grüner Schriftzug mit Rufzeichen auf grauem UntergrundWozu zwei Grünparteien? Was unterscheidet sie voneinander? Diese Fragen versuchten die Vereinten Grünen in einem “Grünen Wegweiser” – natürlich aus ihrem Blickwinkel – zu beantworten. Die vierseitige Publikation des Landesverbandes Wien der Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) wurde im Wiener Stadt- und Landesarchiv (Bestand 1.104.3 – Die Grünen) gefunden. Der Text hat keine Jahresangabe, dürfte aber mit späte 1980er bzw. frühe 1990er datiert werden können.

Die VGÖ, eine “ländlich-ökologische Bewegung”, wurde 1982 von Alois Englander gegründet. Die bürgerlich-grüne Partei trat bei vier Nationalratswahlen gegen andere Grünparteien an (1983 gegen die Alternative Liste Österreichs, 1986 gegen die Grüne Alternative und Die Grünalternativen – Demokratische Liste (GAL), 1990 und 1994 gegen die Grüne Alternative), schaffte den Einzug jedoch nicht.

Die Liste bietet sicher jede Menge Diskussionsstoff…


Grüner Wegweiser! Wozu zwei Grünparteien? Was unterscheidet sie voneinander?

//zitat// VGÖ: eine Grünpartei ohne “Nebenfarben”, gemäßigt, demokratisch bürgernah, “radikal” nur inbezug auf die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Alternative: Partei mit grüner Deckfarbe, unter der es nicht selten rötlich bis blutrot schimmert.

VGÖ: Positiv kritisch, staats- und gesellschaftsbejahend
Grüne Alternative: destruktiv kritisch, überwiegend staats- und gesellschaftsfeindlich

VGÖ: betonte ideologische Abgrenzung nach rechts und links
Grüne Alternative: linkslinke Partei zwischen Kommunismus und dem linken Rand der SPÖ angesiedelt (besonders in Wien)

037-vgoe-gruener-wegweiser-oekosozialVGÖ: Für eine ökosoziale Marktwirtschaft, mit deren Dynamik die Mittel für die Umweltsanierung erwirtschaftet werden müssen
Grüne Alternative: Für eine ökosozialistische, antikapitalistische Planwirtschaft

VGÖ: Leistungsfreundlich unter Berücksichtigung ökosozialer Gesichtspunkte
Grüne Alternative: Leistungs- und wirtschaftsfeindlich

VGÖ: Akzeptanz der Polizei als notwendiges Ordnungsinstrument bei scharfer Verurteilung einzelner Übergriffe
Grüne Alternative: Totaler Kampf gegen die “faschistoide Prügelpolizei”

VGÖ: Gegen Basislohn ohne persönliche Gegenleistung
Grüne Alternative: Für hohen, arbeitsfreien Basislohn ohne entsprechenden Bedeckungsvorschlag

VGÖ: Für einen geordneten Rückzug aus der Verstaatlichten Industrie, weil Milliardendefizite nicht länger finanzierbar sind.
Grüne Alternative: Für die Erhaltung unproduktiver Arbeitsplätze um jeden Preis.

VGÖ: Für ein harmonisches Miteinander und Zusammenleben der Geschlechter in der Gesellschaft ohne jede Benachteiligung der Frauen.
Grüne Alternative: Für den radikalen Kampf der Frauen gegen die tatsächliche und vermeintliche Schlechterstellung der Frauen.

VGÖ: Für die großzügige Förderung der Minderheiten in Österreich zur Wahrung ihrer Identität.
Grüne Alternative: Für die demagogische Mobilisierung von Minderheiten gegen die Mehrheit, um daraus politisches Kapital zu schlagen.

Grüne Alternative: Abschätzige Ablehnung der christlichen Religion
VGÖ: Toleranz; Motto: “Jeder soll nach seiner eigenen Façon glücklich werden”.

VGÖ: Vehemente Verurteilung von Rassismus, Faschismus und “realem Sozialismus” osteuropäischer Prägung
Grüne Alternative: Verurteilung von Rassismus und Faschismus ohne den “RS”

VGÖ: Gegen Apartheid, US-Einmischung in Mittelamerika und Afghanistan
Grüne Alternative: Nur gegen Apartheid und US-Politik in Mittelamerika

VGÖ: Kritische Aequidistanz zu den waffenstarrenden Supermächten USA und Sowjetunion
Grüne Alternative: Zumindest partielle Präferenz der Sowjetunion

VGÖ: Radikaler Abbau des Rüstungspotentials in Ost und West ohne Einäugigkeit. (Die SS 20 Raketen sind genauso des Teufels wie die Pershingraketen)
Grüne Alternative: Zumindest partielle Einäugigkeit bei der Verurteilung des Atomwaffenpotentials zugunsten des Ostens.

VGÖ: Für die Aufrechterhaltung der Landesverteidigung auf Sparflamme, um dem Neutralitätsstatut zu genügen. (Keine Abfangjäger, keine Lenkwaffen).
Grüne Alternative: Für die Abschaffung des Bundesheeres

VGÖ: Für eine ausgewogenere und gerechtere soziale Symmetrie; Verringerung der Differenz zwischen Höchst- und Niedrigsteinkommen
Grüne Alternative: Kampf dem Profit und für radikale Umverteilung des Volksvermögens

VGÖ: Für den Abbau bürokratischer Autorität in den Schulen (dies gilt vor allem auch für die Lehrer gegenüber den Schulbehörden) aber Respekt vor der natürlichen Autorität, die sich aus der Persönlichkeit und Menschlichkeit des Lehrenden ableitet
Grüne Alternative: Radikale Ablehnung jeder Autorität vor allem in der Schule; “Selbstbestimmung der Schüler”

VGÖ: Für die Erhaltung zeitloser Werte, die unabhängig von Zeit und Raum sind, und mit der menschlichen Vernunft als solche erkannt werden können.
Grüne Alternative: Für die Auflösung, Hinterfragung und Relativierung aller Werte

VGÖ: Für die Freiheit der Kunst in Bild, Wort und Schrift, sofern dabei nicht Verbrechen verherrlicht werden und man sich nicht rücksichtslos über die Gefühle großer Bevölkerungsteile und die Sitten fremder Völker hinwegsetzt.
Grüne Alternative: Für die absolute Freiheit der Kunst, die aber – wie auf allen anderen menschlichen Gebieten – Utopie ist und auch ethisch nicht vertretbar ist

VGÖ: Für die Zurücknahme der individuellen Interessen und Vorteile zugunsten der Interessen der Mitmenschen und der Gemeinschaft.
Grüne Alternative: Für die Auslebung eines schrankenlosen ichbezogenen Individualismus

VGÖ: Positiv lebensbejahend
Grüne Alternative: z.T. destruktiv und lebensfrustriert //zitatende//