Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Schlagwort: Tirol (Seite 1 von 3)

Die Grüne Bildungswerkstatt wird gegründet

Logo der Grünen Bildungswerkstatt GBWHeute vor 31 Jahren, am 3. Mai 1987, fand auf dem Kulturgelände Nonntal in Salzburg die konstituierende Generalversammlung der Grünen Bildungswerkstatt statt. Erster Bundesobmann wurde Christian Burtscher, Gemeinderat in Grödig bei Salzburg. Neben der Bundesorganisation werden auch zehn Landesvereine der Grünen Bildungswerkstatt gegründet – ein Verein in jedem Bundesland und ein Verein für Minderheiten und Migrant_innen als “zehntes Bundesland”. In der Steiermark behält die Bildungseinrichtung den Namen “Grüne Akademie”.

Die Grüne Bildungswerkstatt (GrüBi, GBW) wird als politische Akademie der Grünen vom Bundeskanzleramt finanziert, das Budget hängt von der Anzahl der Nationalratsmandate ab. Nach 31 Jahren muss also in den kommenden Monaten auch die GBW in den meisten Bundesländern “abgewickelt” werden.

336/366: Der Tiroler Landtag lernt Demokratie

Eva Lichtenberger über die Arbeit im Tiroler Landtag.

Eva Lichtenberger über die Arbeit im Tiroler Landtag.

“Neben unserer extrem patriarchalen und obrigkeitsstaatlichen Unkultur” habe sich in Tirol “eine Kultur starker und selbstbewußter Bürgerinitiativen” entwickelt, stellte Eva Lichtenberger im Jahr 1990 fest. Lichtenberger war damals die Klubobfrau der Grünen im Tiroler Landtag. In einem Beitrag für die Zeitschrift Impuls Grün kommentierte sie unter anderem die Geschäftsordnung, die den kleinen Fraktionen die Arbeit erschwerte.


Der Tiroler Landtag hat eine sehr rigide Geschäftsordnung, zugeschnitten auf einen Landesvater und seine Vasallen, die dem Landtag die Rolle des Claqueurs der höchstselbstigen Entscheidungen zuweist. Es gilt zwar laut Landesordnung das Frage- und Antragsrecht für einen Abgeordneten, aber mit der Einschränkung, daß dieser weitere drei unterstützende Unterschriften haben muß. Dies führt dazu, daß kleine Fraktionen “betteln” gehen müssen, um ein Thema überhaupt zur Diskussion bringen zu können. Ein weiteres Beispiel: Da wird von einem hohen Landesbeamten im Obleuterat (der Landes-Präsidiale) ganz offen von “beschränkten Mitwirkungsrechten der Abgeordneten an der Gesetzeswerdung” ins Protokoll diktiert. Und da gibt es im Landtag selbst die “Klubdisziplin” der ÖVP, die die einzelnen Bünde immer wieder zwingt, gegen die Interessen der eigenen Basis zu stimmen.

Daneben hat sich aber neben unserer extrem patriarchalen und obrigkeitsstaatlichen Unkultur eine Kultur starker und selbstbewußter Bürgerinitiativen entwickelt, die auf ihren demokratischen Rechten beharren. Sie setzten die traditionellen Parteien im “Heiligen Land” ganz schön unter Druck, vor allem in den Bereichen Verkehr und Müll. Weiterlesen

328/366: Einzug ins Parlament. Nationalratswahl am 23. November 1986

Ergebnisse der Nationalratswahl im Burgenland.

Ergebnisse der Nationalratswahl im Burgenland.

Heute vor dreißig Jahren, am 23. November 1986, gelang der Grünen Alternative der Einzug ins Parlament: bei der Nationalratswahl wurden 4,82 Prozent der Stimmen erzielt. Somit gab es erstmals acht grüne Abgeordnete.

Gerhard Jordan ließ in seinem Rückblick auf das erste Jahr im Parlament die Ereignisse Revue passieren. Der Artikel erschien 1987 im Band “Die Republik im Fieber”. Dass die Geschichte der Grünen und der grünen Einigung keine einfache war, zeigt sich alleine schon an der Vielzahl an grünen und alternativen Gruppierungen, die in diesem Beitrag vorkommen: von GRAS und VGÖ über GAL und BIP bis ALÖ und HEK…


Die Nationalratswahl am 23. November 1986

Im Jahr 1986 kam es zu größeren Umbrüchen in der österreichischen politischen Landschaft: Freda Meissner-Blau hatte bei der Bundespräsidentschaftswahl am 4. Mai 5,5% der Stimmen erreicht und einen zweiten Wahlgang erzwungen. Dieser brachte dann, begleitet von einer Welle des Antisemitismus und “Mir-san-Mir”-Patriotismus, den folgenschweren Sieg Kurt Waldheims. Es folgten Schlag auf Schlag die Ablöse von Bundeskanzler Sinowatz durch Franz Vranitzky, der Sturz von FPÖ-Chef Steger durch Jörg Haider, die Aufkündigung der SPÖ-FPÖ-Koalition durch Bundeskanzler Vranitzky und die Ankündigung von Neuwahlen für den 23. November 1986. Eine Rechts-Wende fand nicht nur in SPÖ, FPÖ und an der Spitze des Staates statt, sondern sogar in der Amtskirche (Erzbischof Groer, Weihbischof Krenn).

Das Szenario in der österreichischen Grünbewegung im Herbst 1986 stellt sich ungefähr folgendermaßen dar: auf der einen Seite die VGÖ (“Vereinte Grüne Österreichs”), die bei der Nationalratswahl 1983 noch unter Alexander Tollmann 1,93% erreicht hatten, auf der anderen die ALÖ (“Alternative Liste Österreich”, hatte 1983 ebenfalls kandidiert und 1,36% erreicht) bzw. die davon übriggebliebenen Reste, und dazu die noch Hainburg entstandenen neuen Gruppierungen BIP (“Bürgerinitiative Parlament”) und GRAS (“Grün-Alternative Sammlung”). Die BIP umfaßt neben einigen “Promis” wie Günther Nenning, Peter Pilz, Johannes Voggenhuber (Bürgerliste Salzburg) und Werner Vogt auch den Freda Meissner-Blau-Wahlkampfleiter Pius Strobl und den sogenannten “Grazer Flügel” der ALÖ. In der GRAS Wien sammeln sich die “Alternative Liste Wien”, die Wiener BIP und der von Josef Buchner ausgeschlossene Wiener Landesverband der VGÖ.

Exponent/inn/en aller dieser Strömungen versuchen in zahlreichen und oft anstrengenden Sitzungen des sogenannten “Hainburger Einigungskomitees” (HEK), zu einer gemeinsamen Organisationsform zu kommen. Unter dem Druck der Wahlvorverlegung wird schließlich der zeitliche Fahrplan der Einigung über den Haufen geworfen. Um die Ereignisse, die schließlich zur Gründung der Partei “Die Grüne Alternative — Liste Freda Meissner-Blau (GRÜNE)” führten, im Detail zu beschreiben, fehlt hier der Platz.

Ein Konflikt, der zumindest in Wien zu Frustrationen vor allem in engeren Kreis der Alternativszene führte, war die Nicht-Anerkennung des Ergebnisses der Wiener Kandidat/inn/enwahlversammlung vom 4. Oktober: auf der in einem emotional geladenen Klima abgehaltenen Versammlung wird Andrea Komlosy (gegen Freda Meissner-Blau) vor Erica Fischer (gegen Peter Pilz) und Günther Nenning gewählt. In allen anderen Bundesländern (außer Vorarlberg) ist hingegen Freda Meissner-Blau Listenführerin. So kommt es zu Protesten gegen das Ergebnis und den Ablauf der Versammlung (auf der einige Leute ihre Kandidatur zurückgelegt hotten) und zu vergeblichen Versuchen, einen Kompromiß zu finden. Das HEK löst sich auf. Weiterlesen

319/366: Peter Pilz mit Peter Pilz am Bundeskongress

Peter Pilz und Peter Pilz am Bundeskongress in Salzburg.

Peter Pilz und Peter Pilz. Foto: Grünes Archiv

Das Grüne Archiv präsentiert seit einigen Jahren seine Aufgaben und Bestände beim grünen Bundeskongress. Am Sonntag führte uns daher der Weg nach Salzburg zum 37. “BUKO”, wo wir Plakate und Zeitschriftencover aus allen Bundesländern zeigten und eine Diaschau mit allen bisher erschienenen Bildern aus diesem Blog durchlaufen ließen.

Da schaute auch Peter Pilz bei uns am Stand vorbei – und begegnete seinem früheren Selbst aus seinen Wiener Gemeinderatstagen.

Die Frauen auf den Plakaten im Bild sind übrigens Eva Lichtenberger, Tiroler Landesrätin, Nationalratsabgeordnete und EU-Parlamentarierin (oben) und Karin Prucha, Spitzenkandidatin der Kärntner Grünen für die Landtagswahl 1994 (unten). Rechts unten ist der anarchistische Präsidentschaftskandidat Aufmuckl zu sehen – dem werden wir demnächst einen eigenen Eintrag widmen.

283/366: Alpeninitiative für Österreich

Grüne Informationen zur Alpeninitiative.

Grüne Informationen zur Alpeninitiative.

“Wir brauchen eine ‘Alpeninitiative’ nach dem Muster der Schweiz, die das gesamte, ökologisch höchst sensible Bundesgebiet vor den Auswirkungen des Transits schützt.” sagte Rudi Anschober, Verkehrssprecher der Grünen. Aus dem Archiv: die Grünen Informationen zur Transitfrage und zu einer Alpeninitiative für Österreich.

Download des gesamten Folders: 283-alpeninitiative-faltblatt  (PDF, 1,4 MB)


Der Transitvertrag ist ein schlechter Kompromiß. Selbst diesen hat die Bundesregierung in Brüssel leichtfertig aus der Hand gegeben. Die Schweizer “Alpeninitiative” zeigt, wie die Transitlawine wirklich gestoppt werden kann.

Der Transitvertrag ist ein schlechter Kompromiß. Nur sehr wenige der zahlreichen Punkte haben effektive Auswirkungen auf den LKW-Transit durch Österreich. Genau diese hat die Bundesregierung in den langen Brüsseler Verhandlungsnächten leichtfertig preisgegeben. Die Bewertung der Verkehrspolitik in Sachen Transit fällt deshalb eindeutig negativ aus.

In Brüssel unter die Räder gekommen

Zwar bleibt das 38-Tonnen-Limit pro forma bestehen, Sanktionen innerhalb der fünfprozentigen Toleranzgrenze werden aber aufgehoben. Die Konsequenz ist klar: Österreich führt de facto das 40-Tonnen-Limit ein. Daß Verkehrsminister Klima leichter Dinge auf das Körberlgeld von 500 Schilling pro LKW verzichtet, gehört zu den geringfügigen Folgen der Entsorgung des Vertrages. Weitaus dramatischer sind die Konsequenzen für ohnehin gestreßte Anrainer und gebeutelte Steuerzahler:

  • Studien prognostizieren für die Brenner-Route die Verlagerung von 150.000 LKW von der “Rollenden Landstraße” auf die Autobahn.
  • Die Bahn muß laut Minister Klima mehrere Milliarden Schilling investieren, da für 40-Tonner andere Güterwaggons benötigt werden als für 38-Tonner.
  • Durch das höhere Gewicht können die Sicherheitsstandards auf den Brücken nicht eingehalten werden.
    Zudem stiege die Abnützung der Straßen erheblich.

Falsche Signale

Mit einem Übergangszeitraum von drei Jahren ist in Brüssel vereinbart worden, die EU-Wegekostenrichtlinie zu überneh-men. Damit muß der Schwerverkehrsbeitrag von derzeit durchschnittlich 70.000 Schilling pro LKW und Jahr um satte 75 Prozent auf lediglich 17.000 Schilling gesenkt werden. Der LKW-Verkehr, der heute nur ein müdes Sechstel seiner volkswirtschaftlichen Kosten selbst trägt, wird so mit zusätzlichen Milliarden subventioniert. Weiterlesen

277/366: Neubau, Josefstadt, Sistrans, Laab. Beste Ergebnisse bei Nationalratswahl 1999

Heute vor siebzehn Jahren, am 3. Oktober 1999, erreichten die Grünen mit 342.260 Stimmen 7,40% und vierzehn Mandate bei der Nationalratswahl. Die besten Einzelergebnisse verzeichneten sie in den Wiener Bezirken Neubau (20,15%) und Josefstadt (18,13%) sowie in den Gemeinden Sistrans/Tirol (18,12%) und Laab im Walde/Niederösterreich (17,32%).

Van der Bellen wird Klubobmann

Die grünen Anteile in den Bundesländern, nach Höhe geordnet: Wien 10,33%, Vorarlberg 10,04%, Tirol 9,71%, Salzburg 8,39%, Oberösterreich 7,36%, Niederösterreich 5,95%, Steiermark 5,82%, Kärnten 5,47%, Burgenland 3,73%. Spitzenkandidat Alexander Van der Bellen wurde als Nachfolger von Madeleine Petrovic zum Klubobmann gewählt. Außerdem zogen Dieter Brosz, Eva Glawischnig, Kurt Grünewald, Theresia Haidlmayr, Werner Kogler, Eva Lichtenberger, Ulrike Lunacek, Gabriele Moser, Karl Öllinger, Madeleine Petrovic, Peter Pilz, Wolfgang Pirklhuber und Terezija Stoisits in den Nationalrat ein. Ulrike Lunacek war die erste deklariert homosexuelle Abgeordnete in Österreich.

Schwarz-blau

Nach langen Verhandlungen wurde am 4. Februar 2000 die schwarz-blaue Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel angelobt.

275/366: GRAS: weder roter Stern noch gestreiftes CV-Band

Vorstellung der Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) zur ÖH-Wahl 1993.

Vorstellung der Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) zur ÖH-Wahl 1993.

Heute bringen wir einen Folder der Grünen und Alternativen StudentInnen Tirol zur ÖH-Wahl 1993.

Download: 275-gras-innsbruck-oehwahl-1993 (PDF, 4 MB)


Wir wollen mitarbeiten! Ziel der GRAS ist es, ökologische, demokratische, solidarische und alternative Politik an unserer Hochschule zu verwirklichen. Die Uni ist ein Ort, an dem neues und anderes Denken erlaubt ist, von dem gesellschaftliche Veränderungen ausgehen können. Die Grenzen unserer Themen wie auch unserer Aktivitäten sind aber mit den Universitätsmauern keineswegs identisch.

Wissenschaft als Dienerin von Konzernen

Mensenbons sind gut. Besser hingegen ist es, die Strukturen der Uni und der ÖH zu gestalten und auszuweiten auf gesamtgesellschaftliche Themen: Der EG-(Nicht-)Beitritt, die Zerstörung der Umwelt, Wissenschaft als Dienerin von Konzernen…

Wer sind wir? Armin, Simone, Rainer, Roman, Carl Albert, Angi und Ulrich, sieben StudentInnen aus verschiedenen Fakultäten. Wir sind keine Berufs-ÖH-Politiker oder Apparatschiks, die die ÖH Politik als Spielwiese für ihre Karriere ansehen.

Das Weder “Roter Stern” noch “Gestreiftes CV-Band” sind Vorbedingungen, um bei uns mitzumachen.

Die GRAS arbeitet bereits in Wien, Graz und Linz in der ÖH. In Salzburg stellt die GRAS die ÖH-Vorsitzende. In Innsbruck tritt die GRAS erstmals bei den ÖH-Wahlen an — im Hauptausschuß.

Numerus Clausus und Studiengebühren

In den nächsten zwei Jahren steht uns einiges bevor: Numerus Clausus, Studiengebühren, EG-Studienpolitik etc.

Deshalb: Arbeiten wir gemeinsam an einer Uni nach unseren Vorstellungen — mit der GRAS im Hauptausschuß und im Zentralausschuß.

268/366: Vier alternative, ein vereintes Mandat in Innsbruck

Heute vor 27 Jahren, am 24. September 1989, fand die Gemeinderatswahl in Innsbruck statt. Die ALI (Alternative Liste Innsbruck – Die Grüne Alternative) kam auf 6.567 Stimmen (10,63%) und vier Mandate. Damit stellte sie auch einen Stadtrat, der in den folgenden Jahren wechselweise besetzt wurde – mit Rainer Patek, Uschi Schwarzl und Gerhard Fritz.

Die VGÖ-nahe “Grüne Liste Innsbruck” kam auf 2.589 Stimmen (4,19%) und erreichte ein Mandat, das mit Georg Willi besetzt wurde.

Willi und Patek initiierten später die Einigung der grünen Parteien.

Veranstaltungstipp: Braune Ökologie

 Peter Bierl: Grüne Braune.Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von Rechts.Unrast Verlag 2014

Peter Bierl: Grüne Braune. Unrast Verlag 2014

Braune Ökologie. Vortrag und Diskussion mit Peter Bierl und Karl Öllinger

“Umweltschutz ist Heimatschutz“ plakatierte die rechtsextreme NPD bei der deutschen Bundestagswahl. Die Nähe von autoritären Vorstellungen und Naturschutz ist kein Zufall. Auch in Österreich gibt und gab es rechtsextreme Strömungen in der Umweltbewegung – von Teilen der Vereinten Grünen und des Weltbunds zum Schutze des Lebens bis zu einzelnen esoterischen Strömungen.

Gemeinsam mit Peter Bierl und Karl Öllinger blicken wir hinter den grünen Deckmantel rechter politischer Ideologien und legten Ansichten frei, die mit den Grünen Grundwerten nicht kompatibel sind.

Mitwirkende

  • Peter Bierl: Autor des 2014 erschienenen Buches “Grüne Braune. Umwelt, Tier- und Heimatschutz von Rechts” (im Grünen Archiv verfügbar)
  • Karl Öllinger: Nationalratsabgeordneter der Grünen Österreich und Rechtextremismus-Experte, Leiter des GBW-Projekts “Stoppt die Rechten
  • Moderation: Michael Carli, Vorstandsmitglied der Grünen Bildungswerkstatt Tirol und Obmann der Grünen Wirtschaft Tirol

Ort und Zeit

Mittwoch, 5. Oktober 2016, von 19:00 bis 21:30 Uhr
Innsbruck, Tiroler Bildungsforum, Spiegelsaal, Sillgasse 8, II. Stock

265/366: “Wärme des Lebendigen wird weggeplant”. Alternative Liste Innsbruck

Wahlprogramm der Alternativen Liste Innsbruck (1983).

Wahlprogramm der Alternativen Liste Innsbruck (1983).

Vor 33 Jahren, am 25. September 1983, erreichte die Alternative Liste Innsbruck 2,87%  bei der Gemeinderatswahl und zog mit einem Mandat in den Gemeinderat ein. KandidatInnen waren Hans Augustin, Astrid Kirchbaumer, Eva Köckeis-Stangl, Rainer Patek und Sylvia Wallinger. Der aus der alternativen “Stattzeitung” hervorgegangene Stattclub mit Gerhard Fritz an der Spitze erreichte 1,1%.

“Nachdem die ALI ein Gemeinderatsmandat erreicht hatte, wurde sie von der ‘Stattzeitung’ unterstützt; der Stattclub als politisches Projekt der ‘Stattzeitung’ löste sich auf, Gerhard Fritz wurde nach kurzer Zeit selbst bei der ALI aktiv. Politisch fand eine ‘pragmatische Hinwendung zur Realität’ statt”, konstatieren Martin Achrainer und Niko Hofinger in ihrem Aufsatz “Politik nach ‘TirolerArt – ein Dreiklang aus Fleiß, Tüchtigkeit und Zukunftsglauben’. Anmerkungen, Anekdoten und Analysen zum politischen System Tirols 1945—1999”, erschienen 1999 im Tiroler Band der “Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945” (S. 90).

Wir bringen einen Auszug aus dem Wahlprogramm der Alternativen Liste.


Wohnung

Stufenweiser Abbau des Profitwesens auf dem Wohnungsmarkt, Ausschaltung der Wohnungsmultis; Hausbau durch demokratische Kleingenossenschaften von Wohnungssuchenden. Abbau der Hausherrenwillkür durch Selbstverwaltung der Hausgemeinschaften; Ausschaltung des Makler(un)wesens bei der Wohnungsvergabe. Vorrang für Althaussanierung und Dachbodenausbau statt Wohnsilos auf der grünen Wiese. Keine Umwandlung von Wohnungen in Geschäftsraum, Ver-wendung innerstädtischer Baugründe ausschließlich für den Wohnungsbau, Baustopp für Bürohäuser, Banken, Großkaufhäuser, Supermärkte, Großhotels.

Verkehr

Die Stadt Innsbruck plant Autobahnen in die Innenstadt, die ohnehin schon voll ist (Innrain, Gummpstraße). Damit werden Fußgänger und Radfahrer vollends in den Hintergrund gedrängt. Lärm und giftige Abgase bekommt der Bürger frei Haus. Die Rechtfertigung der jetzigen Politiker läuft darauf hinaus, daß die Innsbrucker das alles wollen. Wir finden das absurd und fordern: Verringerung des motorisierten Individualverkehrs durch Attraktivmachen der umwelt- und menschengerechteren Verkehrsmittel: Massiver Ausbau des öffentlichen Verkehrs, radikale Tarifsenkung, Verkehrsverbund von IVB, ÖBB und Post. Echter Vorrang für den Radwegbau, vor allem in der Innenstadt, auch auf Kosten von Autospuren. Berücksichtigung der Bedürfnisse von Fußgängern, vor allem von Kindern. Verkehrsberuhigung in allen Wohngebieten. Kein Bau von Zentrumsgaragen, kein Straßenausbau.

Umwelt und Ökologie

Die Arroganz der Politiker und ihrer Beamten dieser Stadt wird unerträglich.

Die Wärme des Lebendigen wird weggeplant und zuasphaltiert.

Die Umwelt beginnt den Menschen zu bedrohen, und zwar mit vom Menschen produziertem Gift in Boden, Luft und Wasser. Diese Bedrohung der Gesundheit kann nur dann abgewendet werden, wenn ein Umdenken erfolgt. Ein ganzheitliches (ökologisches) Betrachten ist notwendig. Schlechte Luft, Lärm, von Pflanzen und Tieren ausgeräumte Stadtteile sind nicht einzelne getrennte Erscheinungen, sondern entspringen einem Denken “nach immer mehr”. Und die Stadt stolpert von einer Schein-Reparatur zur anderen. Die Stadtpolitiker sprechen von mehr Grün, ohne sich über dessen Funktion im Klaren zu sein. Wir treten daher ein für städtische Abteilungen für Naturschutz und Landschaftsplanung, Erhaltung und Ausweitung der Grünflächen in der Stadt, Entgiftung des Verkehrs, tägliche Veröffentlichung der Luftgütemessungen, Müllrecycling.

Behinderte

Weil verstehbar wird, was auch erlebbar ist: Integration von Behinderten bereits in Kindergärten und Schulen. Weitestgehender Abbau von aussondernden und ghettobildenden Einrichtungen wie Sonderkindergärten und Sonderschulen. Lebensbereiche so gestalten, daß Behinderte selbstverständlich daran teilnehmen können: Integration in Betrieben, behindertengerechte Wohnungen, Ausbau eines wirksamen mobilen Betreuungsnetzes (Zivildiener!) für behinderte und alte Menschen – beginnender Abbau der entsprechenden Heims. Großzügige Unterstützung aller Organisationen und Initiativen, sofern sie integrativ mit Behinderten und Nicht-Behinderten arbeiten.

Kinder und Jugendliche

Damit Kinder-haben und Kind-sein in der Stadt erlebens-wert sein können, dürfen die Lebensbereiche und -bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nicht denen der Erwachsenen rigoros unterge-ordnet werden. Weder die Kinder noch ihre Erwachsenen sollten aufgrund ihrer speziellen Situation an der Teilnahme am Stadt-Leben behindert werden. Wir fordern den Ausbau von kindgerechten Spielmöglichkeiten (Wohnstraßen, Abenteuerspielplätze,…), Kindergärten nach den Bedürfnissen der Kinder und auch der berufstätigen Mütter (Öffnung über Mittag und über die Ferien), Förderung von Alternativschulen, Förderung autonomer, selbstverwalteter Jugendzentren und prinzipiell: Hilfe zur Selbsthilfe.

Frauen

Förderung von Fraueninitiativen (Autonomes Frauenhaus, Notruf, Frauenzentrum,”…), geschlechtsneutrale Stellenausschreibung, Öffnung aller Arbeitsstellen in der Gemeinde und ihren Betrieben für Frauen, Förderungsprogramm für Frauen im Gemeindedienst, besonders Ausbildung für Mädchen. Vertretung von Frauen in allen öffentlichen Gremien 50:50, gleichmäßige Aufteilung der Hausarbeit auf Männer und Frauen.

Demokratie

In der heutigen “Demokratie” wird von “oben nach unten” regiert. Z.B. werden Straßen gebaut, die die Bürger/ innen gar nicht wollen. Wir wollen nun, daß sich viele Men-schen demokratisch in alles, was sie betrifft, einmischen. Politik darf nichts Geheimes sein, daher fordern wir, daß alle Sitzungen der städt. Gremien öffentlich sind. Damit mehr Leute politische Erfahrung als Mandatare sammeln können, wechseln unsere Vertreter/innen alle zwei Jahre (Rotationsprinzip). Damit unsere Vertreter/innen nicht Entscheidungen treffen, die von uns gar nicht gewollt werden und damit die Erfahrungen, Meinungen und Vorschläge möglichst vieler ALI-Wähler berücksichtigt werden, sind unsere Mandatare/innen dazu verpflichtet, Grundsätzliches vorher in der Versammlung der ALI zu diskutieren. An die dort getroffenen Beschlüsse sind sie dann gebunden. “Privilegienabbau” heißt für uns Kürzung aller Politikergehälter auf die Hälfte, keine zusätzlichen Ämter und Aufsichtsratsposten für städtische Mandatare. Wir von der ALI werden, falls wir in den Gemeinderat kommen, mit gutem Beispiel vorangehen.

Budget

Die Mittel für die von uns gewünschten Maßnahmen können und sollen im Wesentlichen durch Umschichtungen gewonnen werden. So gibt die Stadt 1983 z.B. 116 Mio.S für Straßenneu- und ausbauten aus, aber nur 10,7 Mio.S für Radwege, Gehsteige, Behindertenrampen und Wohnstraßen. Für Repräsentation und Städtepartnerschaften u.ä. sind 1.890.000 S genehmigt worden – die Dienstmercedesse nicht mitgerechnet. Wir finden die Subventionierung parteinaher Verbände und Vereine einen Skandal: So bekommen z.B. die ÖVP-Frauenbewegung und ihr gemeinsam mit der kath. Kirche betriebenes “Frauenzentrum” 250.000 S (neben den kirchlichen Subventionen!), während von den unabhängigen Frauengruppen und -initiativen nur die “Tiroler Initiative Frauenhaus” 100.000 S erhält. Die Junge ÖVP bekommt 90.000 S Steuergelder, die Soz.Jugend 60.000 S, die Kath. Arbeiterjugend etwa aber nur 10.000 S.

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