rapuse ist Kanzleioberoffizial im Brieftaubenberingungsamt, ein außerordentlich ordentlicher Beamter, der völlig in seiner Arbeit aufgeht. Eines Tages stellt er bestürzt fest, daß ein roter Expreßtaubenring fehlt. Verstört meldet er dem Amtsvorsteher, daß die Inventur zum ersten Mal nicht stimmt. Der aber lacht nur. Es gibt längst keine Brieftauben mehr im Postdienst, man hat bloß vergessen, das Brieftaubenberingungsamt aufzulösen… Daß Brieftauben auch in unserer Zeit verwendet werden, erfährt Roderich, als er zwei Wochen Urlaub macht. Es ist ein Urlaub, der Roderich Rapuses Leben von Grund auf ändert. Schließlich faßt er einen Plan, der nicht nur für ihn weitreichende Folgen hat. //

Was hat das jetzt mit den Grünen zu tun? Dass es sich bei den Brieftauben um eine umweltschonende Transportmöglichkeit handelt (wenngleich die Tierfreundlichkeit hinterfragt werden kann)? Nein, die neuen Freund_innen von Roderich wären in einer etwaigen Fortsetzung des “Brieftaubenbeamten” sicher alternative Bezirksrät_innen geworden: Sie fahren mit dem Rad, betreiben Urban Gardening (avant la lettre), gründen einen selbstverwalteten Betrieb, setzen sich für Wohnstraßen und Spielplätze ein, protestieren vorm Amtshaus gegen den Abbruch alter Häuser im Zentrum und vieles mehr 😉

213/366: Burgenland: Nationalpark oder Altersheim

Schwerpunkt Jugendpolitik im "Impuls grün".

Schwerpunkt Jugendpolitik im “Impuls grün”.

“Der Franzl, der Seppl und die Maria. Jung sein in der Provinz – tote Hose oder Discofieber? Ein ländliches Sittengemälde” – Alexandra Grasl und Christina Lammer portraitierten in den 1990ern für das Monatsmagazin “Impuls grün” Jugendkultur, familiäre Zwänge, berufliche Aussichten im Südburgenland. “Zwei Varianten gibt’s für das Burgenland: Entweder es wird ein Nationalpark oder ein Altersheim”, so das Fazit von Horst Horvath, damals Leiter des Offenen Hauses Oberwart.


Ein sonniger Freitagnachmittag im südburgenländischen Oberwart: Schier endlos schieben sich Autokolonnen über die Wiener Straße. Hunderte Pendlerinnen fahren dem verdienten Wochenende entgegen.

Ein Großteil der Bewohnerinnen des rund 6.300 Seelen zählenden Ortes ist auf einen Broterwerb in Wien oder Graz angewiesen und bevölkert nur an den Wochenenden die burgenländliche Heimat. Am Weekend wird nachgeholt, was die anonyme Stadt vorenthält: In Discos, Wirtshäusern und auf Sportplätzen werden durch die Arbeitswoche> unterbrochene Kontakte wieder aufgenommen und neue geknüpft.

Saturday-Night-Fever in Oberwart

Im Offenen Haus Oberwart, dem OHO, trudeln langsam Gäste ein, um beim ersten Glas das Abendprogramm zu diskutieren. Das vielstrapazierte Saturday-Night-Fever besitzt hier noch Gültigkeit, denn Konzerte und Veranstaltungen finden nur am Wochenende ihr Publikum. Beim Sound heimischer Gruppen wie den Jets, KIX, California “kommen immer der Franzl, der Seppl, der Maier, der Karl und die Maria zusammen” umschreibt Horst Horvath, Leiter des OHO, die soziale Funktion der Bands, die meistens vor Stammpublikum spielen.

Horst Horvath ist immer noch in der burgenländischen Kulturszene tätig.

Horst Horvath ist immer noch in der burgenländischen Kulturszene tätig.

Traditionelle Werte

Aber auch traditionelle Töne finden Anklang unter Jugendlichen, wenn die Väter ihren Platz in der Blaskapelle weitervererben. Im Vereinswesen marschieren die Söhne in den Fußstapfen der Altvorderen und übernehmen deren Werte, indem sie beispielsweise der Freiwilligen Feuerwehr oder dem Sportverein beitreten.

Durch das “Auspendeln”, wie es die Einheimischen nennen, fällt das Interesse der jungen Leute am kommunalpolitischen Geschehen marginal aus. Politische Jugendverbände finden in Oberwart keinen Nährboden. “Am Wochenende ist keine Zeit für Politik, nur für die Disco”, bedauert Ludwig Philip vom Stadtamt Oberwart. Wohl gäbe es einige junge Gemeinderäte, doch “wie überall in Österreich, ist die Jugend desinteressiert”, nimmt er die heimische Jugend in Schutz.

Kritisch-alternative Minderheit

Horvath hingegen unterstellt den Gemeindevertreterinnen, die wenigen kritischen Stimmen, darunter un- oder untersubventionierte Kulturinitiativen, ungehört verhallen zu lassen. Sich selbst zählt Horst Horvath zur kritisch-alternativen Minderheit. Der zugewanderte Nordburgenländer hat das OHO gemeinsam mit arbeitslosen Jugendlichen renoviert: Neben dem Kaffeehausbetrieb, Treffpunkt für Teens und Twens, steht nun ein Saal für Lesungen, Theater, Ausstellungen und Konzerte zur Verfügung. Weiterlesen

212/366: Widerstand gegen die Ennsnahe Trasse

Am Anfang war Hainburg.

Am Anfang war Hainburg.

“Gesetzesbrüche pflastern ihren Weg”, titelte Eric Egerer 1993 in der Zeitschrift “Natur und Land” – gemeint war die “Ennsnahe Trasse”, ein Straßenbauvorhaben im steirischen Ennstal. Unser heutiger Beitrag über den Widerstand gegen dieses Projekt stammt aus den 1994 erschienenen “Grünen Informationen” zum Thema BürgerInnenbeteiligung. “Mündige BürgerInnen bestimmen mit – nicht nur am Wahltag”, heißt es auf dem Cover.

Übrigens: 2011 verlieh die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig an Barbara Stangel und die Bürgerinitiative NETT (Nein zur Ennsnahen Transittrasse) den “goldenen Igel”, eine Auszeichnung des Grünen BürgerInneninitiativenfonds BIV.

Download des gesamten Heftes: 212-buergerbeteiligung-am-anfang-hainburg (PDF, 6 MB)


Beispiel Ennstal: Der Widerstand ist erfolgreich

Die Ennsnahe Trasse zwischen Liezen und Trautenfels ist der Sündenfall der steirischen Umweltpolitik. Eine breite Bürgerbewegung wehrt sich seit Jahren erfolgreich gegen das Projekt, das mit allen politischen und juristischen Tricks gegen die Bevölkerung durchgedrückt werden soll.

Straße durch Landschaftsschutzgebiet

Noch lebt das Monsterprojekt einer Verbindung der Pyhrnautobahn A9 mit der Tauernautobahn A10. Der Straßenabschnitt zwischen Liezen und Trautenfels wurde vom Wirtschaftsminister verordnet. Schüssels Bonbon: Er soll in seiner gesamten Länge durch das Landschaftsschutzgebiet “Mittleres Ennstal” führen. Die dort typische Kulturlandschaft mit Heustadeln, Feuchtwiesen und wertvollen Mooren, die letzten Schwertlilienwiesen, Auwaldreste und die Brut- und Rastplätze vieler extrem seltener Vogelarten werden unwiederbringlich zerstört.

Die Straßenbaupläne riefen eine große Bürgerbewegung auf den Plan: Schon bei Anhörungsverfahren in den betroffenen Gemeinden im Jänner 1990 sprachen sich fast 5.000 Ennstaler und Ennstalerinnen gegen und nur knapp 1.000 für das Projekt aus.

Schonender Ausbau der Gesäuse-Straße

Die Bürgerinitiative NETT – Nein zur Ennsnahen Transittrasse – mit 3.800 Mitgliedern fordert den schonenden, wirtschaftlich günstigeren Ausbau der bestehenden B146. Kleinräumige Lösungen für Stainach, Wörschach, Weißenbach und Liezen sollen die von Lärm und Emissionen geplagte Bevölkerung entlasten, schlägt die NETT vor.

Um die Trasse gegen den erklärten Willen der Bevölkerung durchzusetzen, schrecken der zuständige Wirtschaftsminister Schüssel und die steirische Landesregierung nicht vor rechtswidrigen Weisungen zurück. Landeshauptmann Krainer hatte den von Enteignungen bedrohten Bauern versprochen, er werde keine steirischen Bauern enteignen. Weshalb er diesen Vorgang dem Parteikollegen Schüssel überließ — eine rechtlich höchst wacklige Konstruktion, wurden die betroffenen Landwirte so um eine Berufungsinstanz gebracht.

Mahnmal aus Beton

Beispiel Ennsnahe Trasse: Der Widerstand ist erfolgreich.

Beispiel Ennsnahe Trasse: Der Widerstand ist erfolgreich.

Landesrätin Klasnic und Minister Schüssel sind auch für den Schwarzbau der Sallaberger Brücke verantwortlich, die als Mahnmal aus Beton das zweifelhafte Demokratieverständnis von Bundes- und Landesregierung dokumentiert. Sie ließen trotz fehlender wasserrechtlicher Genehmigung den Bau der Trasse — widerrechtlich — beginnen. Erst von der NETT beigebrachte Gutachten und wiederholte Anzeigen konnten den Rechtsbruch stoppen. Der Hintergrund der Aktion: Klasnic mußte den Start der Bauarbeiten nachweisen, um die Frist für die zwingend vorgeschriebene naturschutzrechtliche Bewilligung einzuhalten. In diesem Verfahren ging es ähnlich herzhaft zu: So “übersahen” politische Weisungen der Landesregierung zwei geschützte Landschaftsteile, deren Schutz flugs von der Bezirkshauptmannschaft aufgehoben wurde. Das (vorläufige) Ende der Trasse konnten diese zweifelhaften Manöver nicht aufhalten. Am 20. Jänner dieses Jahres wurde eine erste Enteignung für die Ennstrasse als rechtswidrig aufgehoben. Anfang Mai annulierte der Verwaltungsgerichtshof zwei weitere Enteignungen. Der Minister mußte schließlich kleinlaut mitteilen, er werde keine weiteren Enteignungen mehr vornehmen. Barbara Stangl [korrekt Stangel, Anm.], Sprecherin der Bürgerinitiative NETT, freut sich “über den vorausgesagten Dominoeffekt: Der Ennstrasse gehen unabänderlich immer mehr Grundstücke verloren.”

Volksabstimmung

Eine obskure Volksabstimmung im Herbst soll nun die Entscheidung bringen. Obskur, weil “eine Abstimmung über ein illegales Vorhaben rechtsstaatlich undenkbar ist”, meint Stangl. “Über Ungesetzliches kann nicht abgestimmt werden. Hier wird der Bevölkerung fahrlässig und betrügerisch die intakte Möglichkeit zur Realisierung der Trasse vorgegaukelt.” Der hartnäckige Widerstand von unten gegen die drohende Transitlawine scheint doch noch Erfolg zu zeitigen. “Ein Erfolg”, so sagt Barbara Stangl, “der ohne die großartige finanzielle Unterstützung durch den Bürgerinitiativen-Fonds der Grünen nicht möglich gewesen wäre.”


Zum Weiterlesen

211/366: Schnitzel von der Alternativen Liste

ALsergrund 9 /1984

Baum gegen Schnitzel – ALsergrund 4 /1984

//zitat// In einer Anfrage wollten wir uns informieren, was der Herr BVorst. [Bezirksvorsteher Wolfgang Schmied, ÖVP, Anm.] zu unternehmen gedenkt, falls die 18 Bäume im Bereich der US-Botschaft doch gefällt werden sollten. Nun: Laut eigener Aussage hat er zwar keine rechtlichen Mittel dagegen, will sich aber gerne mit uns an die Bäume anketten lassen, soferne ihn die ALW [Alternative Liste Wien, Anm.] mit genügend Wr. Schnitzeln versorgt.

[…] Unser Antrag auf die Entfernung der Pflastersteine rund um die Pappeln vor dem Fr.-Josefs-Bahnhof bringt Erstaunliches zutage: Die Polizei war seinerzeit gegen eine ‘lose’ Verpflasterung der Baumscheiben, da ja die Steine dazu benützt werden könnten, etwas einzuschmeißen… Vielleicht überlegt man sich auch, daß ja auch die Bäume böswillig gefällt werden könnten (ev. zwecks Barrikadenbaues?).Unsere Sorge um den Baumbestand stößt z.T. auf gellendes Gelächter, man schlägt eine ‘Baumbefragung der Baumbasis’ vor und zeigt damit, wie ernst es den etablierten Parteien um ‘mehr Grün für Wien‘ ist. Schließlich erklärt man uns gönnerhaft, daß man ja der Vertreterin der ALW auch ein kleines Erfolgserlebnis gönnen möchte und daher diesem Antrag ebenfalls zuzustimmen gewillt ist – und stößt damit nicht durchwegs auf Zustimmung: ‘Wir haben ja eh schon einen angenommen’. //zitatende//


Alternative Liste Alsergrund über die Bezirksvertretungssitzung am 8. März 1984, veröffentlicht in der Zeitschrift “ALsergrund” vom 9. April 1984

210/366: KHG und die Unmutsverschuldung

Zur Nationalratswahl 2013 wurde das Schüssel-Quartett aufgelegt: hier die Herren KHG, Meischberger, Hochegger und Rumpold.

Zur Nationalratswahl 2013 wurde das Schüssel-Quartett aufgelegt: hier die Herren Grasser, Meischberger, Hochegger und Rumpold.

Jetzt wo die Korruptionsstaatsanwaltschaft Anklage gegen Karl-Heinz “KHG” Grasser in Sachen Buwog und Terminal-Tower erhoben hat, werfen wir einen Blick zurück: Wer kann sich bei der Unmenge an öffentlich gewordenen Fällen denn eigentlich noch erinnern, in welchem Zusammenhang die Frage “Wo woa mei Leistung?” wirklich gestellt wurde? Und was war für wen ganz selbstverständlich “part of the game”? Wie war das mit Lucona und Noricum, mit Tetron, Telekom, Mobtel, mit Hypo, Bawag, Buwog, Bewog?

Die Grüne Bildungswerkstatt stellte 2012 mit dem Buch “Unmutsverschuldung” ein Navigationsinstrument im Dschungel von anrüchigen Geldtransfers und Korruption zur Verfügung. Wir bringen heute im Blog einen Auszug aus der Akte Grasser.


Akte Grasser

Fall: Der schwarze Ikarus (anhängig)
Involvierte Personen: Karl-Heinz Grasser, Finanzminister von Februar 2000 bis Jänner 2007
Ermittlungsgegenstand: Amtsmissbrauch, Steuerhinterziehung

Karl-Heinz Grasser (erst FPÖ, dann ÖVP) ist bei Amtsantritt gerade mal 31 Jahre alt. Er ist Österreichs jüngster und angeblich auch schönster, intelligentester und erfolgreichster Finanzminister aller Zeiten. Als Sunny-Boy der schwarzblau/orangen Koalitionsregierungen ist er lange Zeit das populärste Regierungsmitglied.

Doch der Verdacht besteht, dass sich der sich als Traumschwiegersohn inszenierende Grasser und seine Freunde ungeniert aus dem Volksvermögen bedient haben. Der ehemalige Kabinettschef im Infrastrukturministerium Willi Berner berichtet von einem regelrechten schwarzblauen Masterplan, wie von Privatisierungen persönlich profitiert werden könnte.

Und tatsächlich ist in Grassers gesamter Amtszeit ein Muster erkennbar: Deal um Deal wird durchgezogen und die Hauptprofiteure sind immer die gleichen: Grassers Vertraute wie Trauzeuge Walter Meischberger, aber auch PR-Guru Peter Hochegger oder Immobilienmakler Ernst Karl Plech kommen immer wieder zufällig zu extrem lukrativen Geschäften.

Die Grünen luden 2012 und 2013 zu "Korruptionsclubbings", die KHg-Buttons befinden sich im Grünen Archiv.

Die Grünen luden 2012 und 2013 zu “Korruptionsclubbings”, die KHG-Buttons befinden sich im Grünen Archiv.

Homepage

Die sogenannte Homepage-Affäre kratzt schon 2003 am Lack des Strahlemanns. Die Industriellenvereinigung überweist 175.000 Euro für Grassers private Website. Über Subunternehmen schneiden Grassers Vater, Hochegger und Meischberger am Kuchen mit. Der Vorwurf, Grasser habe Schenkungssteuer hinterzogen, führt zu Erhebungen der Staatsanwaltschaft, das Finanzministerium stellt seinem Chef jedoch einen Persilschein aus.

Buwog

Bei der Privatisierung der Buwog setzt sich 2004 das siegreiche Konsortium denkbar knapp durch. Mit 961 Millionen Euro bietet es nur 0,1 Prozent mehr als die Konkurrenz. 9,61 Millionen Euro fließen danach an Hochegger und Meischberger. Ob auch Plech und Grasser hinter jenen Konten stehen, auf denen ein Teil des Geldes letztlich landet, ist noch unklar. Sicher ist sich Meischberger jedenfalls, dass der Tipp über die Höhe des Konkurrenzangebots weder von Grasser noch von Plech gekommen ist.

Julius Meinl und KHG am zweiten Korruptionsclubbing (2012). Foto: Die Grünen Österreich

Julius Meinl und KHG am zweiten Korruptionsclubbing (2012). Foto: Die Grünen Österreich

Dorotheum

Schon 2001 wird das Dorotheum privatisiert. Der Verkaufspreis von 955 Millionen Schilling (69 Millionen Euro) liegt gerade einmal um 5 Millionen Schilling höher als das Gebot der zweiten Interessenten. Plech und Hochegger stehen diesmal auf der Verliererseite, ersterer soll aber das Gebot ihres Konsortiums über Meischberger an die Sieger verraten haben. Auf einem Konto in Liechtenstein, das womöglich Grasser zuzurechnen ist, sind 236.000 Euro in bar eingezahlt worden.

Terminal-Tower

Oberösterreichs Finanzbehörden sollten an einem Ort konzentriert werden. Der Umzug in den von der Porr errichteten Terminal Tower stieß auf Widerstände. Die Porr zahlte wenig später 200.000 Euro an eine zypriotische Briefkastenfirma von Hochegger und Meischberger für “Projekterkundungen für Hotels, Büros und Einkaufszentren in Rumänien”. Natürlich ohne jeden Zusammenhang ist der Terminal Tower Ende 2005 plötzlich doch wieder zurück im Rennen und im März 2006 unterschreibt Grasser schließlich den Mietvertrag.

Für die genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.


Grüne Bildungswerkstatt (Hrsg.in): Unmutsverschuldung. Ein Kompendium österreichischer Unschuldsvermutungen. Redaktion: Georg Maißer. AutorInnen: Leila al-Serori, Augusta Dachs, Kris Hartmann, Georg Maißer, Elke Mayerhofer, Thomas Mördinger, Thomas Schobesberger, Michael Schmid, Carina Wellisch, Daniela Wiebogen, Franziska Zoidl. Zeichnungen mit Vierfarbkugelschreiber: Wolfgang Zinggl. 1. Auflage. Wien: PlanetVerlag 2012, CC-BY-NC-SA

Beide Auflagen der Printversion sind vergriffen, hier gibt es das ganze Buch (Stand 20. August 2012) zum Download: 210-gbw-unmutsverschuldung-buch (PDF, 5 MB)

209/366: Atomteststopp jetzt

Atomteststopp jetzt!

Atomteststopp jetzt!

“Ich bin auch für den Teststopp, aber was kann ich schon dafür tun?”

Das war eine der häufigsten Reaktionen, als wir die ersten 70.000 Unterschriften für einen sofortigen, weltweiten Atomteststopp gesammelt haben.

Jetzt können wir eine sehr konkrete Antwort darauf geben: Die Aktionen der Österreichischen Friedensbewegung, die 70.000 Unterschriften, haben bewirkt, daß der österreichische Ministerrat sich mit einem einstimmigen Beschluß an die Regierungen der USA und der UdSSR gewandt hat, in dem unter anderem festgehalten wird:

“Österreich fordert, daß bis zum Abschluß eines vollständigen Atomteststopp-Vertrags auf weitere Nukleartests verzichtet wird, da dies ein konkreter Schritt zur Beendigung des atomaren Wettrüstens wäre.”

Nicht nur in Österreich, sondern auch international erheben sich immer mehr Stimmen gegen den Wahnsinn des Wettrüstens (für einen Teststopp treten unter anderem ein: Die Initiative der sechs Staats- und Regierungschefs, die Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg, führende Politiker weltweit, bis in Regierungskreise der USA, das US-Repräsentantenhaus, einzelne Wissenschaftler und ganze wissenschaftliche Organisationen, Gewerkschaften, führende Vertreter kirchlicher Organisationen, z.B. die US-amerikanische Bischofskonferenz, …). Die Forderung nach Atomteststopp nimmt dabei einen zentralen Stellenwert ein und das mit Recht!

  • Mit Hilfe der Atomtests werden immer neue, noch schrecklichere Waffen entwickelt; das gilt insbesondere für das SDI-Programm der USA, das das Wettrüsten auf den Weltraum ausdehnen würde.
  • Weiters soll mit den Tests überprüft werden, wie sich die Technik unter den Bedingungen eines Atomkriegs “bewährt”.
  • Auch unterirdische Tests stellen eine radioaktive Belastung der Umwelt dar, da immer wieder Strahlen in die Atmosphäre gelangen.
  • Ein vollständiger Atomteststopp wäre ein wesentlicher Beitrag zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Kernwaffen.
Aktionen der österreichischen Friedensbewegung für den Atomteststopp.

Aktionen der österreichischen Friedensbewegung für den Atomteststopp.

Forderung nach Moratorium

Ein konkreter Weg zu einem Atomteststopp-Abkommen hat sich mit dem 19monatigen Verzicht der Sowjetunion auf Atomtests gezeigt. Wir fordern, daß es jetzt zu einem beiderseitigen Moratorium der USA und der UdSSR kommt – die Sowjetunion hat angeboten, ihre Tests auf des Grundlage der Gegenseitigkeit, wenn auch die USA auf ihre Versuche verzichten, wieder einzustellen.

Ein umfassender, weltweiter Atomteststopp-Vertrag wäre ein erster Schritt zur Beendigung des Wettrüstens. Deshalb sind auch in Österreich weitere Aktivitäten dafür notwendig!

Beteiligen auch Sie sich/beteilige auch Du Dich an den Aktionen der Österreichischen Friedensbewegung. Gemeinsam für “Atomteststopp Jetzt!”

Unterschriftenlisten, Materialien, Informationen, … gibt es bei: Österreichische Friedensbewegung, in der Informationsstelle für Friedensarbeit; Kenyongasse 18, 1070 Wien, Tel.: 0222/93 19 494. (DI und DO zwischen 10.00 Uhr und 18.00 Uhr)

208/366: Günther Nenning und das verflixte Religiöse

Grün-Alternative Zeitung GAZ vom November 1992.

Grün-Alternative Zeitung GAZ vom Dezember 1992 mit Themenschwerpunkt Religion.

“Das Grüne ist tatsächlich eine religiöse Bewegung, und insofern reicht sie übers Politische hinaus. Bei Grüngegnern ist dies ein Gegenstand des Spottes, es ist aber ein Ehrentitel”, schrieb Günther Nenning im Dezember 1992 in einem sicher kontroversen Beitrag für die Grün-Alternative Zeitung GAZ.

In dieser “Weihnachtsausgabe” sind außerdem Beiträge über die Theologie der Befreiung in Lateinamerika, Eugen Drewermann, die Frage “ChristInnen und Grüne – wie geht das zusammen?” und den Arbeitskreis ChristInnen und Grüne erschienen.


Das verflixte Religiöse

Günther Nenning über osmotische Prozesse

// Überall wo Grüne auftreten, stehen sie in einem politischen Bündnis mit Kräften, die ideologisch eigentlich nicht zusammenpassen – nicht untereinander und nicht mit den Grünen: Linke (Restsozialisten, Restliberale, Restprogressive). Die aber sind immer für Industriegesellschaft und Naturbeherrschung – die Grünen aber nicht oder nur mit großer Skepsis.

Christen vom progressiven Flügel – die aber denken z.B. in Sachen Abtreibung oft anders als viele Grüne und fast alle Linke.

Das Bündnis Grüne/Linke/Christen ist praktisch, weil es in allen aktuellen Fragen rasch zur Hand ist (z.B. Ausländerfrage). Ohne dieses Bündnis wären die Grünen weniger wirksam.

Es ist auch eine fruchtbare Spannung drin. In der praktischen Zusammenarbeit ideologisch verschiedener Partner lernt man voneinander. Es kommt zu osmotischen Prozessen.

Die Grünen, die zum Nichts-als-Grünen neigen, kriegen von ihren “linken” Partnern sozialpolitische Impulse. Von den Christen kriegen die Grünen Impulse in Sachen Abtreibung. (“Kann ich für die Frösche in der Au sein, wenn ich nicht für die Frösche im Mutterleib bin”, formulierte ich seinerzeit nach Hainburg.)

Der Nachteil dieser nun schon selbstverständlichen Dreierkoalition Grüne/Linke/Christen ist, daß sie so schmal ist. Sie läßt große Gruppen draußen, die für das Vorwärtskommen in grünen Fragen entscheidend sein können und insofern dazugehören: grüne Rote, die aber nicht links sind (Rotkonservative); grüne Schwarze, die aber nicht christlich-progressiv sind, sondern ÖVP- oder Krenn-Menschen; grüne Blaue, die aber nicht braun sind oder nur hellbraun. Ich bin sehr für dieses erweiterte Grünbündnis (Pilz-Koalition), aber es wäre ja närrisch, deswegen die bewährte Grüne/Linke Christen-Koalition fahren zu lassen. Weiterlesen

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