Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Schlagwort: Vereinte Grüne (Seite 4 von 4)

35/366: United Colors of Beton

Die Grüne Alternative informiert: United Colors of Beton. PLakat zu den Gemeinderatswahlen Wien 1991

Die Grüne Alternative informiert: United Colors of Beton. Plakat zu den Gemeinderatswahlen Wien 1991

Eine grüne Alternative gegen die Betonschädeln von SPÖ, ÖVP und FPÖ – sagt eines der Plakatsujets zur Gemeinderats- und Landtagswahl in Wien im Jahr 1991. Den Grünen gelang in diesem  Jahr  erstmals der Einzug ins Rathaus – mit sieben Mandaten. Der Sitz im Stadtsenat wurde von Christoph Chorherr wahrgenommen, Klubobmann wurde der Spitzenkandidat Peter Pilz. Bei den am selben Tag stattfindenden Bezirksvertretungswahlen kam die Grüne Alternative auf durchschnittlich 8,83 Prozent und insgesamt 63217 Stimmen, was ihr 102 von 1082 Mandaten brachte.

Die Vereinten Grünen erreichten insgesamt nur sechs Mandate, je eines in den Bezirken Leopoldstadt, Landstraße, Penzing, Währing, Donaustadt und Liesing.

30/366: Ländlich-ökologische oder städtisch-soziale Bewegung

1984 definierte die Alternative Liste Wien in ihrer Zeitschrift den Unterschied zwischen der Alternativen Liste und den Vereinten Grünen so:

//zitat// Die VGÖ wurzelt in einer “ländlich-ökologischen” Bewegung: Sie gewinnt ihre Kraft und Stärke aus ihren Vorstellungen und Vorschlägen zur Erhaltung der Natur, zur Sauberkeit der Flüsse, der Luft, zur Rücksichtnahme auf die Natur,… Die ALÖ ist eine “städtisch-soziale” Bewegung. Sie bezieht die Kraft aus jenen Gruppen und Initiativen, die mehr und mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden (Friedensbewegung, Frauenbewegung, Kranke, “Behinderte”, Schwule…) //zitatende//

25/366: Wir müssen uns jetzt einmischen

In der Zeitschrift “Offensiv links” erschien 1982 ein Interview mit Fritz Zaun und Peter “Piet” Grusch. Thema: die Gründung der Alternativen Liste Österreich und ihre geplante Kandidatur bei der Nationalratswahl 1983. Der Text “Wir müssen uns jetzt einmischen” erschien in der Ausgabe 68 vom Oktober 1982 (S. 19 bis 21) der Zeitschrift “Offensiv links” und wird mit freundlicher Genehmigung der Bewegung für Sozialismus hier wiedergegeben. Dieser Text und viele weitere finden auch auf der akin-Archiv-DVD, die für 30 Euro bei der akin-Redaktion bezogen werden kann.

Die Entscheidung ging übrigens für den Antritt aus. Bei der Wahl am 24. April 1983 erreichten die “Vereinten Grünen Österreichs – Liste Tollmann” 93.798 Stimmen und damit 2,0 Prozent; die Alternative Liste Österreichs kam auf 65.816 Stimmen und 1,4 Prozent. Beide verfehlten damit klar den Einzug in den Nationalrat. Bruno Kreisky trat nach dem Verlust der absoluten Mehrheit für die SPÖ zurück, Fred Sinowatz wurde Bundeskanzler einer SPÖ-/FPÖ-Koalition, Vizekanzler wurde Norbert Steger.


025-offensivlinks-logo//zitat// Spätestens beim gesamtösterreichischen Alternativentreffen in Röthelstein stand fest, daß bei der nächsten Nationalratswahl im Frühjahr 1983 kandidiert wird. Die Gründungsversammlung der “Alternativen Liste Österreichs” (ALÖ) findet am 5. November in Graz statt. Diese Entwicklung beobachten viele Linke, aber auch Teile der Alternativen, mit Skepsis. Ist es für eine bundesweite Kandidatur nicht zu früh? Reichen die vorhandenen Kapazitäten auch aus, um einen Wahlkampf zu führen, der sich qualitativ wirklich von dem der etablierten Parteien unterscheidet? Die wachsende Bedeutung der alternativen Wahlbewegung führte auch innerhalb der BFS [Bewegung für Sozialismus, Anm.] zu Auseinandersetzungen und Diskussionen. Einige Genossen und Genossinnen engagieren sich in den AL’s. Aus aktuellem Anlaß führte OFFENSIV LINKS mit den Genossen Fritz ZAUN, Mitglied der Leitung der BFS und der GE-Leitung der GPA, und Peter GRUSCH, Vorstandsmitglied der GE [Gewerkschaftliche Einheit, Anm.], ein Gespräch. Beide sind seit längerem in der Alternativbewegung aktiv. Fritz Zaun unter anderem als Gemeinderat der AL Baden, Peter Grusch als Mitglied der AL Wien. Das Gespräch führte Christof Reinprecht.

OFFENSIV LINKS: Einleitend möchte ich Euch fragen, was Eurer Meinung nach für eine Kandidatur spricht, und was dagegen?

PETER GRUSCH: Zuerst einmal: Ich habe keine Einwände zur Parteigründung selbst, auch in der Plattform gibt’s für mich keine Punkte, die ich prinzipiell ablehnen würde. Für mich spricht allerdings einiges gegen eine Kandidatur bei den nächsten Nationalratswahlen. Für die Alternative Liste Wien käme da ein einjähriger Wahlkampf zu, der die AL Wien kräftemäßig, finanziell und zeitmäßig total überfordern würde. Dazu kommt, und das meine ich jetzt gar nicht wertend, daß in den Bundesländern die Bewegung erst im Entstehen und somit noch schwach ist. Das gilt ja auch für Wien. Man muß es ganz klar sehen: es strömen keine Massen zur AL. Seitdem es einen regelmäßigen Infostand gibt, seit ca. 6 Monaten also, haben 1200 Personen ihr Interesse angemeldet. Und das ist nicht viel.
Ich bin auch nicht optimistisch, daß die Erfolge der Grünen in der BRD [die Grünen waren in einige deutsche Landtage eingezogen, Anm.] österreichweit einen Nachfolgeeffekt haben werden. Dazu ist doch die Ausgangssituation in der BRD eine ganz andere als bei uns: Massenarbeitslosigkeit, NATO-Nachrüstungsbeschluß und unzählige Basisinitiativen bestimmen dort das Bild. Prinzipiell meine ich daher, daß es weitaus günstiger wäre, in den Gemeinden und Städten anzufangen und dort fortzufahren, wie es bereits erste Ansätze gibt.
Sicherlich spricht auch einiges für eine Kandidatur. So besteht etwa bei den Nationalratswahlen die Möglichkeit, daß noch nicht angesprochene und noch nicht sensibilisierte Menschen der AL zulaufen. Und in der bundesweiten Kampagne können wir auch Wiener Probleme ansprechen.
Aber insgesamt fühlen wir uns, um ehrlich zu sein, selbst noch etwas zu schwach. Weiterlesen

24/366: Kampf gegen “Zerstörung, Packelei und soziale Kälte”: die Salzburger Bürgerliste

Titelblatt der Festschrift "20 Jahre Bürgerliste".

Titelblatt der Festschrift “20 Jahre Bürgerliste”, 1997 (Grünes Archiv, Inventarnr. 905). Karikatur von Thomas Wizany.

In den späten 1970er Jahren kam es in Österreich zu ersten grünen Kandidaturen bei Gemeinderatswahlen. Die Bürgerliste, ein Zusammenschluss verschiedener BürgerInneninitiativen, zog 1977 mit zwei Mandaten in den Gemeinderat der Stadt Salzburg ein – Gemeinderäte wurden Herbert Fux und Richard Hörl. Zum zwanzigjährigen Bestehen 1997 wurde eine Jubiläumsschrift veröffentlicht, die von einer kleinen Gruppe unabhängiger JournalistInnen redigiert wurde und nicht (nur) die bei einem solchen Anlass zu erwartenden Gratulationen, sondern auch kritische Auseinandersetzungen mit der grünen Politik in Salzburg enthält. Positives Fazit der Bürgerliste im Vorwort: “Die Gruppe engagierter SalzburgerInnen, die der Zerstörung, der Packelei und der sozialen Kälte den Kampf angesagt hat, konnte weit mehr erreichen, als selbst Wohlmeinende Ende der 70er Jahre zu hoffen wagten”.

Bürgerliste = Bürgerinnenliste?

Die Sozialwissenschaftlerin Ulrike Gschwandtner beschrieb in ihrem Beitrag, warum aus ihrer Sicht “die Bürgerliste nicht unbedingt eine Bürgerinnenliste” war:

//zitat// Eigentlich könnte sich ein Artikel über das Verhältnis zwischen Bürgerliste und “Frauen” auf folgende kurze Darstellung beschränken. In ihrer Entwicklung unterscheidet sich die Bürgerliste nicht wesentlich von der Sozialdemokratie oder der Volkspartei: Den “Gründervätern” (Hörl, Ziesel, Fux) folgen “Kronprinzen” (Voggenhuber, Padutsch) nach. Die erste Frau wurde unter anderem deshalb nominiert, weil ein Mann meinte. “Es muß eine Frau auf der Liste geben.” 1982 kam so Dietlinde Kurz, Aktivistin gegen den Bau einer Stadtautobahn, als erste Frau für die Bürgerliste in den Gemeinderat, 1988 wurde Elisabeth Moser in den Gemeinderat kooptiert, 1992 wurden mit Ulrike Saghi und Angelika Gasteiner zwei weitere Frauen Gemeinderätinnen der Bürgerliste. (…)
Die Stadt Salzburg – und dies ist der maßgebliche Kontext, in dem sich die Politik der Bürgerliste bewegt – ist nach wie vor fest in männlicher Hand. Alle wesentlichen Positionen wie Bürgermeister, dessen Stellvertreter sowie die restlichen Regierungsmitglieder sind von Männer besetzt. (…)
Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die Tatsache, daß die Frauen der Bürgerliste nicht aus der Frauenbewegung kommen und sich auch nicht als Feministinnen verstehen. Weiterlesen

11/366: Kärnten, Land unter der Käseglocke

auf dem Titelbild: Karin Prucha, die Spitzenkandidatin der Kärntner Grünen für die Landtagswahl 1994.

auf dem Titelbild: Karin Prucha, die Spitzenkandidatin der Kärntner Grünen für die Landtagswahl 1994. Foto: Fotostudio Mostegli, Layout / Graphik: Jo Frost.

“Land unter der Käseglocke. Der schwere Stand der Kärntner Grünen”, titelt das grüne Monatsmagazin “Impuls” im Winter 1993 und kommentiert: “Die Grünen an Drau, Gail und Lavant sind neben dem Burgenland einer der wunden Punkte des Grünen Projekts”. Beim ersten Antritt zu einer Landtagswahl am 12. März 1989 hatte die “Wahlplattform Anderes Kärnten / Drugačna Koroška”, der auch die Grüne Alternative angehörte, nur 1,69% erreicht. Die Vereinten Grünen hatten 1,59% erzielen können. Karin Prucha, die grüne Spitzenkandidatin, will sich bei der Landtagswahl am 13. März 1994 “in die Höhle des Lindwurms” wagen. Ein Portrait von Thomas Hohenberger aus dem Dezember 1993. Titel: “Langer Atem”.


//zitat// Die Enge im Land läßt viele KärntnerInnen das Weite suchen. Karin Prucha, Spitzenkandidatin der Kärntner Grünen für die Landtagswahlen im März, ging den umgekehrten Weg.

Karin Prucha zieht es schon früh Richtung Süden. Nach Kärnten, woher die Familie ihrer Mutter kommt. Zur Bundeshauptstadt hat sie bis heute keine wirkliche Beziehung entwickelt: “Wien habe ich nicht ausgehalten. Ich bin zwar dort zur Schule gegangen, aber sobald drei Tage frei waren, bin ich sofort nach Kärnten gefahren”. Kindheit und Jugend in der Bundeshauptstadt hinterlassen einen schlechten Nachgeschmack. So ist es nur logisch, daß sich ihre Blicke nach Beendigung der Schule immer begehrlicher auf Klagenfurt richten. Doch vorerst ist noch ein Zwischenstopp in Graz an der Reihe. Das geplante Studium an der Sozialakademie scheitert jedoch an nicht vorhandenen Wohnmöglichkeiten in der steirischen Hauptstadt. Statt einer Wohnung bekommt sie jedoch die Information, daß in Klagenfurt die Studienrichtung Medienkommunikation angeboten wird. “Ich habe mir gedacht, das ist so ein Mittelding aus Publizistik, Theater- und Politikwissenschaft”. Im Herbst 1983 startet die Kärnten-Liebhaberin deswegen einen neuerlichen Versuch in Sachen Studium, diesmal am Wörthersee. Wie sich nach und nach herausstellt, ist es zwar nicht das erhoffte Studium, dafür aber ein willkommener Grund, in Klagenfurt zu bleiben. Die politische Situation im Frühjahr ’84 ist auch für nicht in Kärnten Aufgewachsene kaum zu übersehen. Der Kärntner Heimatdienst heizt gerade mit seinem berüchtigten Schul-Volksbegehren [zweisprachige Schulen sollte es nur mehr in Orten geben, in denen Slowenisch zweite Amtssprache ist, was die Zahl auf ein Sechstel reduzieren würde, Anm.] die zumindest latent vorhandenen nationalistischen Ressentiments gegen die slowenische Volksgruppe an. Jörg Haider ist ohnehin nicht zu übersehen. Weiterlesen

4/366: 10 Gebote für grüne Aktivisten

Die Vereinten Grünen Österreichs, eine der Vorläuferparteien der heutigen Grünen, stellten 1985 in ihrer Zeitschrift “Grüne Blätter” zehn Verhaltensregeln für grüne Aktivistinnen und Aktivisten auf.

Zu beurteilen, was davon noch Gültigkeit hat und wie es mit der Umsetzung im politischen und gremialen Alltag aussieht, sei den geneigten Leserinnen und Lesern überlassen. Manche Formulierungen würden heutzutage wohl keinen Platz mehr in grünen Grundsatzpapieren finden.


Vereinte Grüne: 10 Gebote für grüne Aktivisten. In: Grüne Blätter 23/1985 (Grünes Archiv Oberösterreich)

Vereinte Grüne: 10 Gebote für grüne Aktivisten. In: Blätter 23/1985 (Grünes Archiv Oberösterreich)

//zitat// 1.) Du sollst rational wie emotional betroffen und erschüttert sein sowohl über die Umweltsituation in Deinem engeren Lebensbereich als auch über die globale Verschlechterung des Ökosystems.

2.) Du sollst es bei diesen Erkenntnissen nicht bewenden lassen, sondern alles in Deiner Macht stehende tun, um in Wort, Schrift und Tat gegen die drohende Umweltkatastrophe anzukämpfen.

3.) Du sollst bei diesem Kampf für eine starke Grünbewegung, die allein in der Lage ist, die ökologischen Bedinungen in unserem Land entscheidend zu verbessern, Deine persönlichen Interessen (grüne Politkarriere etc.) dem erwähnten Ziel völlig unterordnen. Es geht nicht um die Befriedigung Deiner persönlichen Eitelkeit und Geltungssucht, sondern ausschließlich um die Sache. Dienst Du mit Deiner Mitarbeit dem grünen Gesamtinteresse, so sei Dir das Gefühl der Selbstverwirklichung von Herzen gegönnt!

4.) Sei bescheiden und erkenne Deine Grenzen! Nichts wäre für die Grünen fataler, als wenn das Peter’sche Prinzip, wonach jeder in Regel soweit die Karriereleiter hinaufsteigt, bis er inkompetent geworden ist, auch für uns Geltung hätte!

5.) Freue Dich über Erfolge, die andere für die grüne Sache erringen, als wären sie Deine eigenen! Weiterlesen

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