Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Schlagwort: Grüne SeniorInnen

250/366: Wenn die Grünphasen zu kurz sind

Wenn die Grünphasen zu kurz sind... Cartoon: Markus Koza

Wenn die Grünphasen zu kurz sind… Cartoon: Markus Koza

Aus der Broschüre “Älter werden in Wien” der Initiative Grüne SeniorInnen (IGS) stammen dieser Cartoon von Markus Koza und die folgende Liste an grünen Forderungen für die Betreuung im Alter.


  • Eine Entmedikalisierung der SeniorInnenbetreuung und im Gegensatz dazu ein vermehrter Einsatz von Fachdiensten: Diplomierte Pflegekräfte, Physio-, ErgotherapeutInnen, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen.
  • Die Gewährung der freien Ärztinnenwahl: Bewohnerinnen in stationären Langzeitein-richtungen können von den niedergelassenen Ärztinnen im Bezirk versorgt werden. Hausbesuche müssen besser honoriert werden.
  • Ein Ausbau der sozialen Dienste: flexible Tages-, Kurzzeit- und Übergangspflege, bezahlte Nacht- und Wochenendbetreuung, Hauskrankenpflege.
  • Die Errichtung von lokalen Sozial- und Gesundheitszentren.
  • Eine Herabsetzung der Kostenbeiträge für die ambulanten Dienste für sozial Bedürftige, da diese sonst in eine stationäre Einrichtung aufgenommen werden müssen und dort wesentlich höhere Kosten (die dann fast zur Gänze über die Sozialhilfe von der Gemeinde getragen werden müssen) verursachen. Ein neues Kostenbeitragsmodell muss erstellt werden; zumindest im Bereich der stationären Kurzzeitpflege im Pflegeheim / Geriatriezentrum, durch die ja Spitalsaufenthalte eingespart werden, ist nicht nachvollziehbar, warum die dort Betreuten den Aufenthalt aus eigener Tasche bezahlen müssen. Verhandlungen über diesbezügliche Verbesserungen bzw. Umwidmungen sind mit den Trägerinnen der sozialen Krankenversicherung dringend zu führen.
  • Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für qualitätssichernde und kontrollierende Maßnahmen für öffentliche und private Anbieterinnen ambulanter Dienste.
  • Ausbau der Pflegewohnungen des Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser (mindestens 30% derPensionistinnenwohnungen sind zu Pflegewohnungen auszubauen). Eine bereits bestehende Pflegebedürftigkeit darf keinen Ausschlussgrund für die Aufnahme darstellen.
  • Ein Pflegeheimgesetz ist für Wien dringend notwendig, um die Situation der Heimbewohnerinnen zu verbessern. In einem Pflegeheimgesetz werden Mindeststandards (personelle, bauliche, finanzielle,…) und Bewohnerinnenrechte (Mitbestimmung!) festgelegt; Ein Wiener Pflegeheimgesetz muss auch Bestimmungen enthalten, die die Position von Angehörigen von Heimbewohnerinnen stärken und diese in die Lage versetzen, Rechte ihrer Verwandten als “Patient’s advocate” einzufordern.
  • Heimbewohnerinnen-Anwältin: Die Grünen fordern eine Initiative des Landes Wien zur Schaffung eines Bundesgesetzes, das eine unabhängige, professionelle Vertretung von außen (gerichtlich bestellte Heimbewohnerinnen-Anwältinnen) für Alten- und Pflegeheime vorsieht. Die Heimbewohnerinnen-Anwaltschaft könnte beim Verein für “Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft” angesiedelt werden. Ziel der Installierung einer Heimbewohnerinnen-Anwaltschaft ist die Stärkung der Persönlichkeitsrechte von Pflegeheimbewohnerinnen. Eine zentrale Aufgabe wäre die gerichtliche Vertretung von Pflegeheimbewohnerinnen und deren Angehörigen bei der Verfügung von gegebenenfalls notwendigen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. Dazu sind in Analogie zum Unterbringungsgesetz, das im Rahmen der psychiatrischen Abteilungen Anwendung findet, klare gesetzliche Normen notwendig. In der Praxis besteht nämlich ein nahezu vollkommenes gesetzliches Vakuum bei der Anwendung freiheitsbeschränkender Maßnahmen im PH-Bereich.
  • Qualität der Führungsebene: Essentiell für den gesamten Bereich der Betreuung alter Menschen ist die Qualifikation von Mitarbeiterinnen auf allen Leitungsebenen. Die Geriatrie darf kein Abstellgleis sein für ÄrztInnen, Pflegepersonen oder Angehörige anderer Gesundheitsberufe, denen andere Karrieren verwehrt geblieben sind und die nun in diesem Bereich eine letzte Chance auf Führungspositionen zu haben glauben. Leitende MitarbeiterInnen in der Altenbetreuung müssen nicht nur fachlich und menschlich besonders kompetent sein, sie müssen schließlich auch Burn-Out-Probleme ihrer MitarbeiterInnen zu verhindern bzw. zu erkennen und zu “behandeln” wissen, sie müssen motivieren können, sie müssen Krisen managen können, sie müssen in schwierigen Situationen optimale Kommunikationsformen finden und vieles anderes mehr. Auf ihre Ausbildung, ihre Auswahl, ihre Weiterbildung und ihre berufsbegleitende Supervision ist deshalb allergrößter Wert zu legen. //

53/366: Männer mit Strickzeug und Matratzen im Wohnzimmer. Erinnerungen an die Alternative Liste

Kurzinformation der Grün-Alternativen (Grünes Archiv Oberösterreich)

Kurzinformation der Grün-Alternativen (Grünes Archiv Oberösterreich)

Die oberösterreichische Grünpolitikerin Doris Eisenriegler nimmt uns mit auf eine gedankliche Reise zum ersten Bundeskongress der Alternativen Liste, der im  Jänner oder Februar 1983 in Linz stattfand. Hier ihre Erinnerungen an dieses Ereignis.


//zitat// Nach der Gründungsversammlung der Alternativen Liste im Herbst 1982 in Graz kam es Anfang 1983 in Linz in der Katholischen Hochschulgemeinde zum ersten Bundeskongress der neu gegründeten Partei. Organisator war hauptsächlich Walter Estl, der in Linz den Alternativladen*) betrieb. Vorbereitet wurde die Kandidatur zu den Nationalratswahlen 1983 bei denen wir schon mit einem von Erich Kitzmüller ausgearbeiteten Wahlprogramm aufwarten konnten.

In meiner Erinnerung festgeschrieben hat sich das Bild, das sich bei diesem Bundeskongress bot und das sich ganz wesentlich von heutigen Events der Grünen unterschied: Wir saßen im Kreis auf Tribünen – wahrscheinlich war das der Hörsaal, ich weiß es nicht mehr. In der Mitte tummelten sich unsere Kleinkinder auf dem Boden, auf den Rängen saßen nicht nur strickende Frauen, sondern auch Männer, die sich sichtlich mit Strickzeug abmühten. Ganz besonders erinnere ich mich an den handarbeitenden Fritz Schiller, der ja heute noch in der AUGE aktiv ist – aber ich glaube das Stricken inzwischen aufgegeben hat.

Es gab noch keine Parteimitglieder, nur AktivistInnen und die Entscheidungsfindung erfolgte basisdemokratisch mit open end der Debatten. Der Disput über die Inhalte erfolgte zwischen zwei Richtungen, der Wiener (links) und der Grazer (wertkonservativ) Gruppe. Da es noch keinerlei Budget für die Sitzungen gab, waren die Gäste aus den Bundesländern privat untergebracht. Beispielsweise war unser Wohnzimmer mit Matratzen für 30 Personen ausgelegt und eines meiner Kinder musste sein Zimmer für ein Liebespaar räumen…

Kurzinformation der Grün-Alternativen (Grünes Archiv Oberösterreich)

Kurzinformation der Grün-Alternativen (Grünes Archiv Oberösterreich)

*) im Alternativladen in der Zollamtstraße – gleich neben dem MÜLI-Laden – konnte man fairen Kaffee, Jutetaschen, Papierwaren aus schön gestaltetem Recyclingpapier, Schallplatten aller alternativen Liedermacher und vieles Andere kaufen. Das Geschäft war das Kommunikationszentrum für die Umwelt- und Sozialbewegungen in Oberösterreich, von hier aus wurde auch ich, und viele andere als AktivistInnen geworben. //zitatende//


Zur Person

Doris Eisenriegler ist seit über dreißig Jahren in der grün-alternativen Bewegung aktiv. Sie ist Gründungsmitglied der Alternativen Liste Österreichs (ALÖ) und war von 1983 bis 1985 ALÖ-Bundessprecherin. Seit 1985 ist sie Gemeinderätin in Wilhering, von 1997 bis 2009 war sie grüne Landtagsabgeordnete in Oberösterreich. Seit 2009 ist Eisenriegler Sprecherin der Grünen SeniorInnen Österreichs und Vertreterin im Österreichischen Seniorenrat.

Gesamte Kurzinformation “Die Grün-Alternativen” zum Download: 053-gruenalternativen-kurzinformation (PDF, 1,7 MB)

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