Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Monat: Februar 2016 (Seite 2 von 3)

50/366: Bundesweiter Kongress “Ja zu Europa – Nein zur EG”

Vor 27 Jahren, von 17. bis 19. Februar 1989, fand in Igls der bundesweite Kongress “Ja zu Europa – Nein zur EG” statt. Er wurde inhaltlicher Auftakt einer Anti-EG-Kampagne der Grünen Alternative. An dem Kongress nahmen auch Grüne aus den EFTA-Staaten teil.


Der Titel des Kongresses wurde immer wieder verwendet – 1993 beispielsweise gab die Grüne Bildungswerkstatt die Broschüre “Ja zu Europa, nein zur EU” heraus. Dieser Arbeitsbehelf zu Argumenten gegen einen EG-Beitritt Österreichs erlebte mehrere Auflagen und ist in der dritten Auflage im Grünen Archiv einsehbar. Kapitel:

  • Umwelt: Schmutziges Wachstum
  • Ernährung: Grenzen auf für Junk-Food
  • Verkehr: Der programmierte Kollaps
  • Atomkraft. Die Schaffung mächtiger Kernindustrien
  • Soziales: Die a-soziale Dimension des Binnenmarktes
  • Wirtschaft: Wenn die Wirtschaft über den Kopf wächst
  • Währungsunion: Einheitswährung statt flexibler Geldpolitik
  • Osteuropa: Das Europa der zwei Geschwindigkeiten?
  • Dritte Welt: Ausbeutung durch Dialog
  • Landwirtschaft: Die Milliardenschleuder
  • Demokratie: Rückschritt ins 18. Jahrhundert
  • Gleichbehandlung: Binnenmarkt und Gleichbehandlung
  • Innere Sicherheit: Ein Binnenmarkt für Kriminelle?
  • Sicherheit: Zwischen Maastricht und Sarajevo
  • Neutralität: Die Doppellüge
  • Föderalismus: Zentralismus statt Bürgernähe
  • Grundverkehr: Kleine Flächen – großer Preis

49/366: Zerfallende Erde im Krautsalat. Programmentwurf der Grünen Alternative Tirol

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Krautsalat. Gedankensammlung der Grünen Alternative Tirol, Band 1. Innsbruck: Grüne Bildungswerkstatt Tirol, ca. 1990, Titelbild (Grünes Archiv, Inventarnr. 319)

“Wir wollen uns aufmachen von der Wegwerfgesellschaft zur Wiederverwertungsgesellschaft”. 1990 gab die Grüne Bildungswerkstatt Tirol die Broschüre “Krautsalat” heraus. Menschen von innerhalb und außerhalb der grünen Bewegung beschreiben darin den Stand der grünen Programmdiskussion. Der Programmentwurf “Zerfallende Erde” zeigt die Vorschläge der Grünen Alternative Tirol zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung – viele davon noch immer aktuell wie das Verbot von Einweg-Getränkeverpackungen, aber doch auch einige schon umgesetzt wie der Altlastenkataster.


1. Einleitung

1.1. Wir wollen uns aufmachen von der Wegwerfgesellschaft zur Wiederverwertungsgesellschaft, von der Verschwendungswirtschaft zur Versorgungswirtschaft, die Güter nach ihrer Sinnhaftigkeit und nicht ausschließlich nach ihrer Gewinnträchtigkeit beurteilt. An dem, was unsere Zivilisation ausscheidet – dem Abfall – zeigt sich deutlich, daß nicht ökologische Kreisläufe Ziel derzeitigen Wirtschaftens sind, sondern Verbrauch und schneller Verschleiß. Je schneller der Verschleiß, je höher der Verbrauch, je beworbener der Konsum, desto höher, schneller, begehrter der dadurch erzielbare Gewinn.
1.2. Bei der Herstellung und beim Verbrauch von Gütern wird wenig Rücksicht genommen auf den sparsamen und intelligenten Einsatz von Rohstoffen und Energie.
1.3. Bei der Entledigung von nicht mehr Gebrauchtem bedienen wir uns der Luft (Luftmüll), des Wassers (Wassermüll) und des Bodens (Bodenmüll) – Elemente, die den Menschen und der Tier- und Pflanzenwelt als Lebensgrundlage dienen. Die Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung belastet die gesamte Umwelt, einschließlich Mensch.
1.4. Dies wird in Kauf genommen, denn so lassen sich auf deren Kosten einträgliche Produktionssysteme organisieren, bei denen Einzelinteressen vor dem gesellschaftlichen Wohl gehen.
1.5. Es ist nicht die Bevölkerung “schuld” an den Müllbergen. Hier schlechtes Gewissen zu erzeugen, in dem der Müll in pro-Kopf-Quoten berechnet wird, ist fehl am Platz.

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48/366: Wissen glänzt nur im Innenteil. Grüne Bildungswerkstatt Vorarlberg 1988

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Ein Jahr Grüne Bildungswerkstatt. GBW Vorarlberg 1988 (Grünes Archiv)

Die Grüne Bildungswerkstatt mit ihren Ländervereinen wurde 1987 gegründet. Die GBW Vorarlberg zog nach einem Jahr Bilanz – mit einem Rückblick auf die ersten Veranstaltungen und mit Beiträgen über politische Bildungsarbeit. Der Text “Die Instrumente haben wir ja — nur die Musikstücke fehlen” von Wolfgang Maurer, Gernot Egger und Ingrid Bertel ist auch nach 28 Jahren eine spannende und aktuelle Lektüre.


//zitat// Kennzeichnend für die Entstehung der Grünbewegung in den späten siebziger Jahren ist das Brüchigwerden der konservativen, liberalen und marxistischen Weltbilder. Die neuen sozialen und politischen Bewegungen kritisieren an den übernommenen Theorieentwürfen deren mechanistisches Denken, das die Natur- und Gesellschaftswissenschaften ebenso wie die Medizin und die Volkswirtschaft auf ein falsches Fortschrittsideal verpflichtet habe. Mit dem Abebben der Impulse, die von der Studentenbewegung ausgegangen waren, entpuppten sich nicht nur gewisse Veränderungsansprüche als illusorisch, sondern es stellte sich nun immer deutlicher heraus, daß auch sozialdemokratische, sozialistische und marxistische Ansätze einem Wachstumsdenken verpflichtet sind, das es möglich macht, mechanistische Denkmodelle in Beton zu gießen.

Die Enttäuschung darüber, daß es auch den “fortschrittlichen” Theoriemodellen und der daraus abgeleiteten Praxis nicht gelungen ist, die fortschreitende Entfremdung der Menschen aufzuheben und die Zerstörung der Natur einzubremsen, führte viele zu einer Kritik am neuzeitlichen Rationalitätsbegriff überhaupt. Und so begann die Suche nach dem ganzheitlichen Denken, die die einen zu den Frühsozialisten, andere zu indianischen Kulturen, zum Schamanismus bzw. zu fernöstlichem Denken führte. Die gewaltsame Vereinnahmung dieser Traditionen, ohne auf die historische Differenz zwischen deren Entstehungszeit und dem Entwicklungsstand einer modernen Gesellschaft Rücksicht zu nehmen, ließ manche in schlichten Okkultismus abgleiten. Das Bild ist verwirrend. Die politische Praxis der Grünen fällt entsprechend chaotisch und uneinheitlich aus. Eine brauchbare Synthese ist nicht in Sicht, viel eher die Gefahr, durch eine allzu rückwärtsgewandte Suche das gewonnene aufklärerische Terrain wieder zu verlieren. Weiterlesen

47/366: Schwarz-Grün auf Bundesebene geplatzt

Harald Mahrer (Hg.): Was wäre wenn ...? 10 Jahre Schwarz-Grün. Eine Spekulation. Wien: Verlag noir 2013

Harald Mahrer (Hg.) / Julius Raab Stiftung: Was wäre wenn…? 10 Jahre Schwarz-Grün. Eine Spekulation. Wien: Verlag noir 2013

Heute vor dreizehn Jahren, am 16. Februar 2003, nahm der Erweiterte Bundesvorstand – nach dem Bundeskongress das zweithöchste Gremium der Grünen – das Nicht-Zustandekommen einer “schwarz-grünen” Koalition zur Kenntnis. Die ÖVP war den Grünen in entscheidenden Fragen nicht entgegen gekommen. Zu den Knackpunkten zählten ein faires Pensionsmodell, der Einstieg in die Grundsicherung, der Verzicht auf Studiengebühren und Abfangjäger, der Vorrang der Schieneninfrastruktur vor der Straße und andere.

Am 28. Februar 2003 wurde eine neuerliche ÖVP-FPÖ-Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel angelobt.

Harald Mahrer hat 2013 für die Julius Raab_Stiftung das Buch “Was wäre wenn …? 10 Jahre Schwarz-Grün. Eine Spekulation” herausgegeben, in dem Politiker_innen der ÖVP und der Grünen sowie Journalist_innen überlegen, wie Österreich aussehen würde, wenn diese Koalitionsverhandlungen nicht gescheitert wären. Das Buch kann gedruckt im Grünen Archiv oder online (PDF, 500 KB) nachgelesen werden. Aus dem Abstract: “Ein schwarz-grünes Projekt unter dem Dach der Grundwerte der Ökosozialen Marktwirtschaft könnte einen wichtigen Impuls liefern, um die Ökosoziale Marktwirtschaft konsequent umzusetzen. Sie bringt nicht nur Wohlstand, sondern auch Zukunft für alle”.


“Ich war vor 10 Jahren nicht Abgeordneter, sondern Landessprecher der Wiener Grünen. Dort haben wir die Verhandlungen zunächst sehr kritisch verfolgt, dann offen rebelliert. Falsch sind aber alle Legenden, die behaupten, dass die Verhandlungen an den Wiener Grünen gescheitert wären. Tatsächlich gab es eine viel breitere Skepsis innerhalb der Grünen – die Wiener Grünen waren nur die ersten, die das auch öffentlich thematisiert haben. Letztendlich haben aber die grünen VerhandlerInnen um Alexander van der Bellen nach einer langen Verhandlungsnacht die Gespräche selbst abgebrochen, weil sie keine Chance auf Einigung gesehen haben. Dieser Verhandlungsabbruch war richtig und auch ich würde wieder unter ähnlichen inhaltlichen Rahmenbedingungen wie damals zu den Kritikern einer Koalition gehören”, erinnerte sich Albert Steinhauser, heute Nationalratsabgeordneter der Grünen, im Jahr 2013 an die Verhandlungen zurück (Albert Steinhauser: “10 Jahre Scheitern von schwarz-grün. Kein Grund für Wehmut“, 18. Februar 2013).

46/366: Manfred Srb 1990: Sind die Grünen noch alternativ?

046-srb-gruene-alternativeManfred Srb, seit 17. Dezember 1986 Nationalratsabgeordneter, stellte in der grünen Monatszeitung MOZ 2/1990 die Frage, ob die Grüne Alternative noch alternativ sei, und griff die Themen Regierungsbeteiligung und Parteienfinanzierung auf.


//zitat// Wir haben zwar mittlerweile eine grüne Programmdiskussion in Gang gebracht, haben uns bis jetzt aber um eine grüne Grundsatzdiskussion gedrückt. Wir haben uns auch gedrückt vor einer Diskussion, die sich mit basisdemokratischen Aspekten auseinandersetzt sowie vor einer Diskussion, die sich mit Fragen unserer politischen Glaubwürdigkeit beschäftigt. Alle diese Fragen spielen stark hinein in unsere jüngsten Diskussionen.

Nehmen wir einmal die von der Koalition putschartig ins Spiel gebrachte Parteienfinanzierung für die kommenden NR-Wahlen: Die Variante, im Parlament dagegen zu stimmen und die Auszahlung dann doch zu beantragen, halte ich für die schlechteste. Denn es wird letztendlich doch hinüberkommen, daß die Grünen zuerst Nein und dann doch Ja gesagt haben und daher auch so mies sind wie alle anderen Parteien.

Da gefällt mir die Argumentation meiner Kollegen Wabl und Smolle schon besser, weil sie realistischer und ehrlicher ist. Sie lautet: “Wir stehen zu der Notwendigkeit, das Geld zu nehmen, weil die Partei finanziell ohnehin am Sand ist.” Dennoch ist das nicht gerade die andere Art von Politik, die wir immer machen wollten. Also gibt es für mich nur eine richtige Vorgangsweise: ein klares Nein zur Politik der Koalitionsparteien, den Staat einmal mehr als Selbstbedienungsladen zu betrachten. Weiterlesen

44/366: Hainburg ist überall: die Plakate des Gottfried Hochstetter

Transparent “Hainburg ist überall” (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Monika Bargmann

“Ich erinnere mich noch, wie ich Gottfried Hochstetter Anfang der 90er Jahre kennengelernt habe: Bei den ‘Ennstrassenprotesten’, als er ein sicher 15m langes bedrucktes Stofftransparent mitbrachte, das er am Schutzzaun – der gegen die DemonstrantInnen errichtet wurde – anbrachte. Darauf war zu lesen: ‘Werbeflächen zu vermieten’ – gleich daneben die Telefonnummer der Steiermärkischen Landesregierung”, so der Grüne Landessprecher Lambert Schönleitner im Rückblick, “seine in der eigenen Werkstatt hergestellten Handdruckplakate und -Transparente prägten das Bild der Umweltbewegung von Beginn an” (Quelle). Rund 150 dieser Plakate und Transparente befinden sich im Grünen Archiv.

Plakat zur Tonbildschau "Au-Weh" von Gottfried Hochstetter (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Ines Handler

Plakat zur Tonbildschau “Au-Weh” von Gottfried Hochstetter (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Privat

Gottfried Hochstetter war mit mehr als einem Vierteljahrhundert im Bad Ausseer Gemeinderat bereits zu Lebzeiten eine kommunalpolitische Legende. Der politische Aktionist zählte zu den ersten Grünen Vertretern im kommunalen Bereich in der gesamten Steiermark.

Hochstetter wurde am 30. Mai 1935 geboren. In den 1970er Jahren begann er, sich intensiv mit gesellschaftlichen Alternativen auseinanderzusetzen. Zwentendorf, Hainburg und Wackersdorf waren wesentliche Meilensteine. 1985 gründete er die Liste ALIBADA (Alternative Liste Bad Aussee) und war auch eine Zeitlang Vizebürgermeister der Stadtgemeinde Bad Aussee. Bis zuletzt war er Grüner Gemeinderat. Hochstetter starb am 20. Dezember 2014.

“Wir brauchen Menschen, die aufstehen und sagen, hier spielen wir nicht mit, wir brauchen bessere Lösungen, es gibt zukunftsfähigere Lösungen. Wie Gottfried Hochstetter – in Hainburg, in Zwentendorf, in Wackersdorf, im Ennstal oder in Bad Aussee. Auch wenn dieses Engagement Angriffe und Schwierigkeiten für die eigene Person und die Familie mit sich bringt”, sagte Pfarrerin Waltraud Mitteregger bei der Verabschiedung (Quelle).


am 26. März: Alibada (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Ines Handler

am 26. März: Alibada (Grünes Archiv, Sammlung Gottfried Hochstetter). Photo: Privat

Das Grüne Archiv konnte im Juli 2015 einen Teil des Nachlasses von Gottfried Hochstetter übernehmen. Die Schenkung umfasst 145 Plakate, Collagen und Handzettel, neun von Hochstetter gestaltete und gedruckte Textilien (Transparente sowie Umkleidungen für Laternenpfähle und Dreiecksständer) und zwei Schachteln mit gedrucktem Material (Zeitschriften, Notizen, Unterlagen zu kommunalpolitischen Projekten).

41/366: Thesen für eine Grüne Alternative Wien

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Bezirksgruppenrundbrief 46/1992

“Wir stehen für eine Partei, die BürgerInnen ermutigt, gemeinsam, individuell und gemeinsam mit uns einschränkenden gesellschaftlichen Bedingungen Widerstand zu leisten”. Im Bezirksgruppenrundbrief 46/1992, dem internen Informationsmedium der Wiener Grünen, stellten Hedvig-Doris Spanner-Tomsits, Rudolf Sablattnig, Eleonora Sablattnig, Ines Riedler, Peter Altendorfer und Alexandra Bader zehn “Thesen für eine Grüne Alternative Wien” auf.


//zitat//  I. Wir stehen für eine Partei, die BürgerInnen ermutigt, gemeinsam, individuell und gemeinsam mit uns einschränkenden gesellschaftlichen Bedingungen Widerstand zu leisten.

II. Wir stehen für eine Partei, die ihre Möglichkeiten nutzt, um als Trägerin des Widerstandes von BürgerInnen gegen Umweltzerstörung, Sozialabbau, Wohnungsnot, AusländerInnenfeindlichkeit inner- wie außerparlamentarisch zu fungieren.

III. Wir stehen für eine Partei, die Offenheit, Vielfalt, Solidarität untereinander, demokratische Entscheidungsprozesse und Beteiligungsmöglichkeiten praktiziert und die traditionellen Politikvorstellungen mit Hierarchien, strengen Regeln, Karrieremustern durch ihr gelebtes Beispiel eine Absage erteilt.

IV. Wir stehen für eine Partei, die gesellschaftlichen Tendenzen zu Sozial- und Demokratieabbau, Fremdenangst und zur Flucht vor nationalen Problemen in ein Groß-Europa nicht nachgibt, sondern versucht, Alternativvorstellungen unter Beteiligung möglichst vieler engagierter Menschen zu entwickeln. Weiterlesen

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