Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Monat: Juni 2016 (Seite 3 von 3)

161/366: Stop dem Autowahn

Stopp dem Autowahn

Keinen Meter mehr! Stopp dem Autowahn (Flugblatt 1990)

Am 11. Mai 1990 organisierten über neunzig Verkehrsinitiativen aus ganz Österreich eine Demonstration vor dem Parlament – zur “Demontage und Korrektur einer verfehlten Verkehrspolitik”. Hier der Text eines Aufrufs, der in der Zeitschrift “Tatblatt” abgedruckt wurde.

// Jahrzehntelang wurden Straßenschneisen nach den schier unersättlichen Bedürfnissen der Wirtschaft kreuz und quer durch’s Land geschlagen: war es zuerst die Forderung nach Transportkapazitäten für eine rasch wachsende Industrie, ist es jetzt der aufgeblähte Maschinenpark (und wohl nicht nur der) der Baufirmen, die die Betonmischmaschinen in Gang halten. Die Politiker – teilweise eng verflochten mit der Baulobby – mischen brav mit und werden damit der Verantwortung gegenüber diesem Teil der “Bevölkerung” mehr als gerecht. Die Entscheidungen über Bau bzw. Nichtbau von Straßen sind also politischer, nicht verkehrstechnischer Natur. Voraussetzung ist der Wille zu einer auf Verkehrsvermeidung bedachten Politik, die Zuwächse nicht als schicksalhafte Ereignisse betrachtet.

Der Osten Österreichs befindet sich in einer Situation, in der die entscheidenden verkehrspolitischen Weichenstellungen für die Zukunft vorgenommen werden müssen. Der Ausgangspunkt und die bestehenden Probleme sind zu vergleichen mit jenen Tirols vor dem Bau der Brennerautobahn. Weiterlesen

160/366: Willi verliert an Fritz

Heute vor acht Jahren, am 8. Juni 2008, erlitten die Grünen bei der Landtagswahl in Tirol Verluste gegenüber 2003. Das Ergebnis von 10,73% bzw. 36.136 Stimmen wurde vor allem auf das Antreten der neuen “Liste Fritz Dinkhauser – Bürgerforum Tirol” zurückgeführt, die zweitstärkste Kraft wurde. Auf der Liste “FRITZ” kandidierte unter anderem der Obmann des “Transitforum Austria-Tirol”, Fritz Gurgiser. Die nunmehr nur noch vier grünen Mandate nahmen Georg Willi, Maria Scheiber, Christine Baur und Gebi Mair ein.

Die besten Gemeindeergebnisse wurden in Innsbruck (20,40%), Aldrans (19,07%) und Sistrans (18,51%) erzielt. Der Tiroler Sitz im Bundesrat ging verloren, sodass dort nur noch drei Grün-Abgeordnete (für Wien, Niederösterreich und Oberösterreich) vertreten waren.

Alfred Dorfer kommentierte den grünen Wahlkampf in der “Zeit“:

Die Grünen lassen sich wie immer von ihrer eigenen Intellektualität überholen. Der Slogan “Tirol kriegt die Kurve” trifft zweifelsohne den Nerv der Wähler. Nur rätselhaft, wie das mit der Ökopartei zusammenhängen soll. Die Gebrauchsanweisung dazu ist vermutlich auf der Klebeseite der Plakate nachzulesen.

159/366: Ulrike Lunacek kommt ins Europaparlament

Ulrike Lunacek und Eva Lichtenberger kandidierten an der Spitze der grünen Liste.

Ulrike Lunacek und Eva Lichtenberger kandidierten an der Spitze der grünen Liste.

Heute vor sieben Jahren, am 7. Juni 2009, gelang den Grünen bei der Europaparlamentswahl mit 284.505 Stimmen und 9,93% knapp das Halten ihrer zwei Mandate. Die Anzahl der österreichischen Mandate war von 18 auf 17 reduziert worden. Außerdem spielte sicher eine Rolle, dass Johannes Voggenhuber nicht mehr kandidierte.

Neben der Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek zog Eva Lichtenberger neuerlich ins EU-Parlament ein. Die 1957 geborene Dolmetscherin war von 1996 bis 1998 Bundesgeschäftsführerin der Grünen und von 1999 bis 2009 Nationalratsabgeordnete, Sprecherin für Außen- und Entwicklungspolitik und Sprecherin für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen.

Für einen Ausstieg aus der Atomkraft, für gentechnikfreie Lebensmittel, für krisensichere, grüne Arbeitsplätze, für eine Europäische Sozialunion mit Mindestlohn und Grundsicherung, für die Regulierung der Finanzmärkte und für den Schutz der Privatsphäre der BürgerInnen vor dem Überwachungsstaat.

Die besten Bundesländer-Ergebnisse verzeichneten Wien (17,01%), Vorarlberg (12,90%), Tirol (12,26%) und Salzburg (10,67%). In vier Wiener Bezirken wurden die Grünen stärkste Partei – Neubau (34,57%), Mariahilf (30,70%), Josefstadt (29,22%) und Alsergrund (28,29%).

Ergebnisse über 20% werden in den Wiener Bezirken Margareten (25,94%), Wieden (25,69%), Währing (23,70%), Leopoldstadt (22,48%), Landstraße (21,83%), Rudolfsheim-Fünfhaus (21,57%) und Hernals (20,86%) sowie in den Gemeinden Düns (22,88%), Lans (22,22%), Sankt Marein bei Graz (20,35%), Graz (20,29%) und Natters (20,13%) erzielt.

Nachfolgerin von Ulrike Lunacek als grüne Nationalratsabgeordnete wurde Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes.


Download des Wahlprogramms: 159-europarl-gruenes-wahlprogramm (PDF, 1,6 MB)

158/366: Werner Kogler und der Dow Jones

Im September 2011 verweigerten die Grünen im Parlament den Regierungsparteien die Zustimmung dazu, kurzfristig die Aufstockung des Euro-Rettungsfonds EFSF auf die Tagesordnung des Finanzausschusses im Nationalrat zu hieven. Für die Änderung der Tagesordnung wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich gewesen. Durch den Fehler einer Agentur wurde diese Ablehnung als Ablehnung Österreichs der Euro-Stabilisierung interpretiert, der Börsenindex Dow Jones sank vorübergehend um mehr als zwanzig Punkte. Damit brachte “erstmals die österreichische Innenpolitik die Weltbörsen ins Wanken” (Die Presse). Was Finanzsprecher Werner Kogler dazu sagte? Hier im ZIB-Video nachzuschauen! 🙂

157/366: Die Grünen werden gesamteuropäisch

“Die demokratische Revolution desJahres 1989 hat in den Ländern Ost- und Ostmitteleuropas nicht nur zum Zerfall des Stalinismus, sondern auch zu neuen Herausforderungen geführt: wachsende soziale Probleme, Nationalismus, zerstörte Umwelt… Diesen Herausforderungen stellt sich eine Fülle neuer Gruppen und Parteien, darunter auch Grüne”. Gerhard Jordan stellte in der Zeitschrift “Impuls grün” 4/1990 die grünen Parteien vor, die nach bzw. im Zuge der “Wende” gegründet worden waren. Titel seines Beitrags: “Die Grünen werden gesamteuropäisch”. Download im Originalformat: 157-impulsgruen-gruene-mittel-osteuropa (PDF, 1 MB)

Logos europäischer Grünparteien.

Logos der Grünparteien aus CSFR, DDR, Ungarn.


// DDR: Am 24.11.89 wurde die “Grüne Partei in der DDR” von AktivistInnen aus oppositionellen Umwelt- und Friedensgruppen, die sich in den 80er-Jahren im Umfeld der Evangelischen Kirche gebildet hatten, gegründet. Beim Parteitag vom 9.-11.Feb.1990 in Halle wurde das Programm (das inhaltlich denen westeuropäischer grünalternativer Parteien ähnelt) beschlossen. Bei der Volkskammerwahl am 18.3. erhielten die mit dem “Unabhängigen Frauenverband” verbündeten Grünen 1,97% und 8 der 400 Sitze und blieben, wie schon zu Zeiten des Honecker-Regimes, Opposition.

Kampf gegen das Donaukraftwerk Nagymaros

Ungarn: Die ”Grüne Partei Ungarns” (“Magyarországi Zöld Párt“, MZP) entstand vor allem aus der Bewegung gegen das Donaukraftwerk Nagymaros. Ihr Gründungskongreß fand am 18./19.11.89 in Budapest statt. Aufgrund des “hürdenreichen” Wahlrechts gelang der jungen Partei die Aufstellung von Listen nur in 4 der 19 (mit Budapest 20) Komitate. Bei den Wahlen am 25.3. kam sie auf einen landesweiten Durchschnitt von 0,4%. Weiterlesen

156/366: Achtung, frisch gestrichen!

Franz Vranitzky (SPÖ), Josef Riegler (ÖVP), Jörg Haider (FPÖ) - frisch gestrichen.

Franz Vranitzky, Josef Riegler, Jörg Haider sind frisch gestrichen (Agentur WURMundWURM, 1990)

Grüne Tarnmäntelchen tragen Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ), Vizekanzler Josef Riegler (ÖVP) und Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) auf dieser Wahlwerbung der Grünen Alternative. Vor einer Wahl lassen die Politiker der anderen Parteien gerne die Umweltschützer heraushängen, aber nach der Wahl… Dieses Motiv aus dem Jahr 1990 stammt von der Agentur WURMundWURM.

Bei der Nationalratswahl am 7. Oktober 1990 erreichte “Die Grüne Alternative – Grüne im Parlament” 225.084 Stimmen und 4,78%. Die Ergebnisse der einzelnen Bundesländer: Wien 7,62%, Salzburg 7,28%, Tirol 6,33%, Vorarlberg 5,25%, Oberösterreich 4,13%, Steiermark 3,94%, Niederösterreich 3,27%, Kärnten 3,00%, Burgenland 2,50%. Das beste Gemeinde-Ergebnis wurde in der Stadt Salzburg mit 11,29% erzielt.

Damit stieg die Zahl der Mandate auf zehn, fünf davon hatten Frauen inne. Die neuen (und alten) Abgeordneten: Rudi Anschober, Marijana Grandits, Christine Heindl, Monika Langthaler, Madeleine Petrovic, Peter Pilz, Manfred Srb, Terezija Stoisits, Johannes Voggenhuber und Andreas Wabl wurden am 5. November 1990 angelobt. Zum Klubobmann wurde Johannes Voggenhuber (mit knapper Mehrheit gegen Madeleine Petrovic) gewählt.

Die Vereinten Grünen kamen auf 1,96% (92.277 Stimmen) und verfehlten knapp die in den Wahlkreisen Wien und Oberösterreich erwarteten Grundmandate.

155/366: Das Umweltnotprogramm in 55 Paketen

Download von www.picturedesk.com am 12.04.2016 (11:16). Die Abgeordneten der Grünen präsentierten am 22.06.1989 am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt das Umweltnotprogramm in der symbolischen Form von 55 Paketen. (v.l.n.r.) Peter Pilz, Andreas Wabl und Helga Erlinger. - 19890622_PD0006

Präsentation des “Umweltprogramms” durch Peter Pilz, Andreas Wabl und Helga Erlinger. Foto: R. Jäger / APA-Archiv / picturedesk.com (lizensiert bis 12. April 2017).

Die Abgeordneten der Grünen – im Bild Peter Pilz, Andreas Wabl und Helga Erlinger – präsentierten am 22. Juni 1989 am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt das Umweltnotprogramm in der symbolischen Form von 55 Paketen.

Das Programm umfasste 55 Maßnahmen, die der Bundeskanzler Franz Vranitzky, der Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel, die Umweltministerin Marilies Flemming, der Landwirtschaftsminister Franz Fischler und der Verkehrs- und Verstaatlichtenminister Rudolf Streicher sofort umsetzen sollten – und wohl umsetzen hätten können: “Für langatmige Debatten fehlt der Umwelt die Zeit. Jetzt muß gehandelt werden. Nur ein ökologisches Notprogramm kann die dringendsten Umweltprobleme entschärfen”.

Umweltnotprogramm (1989), Titelblatt

Umweltnotprogramm (1989), Titelblatt

Beispiele:

  • Alu-Dosen werden verboten.
  • Für die Förderung des ökologischen Landbaus werden umgehend zweihundert Millionen Schilling bereitgestellt.
  • PVC wird in Herstellung und Anwendung in einem Zeitstufenplan verboten. Nur noch in Restbereichen (z.B. für diverse Kabelisolationen) darf dieser Stoff verwendet werden.
  • Ausweitung der Zahl der Beamten, die sich mit Umweltfragen beschäftigen, dafür Reduktion der Bediensteten in den Bauabteilungen
  • keine Ein- und Durchfahrtsbewilligung für ausländischen Atommüll mehr

Download des Umweltnotprogramms: 155-gruenes-umweltnotprogramm (PDF, 3,5 MB)

154/366: 4352 Stimmen für die Grünen

Heute vor zwanzig Jahren, am 2. Juni 1996, kamen die Grünen bei der Landtagswahl im Burgenland auf 4.352 Stimmen und 2,49%. Das beste Ergebnis wurde in der Gemeinde Wulkaprodersdorf erzielt, wo die Grünen mit 9,36% drittstärkste Partei wurden.

Eine Liste, die von GegnerInnen einer geplanten 380 kV-Stromleitung initiiert wurde und unter dem Namen “Bürgerinitiativen Burgenland” (BIB) kandidierte, erreichte 1.598 Stimmen und 0,91%.

153/366: Gewaltfreier Widerstand gegen Castor – ein Bericht

Der starke Staat zeigt seine politisch-demokratische Schwäche, Bericht über den Castor-Transport im Frühjahr 1997 (Grünes Archiv)

Der starke Staat zeigt seine politisch-demokratische Schwäche. Bericht über den Castor-Transport im Frühjahr 1997 (Grünes Archiv)

Die Anti-AKW-Bewegung in Deutschland wurde auch immer wieder von österreichischen Atomkraftgegner_innen unterstützt. Daher sammeln wir im Grünen Archiv auch Materialien aus unserem Nachbarland. Eine besonders interessante Broschüre stammt von der Bürgerrechtsbewegung “Komitee für Grundrechte und Demokratie“, die ihre Beobachtungen bei den Demonstrationen und Blockaden gegen den  dritten “Castor-Transport” im Jahr 1997 schildert. Castor steht dabei für “cask for storage and transport of radioactive material”, also Behältnis für die Aufbewahrung und den Transport von radioaktivem Material. In solchen Behältern wurde Atommüll aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague ins Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben transportiert.

Im Blog bringen wir einige Passagen aus dem Bericht “Der starke Staat zeigt seine politisch-demokratische Schwäche”, die sich auf die Organisation des gewaltfreien Widerstandes beziehen.


// Innerhalb der Polizei fand eine Diskussion um die Gefährdungen der eingesetzten BeamtInnen durch die Begleitung dieser Transporte statt. Insbesondere Greenpeace hatte über Strahlengefährdungen informiert. Der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei und die “Junge Gruppe” der Gewerkschaft der Polizei (Bundesgrenzschutz Mitte) sprachen sich deshalb für eine Verschiebung des Castor-Transportes aus.

Die Einsatzleitung der Polizei führte vorab Gespräche mit den Gruppen, die an der Organisation des Protestes beteiligt waren, und beteiligte sich an öffentlichen Diskussionsveranstaltungen über die bisherigen Erfahrungen des polizeilichen Vorgehens und die geplante Einsatzstruktur. Im Wendland traf sich der Einsatzleiter zu einem Gespräch mit Vertretern der Organisatoren des Protestes.

Das “Bonner Forum BürgerInnen und Polizei” lud zu einer Podiumsdiskussion mit Vertretern der BI, des Komitees für Grundrechte und Demokratie und der Polizeieinsatzleitung ein. Über die bisherigen Erfahrungen bei den Transporten, die gegenwärtigen Planungen und das Einsatzkonzept der Polizei wurde kontrovers diskutiert. An dieser Veranstaltung nahmen auch viele PolizeibeamtInnen der unterschiedlichen Ebenen teil. Ein Bereitschaftspolizist kritisierte die Vorbereitung der letzten Polizeieinsätze im Wendland, an denen er teilgenommen hatte. Sie seien “heiß gemacht” und auf “Autonome” vorbereitet worden. “Doch dann sollte ich auf Menschen einknüppeln, die mir kurz zuvor noch Tee und Kaffee gereicht hatten, den uns die Einsatzleitung nicht gab.”

Anfang diesen Jahres hatte die “Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion – Kurve Wustrow” international zur Beteiligung an einem “Gorleben Peace Team” aufgerufen. Anknüpfend an die Erfahrungen der Friedensdienste in gewaltfreier Konfliktbearbeitung sollten diese Erkenntnisse diesmal statt für “den Süden” für “den Norden” nutzbar gemacht werden. Ein Team von 6 MenschenrechtsaktivistInnen aus vier Ländern (Ecuador, Nigeria, Mazedonien, USA) traf sich eine gute Woche vor Beginn des Transportes im Wendland und bereitete sich auf die Beobachtung der Vorkommnisse vor. Gorleben International Peace Team (GIPT) war der Name, unter dem sie in diesen Tagen unter internationalen Gesichtspunkten die Vorgänge und Ereignisse beobachteten. […] Weiterlesen

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