Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Schlagwort: Friedensbewegung (Seite 3 von 3)

157/366: Die Grünen werden gesamteuropäisch

“Die demokratische Revolution desJahres 1989 hat in den Ländern Ost- und Ostmitteleuropas nicht nur zum Zerfall des Stalinismus, sondern auch zu neuen Herausforderungen geführt: wachsende soziale Probleme, Nationalismus, zerstörte Umwelt… Diesen Herausforderungen stellt sich eine Fülle neuer Gruppen und Parteien, darunter auch Grüne”. Gerhard Jordan stellte in der Zeitschrift “Impuls grün” 4/1990 die grünen Parteien vor, die nach bzw. im Zuge der “Wende” gegründet worden waren. Titel seines Beitrags: “Die Grünen werden gesamteuropäisch”. Download im Originalformat: 157-impulsgruen-gruene-mittel-osteuropa (PDF, 1 MB)

Logos europäischer Grünparteien.

Logos der Grünparteien aus CSFR, DDR, Ungarn.


// DDR: Am 24.11.89 wurde die “Grüne Partei in der DDR” von AktivistInnen aus oppositionellen Umwelt- und Friedensgruppen, die sich in den 80er-Jahren im Umfeld der Evangelischen Kirche gebildet hatten, gegründet. Beim Parteitag vom 9.-11.Feb.1990 in Halle wurde das Programm (das inhaltlich denen westeuropäischer grünalternativer Parteien ähnelt) beschlossen. Bei der Volkskammerwahl am 18.3. erhielten die mit dem “Unabhängigen Frauenverband” verbündeten Grünen 1,97% und 8 der 400 Sitze und blieben, wie schon zu Zeiten des Honecker-Regimes, Opposition.

Kampf gegen das Donaukraftwerk Nagymaros

Ungarn: Die ”Grüne Partei Ungarns” (“Magyarországi Zöld Párt“, MZP) entstand vor allem aus der Bewegung gegen das Donaukraftwerk Nagymaros. Ihr Gründungskongreß fand am 18./19.11.89 in Budapest statt. Aufgrund des “hürdenreichen” Wahlrechts gelang der jungen Partei die Aufstellung von Listen nur in 4 der 19 (mit Budapest 20) Komitate. Bei den Wahlen am 25.3. kam sie auf einen landesweiten Durchschnitt von 0,4%. Weiterlesen

146/366: Staatspolizei überwachte Atomkraftgegner_innen

Das Schreiben des Innenministeriums an Wolfgang Pirker.

Das Schreiben des Innenministeriums an Wolfgang Pirker.

Gegen Waldheim und Wackersdorf demonstriert? Für die Grüne Alternative kandidiert? Für die Friedensbewegung engagiert gewesen? Die österreichische Staatspolizei war dabei. Wolfgang Pirker, der bis 2001 bei den Grünen in Ried im Innkreis (Oberösterreich) aktiv war, erinnert sich an seinen Akt bei der Stapo. Die Staatspolizei war die Vorgängerin des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung als Inlandsgeheimdienst des Innenministeriums.


Die Grüne Bewegung kenne ich seit ihren Anfängen. Ich war Mitbegründer der Grün-Alternativen Gruppe in Ried im Innkreis in Oberösterreich. Bei den Wahlen 1985 sind wir erstmals angetreten und waren fortan mit einem Mandat im Gemeinderat vertreten.

Dass die Anfänge der Grünen mit sehr viel Skepsis von den bestehenden politischen Parteien verfolgt wurden, spiegelt sich eindrucksvoll in der medialen Berichterstattung dieser Jahre wider. Doch nicht nur von Seiten der Medien und der politischen MitbewerberInnen war man skeptisch gegenüber diesen Entwicklungen.

Ich erinnere mich noch gut an den 5. Juni 1990. An diesem Tag erreichte mich ein RSa-Brief des Innenministeriums. Adressiert an “Wolfgang Pirker, Kirchengasse 12, 4910 Innsbruck” bzw. “Ried in Innsbruck”. Allein diese kuriose Adressierung veranlasste mich in der nächsten Ausgabe unserer Zeitung “Der Grünspecht” einen Kommentar mit dem Titel “Ich bin kein Tiroler!” zu verfassen.

Doch nun zum Inhalt des Briefes. Enthalten war darin mein StaPo-Akt oder wie es in dem Schreiben hieß “die Aufzeichnungen in den Evidenzen des Bundesministeriums für Inneres sowie bei der Sicherheitsdirektion, die für die von Ihnen angegebene Postanschrift zuständig ist”.

Es folgten detaillierte Auflistungen all jener Veranstaltungen und Versammlungen der Grün-Alternativen Bewegung, an denen ich teilgenommen hatte.

Aus dem Jahre 1984:
Sie wären Teilnehmer an einem Plenum der österreichischen Friedensbewegung in Linz gewesen.

1985:
Anläßlich der Landtagswahl am 6.10.1985 wären Sie Wahlwerber der “GAL” gewesen.
Sie hätten weiters am 21.12.1985 an einer Demonstration gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf teilgenommen.

1986:
Teilnehmer am sogenannten Plenum der BIP am 21.6.1986 in Linz.

1987:
Teilnehmer an einer Protestkundgebung gegen Bundespräsidenten Dr. Waldheim anläßlich der Eröffnung des Brucknerfestes 1987 in Linz.


Download des gesamten Schreibens: 146-stapo-ueberwachung-pirker-1990 (PDF, 0,7 MB)

124/366: Österreichisch-ungarisches Friedenstreffen 1986

Friedenstreffen in Budapest.

Karikatur aus dem Bericht in der Netzwerk-Zeitung.

Kontakte von Friedensaktivistinnen und -aktivisten aus der Basis über die Blockgrenzen hinweg fanden in den 1980ern nicht allzu häufig statt. Die österreichischen Anti-Abfangjäger-AktivistInnen Traude Fasching, Hannes Hofbauer, Andrea Komlosy und Christof Parnreiter berichteten von ihrem Treffen mit Leuten vom ungarischen Friedensclub 4-6-0 im Jahr 1986. Erschienen in “Netzwerk” 4/1986, S. 15-17.


//zitat// Ein Wochenende im Frühsommer. Hitze über der Stadt. Eine kleine Gruppe von Menschen sitzt debattierend im Kreise – die Fenster der geräumigen Privatwohnung weit geöffnet. Es geht um Kriegsgefahr, Aufrüstung und Militarismus und was man dagegen unternehmen kann. Ein bekanntes Bild für jede/n Friedensaktivisten/in und wohl kaum einer besonderen Erwähnung wert.

Doch unsere Runde unterscheidet sich in einigen wichtigen Details von anderen x-beliebigen Friedenstreffen. Es ist ein Zusammentreffen österreichischer Anti-Abfangjägeraktivist/inn/en mit Mitarbeitern des ungarischen Friedensclubs 4-6-0. (Die Zahlen stehen für die Anzahl der Jahre, die der 1., der 2. sowie der zu verhindernde 3. Weltkrieg dauerte.) Ort des Geschehens: Das sommerliche Budapest. Ziel des Treffens: ein Erfahrungsaustausch über Friedensbewegungen und Probleme der Friedensarbeit in den beiden Ländern sowie die Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme. Hinter der alltäglichen Zwanglosigkeit unserer Zusammenkunft verbergen sich eine Reihe unüblicher Dinge: Keineswegs gehört es zum Alltag “westlicher” oder “östlicher” Friedensaktivisten, mit Basisbewegungen jenseits der Blockgrenzen intensiven Austausch zu pflegen. Sicher, Friedenskontakte mit “Unabhängigen” des Ostens gehören zum Repertoire so mancher Prominenz des westeuropäischen Friedensestablishments. Unspektakuläre Zusammentreffen von Basisaktivisten sind hingegen äußerste Rarität. Das Treffen mit den 4-6-0-ern, die einzige überlebende ungarische Friedensgruppe mit kritischer Haltung zur offiziellen Friedensbürokratie und dennoch in ständiger Kooperation bzw. Abhängigkeit von dieser, war weder offiziell geplant worden, noch hatte es einen wie immer gearteten konspirativen Charakter. Es entspricht damit durchwegs der Arbeitsweise  des 4-6-0-Friedensclubs: den in den Ländern des “Ostblocks” kaum existenten Freiraum zwischen offizieller Friedenspolitik und oppositioneller Untergrundarbeit zu entdecken, auszuweiten und zu nutzen. 4-6-0 sitzt somit zwischen allen Stühlen, arbeitet öffentlich als unabhängige Gruppe und im Rahmen des offiziösen ungarischen Friedensrates zugleich und ist  damit sowohl dem ständigen Vereinnahmungsdruck von oben als auch der Kritik seitens der politischen Opposition ausgesetzt. Weiterlesen

93/366: 3000 Menschen bei Ostermarsch in Vorarlberg

Ostermarsch. Erste Internationale Veranstaltung zum Thema Frieden und Umwelt. Foto: Gerhard Jordan

Erste Internationale Veranstaltung zum Thema Frieden und Umwelt. Foto: Gerhard Jordan

Heute vor 28 Jahren, am 2. April 1988, fand in Bregenz der “Erste Internationale Bodensee-Ostermarsch für Frieden und Umwelt” statt: Rund dreitausend Menschen aus Österreich, aus der Schweiz und der BRD, aus Italien und aus Liechtenstein nahmen daran teil. Gerhard Jordan berichtete in der ersten Ausgabe der Zeitschrift “Ventyl” über diesen Ostermarsch und illustriert auch die 30jährige Tradition dieser Kundgebungen.


//zitat// Samstag, 2. April 1988, 14.00 Uhr, Bregenz: glitzernd, einem Meer gleich, breitet sich der Bodensee bis zum Horizont aus, schon den ganzen Tag über herrscht strahlendes Frühlingswetter. Mehr und mehr bunt gekleidete Menschen versammeln sich nahe der Mole am Ufer: sie kommen zu Fuß, mit der Bahn, mit dem Schiff und mit dem Fahrrad. Ihr Ziel ist der “1. Internationale Bodensee-Ostermarsch für Frieden und Umwelt”, den die “Unabhängige Friedensinitiative (UH) Vorarlberg” organisiert hat.

Logo des Bodensee-Ostermarsches.

Logo des Bodensee-Ostermarsches.

Der Brauch, alljährlich zu den Osterfeiertagen Friedensmärsche zu organisieren, ist in Europa bereits 30 Jahre alt – er begann 1958 mit der Gründung der britischen “Campaign for Nuclear Disarmament” (Kampagne für nukleare Abrüstung). Vor genau einem Vierteljahrhundert, am 2. April 1963, fand der erste Ostermarsch in Österreich statt, unterstützt von auch heute noch aktiven Friedenskämpfern wie Robert Jungk und Günther Anders. Der Marsch richtete sich gegen die damals noch überirdisch durchgeführten Atomtests und führte von Mödling über Perchtoldsdorf nach Wien. Im “Jahr der Studentenrevolte” – am 27. und 28. April 1968 – fand der bislang letzte österreichische Ostermarsch statt, bestehend aus einer Demonstration vom Westbahnhof über die Mariahilferstraße (unter lautstarker Beteiligung der “Neuen Linken”) mit anschließender Kundgebung in den Sophiensälen und einem Autokonvoy (Grüne gab’s damals noch nicht) von Wien über Wiener Neustadt, Mürzzuschlag und Kapfenberg nach Graz am darauffolgenden Tag. Die Beendigung des Vietnamkriegs, ein Rüstungsstopp und eine aktive Friedenspolitik Osterreichs waren die Ziele, für die damals marschiert wurde. Nach der Zerschlagung des “Prager Frühlings” im August 1968 und der darauffolgenden Säuberung der KPÖ von kritischen Mitgliedern zerfiel die Ostermarschbewegung bald, und es sollte 20 Jahre dauern, bis diese Tradition in Österreich wieder aufgegriffen wurde. Weiterlesen

86/366: GABL: Antwort auf den akuten Notstand unserer Umwelt

GABL-Argumente (1984)

GABL-Argumente, abgedruckt im Alternativenrundbrief 94/95 vom 2. April 1984, S. 5

Bei der Salzburger Landtagswahl 1984 scheiterte die Grün-Alternative Bürgerliste (GABL)  – wenn auch mit 4,26% nur knapp. Die GABL war aus Alternativer Liste, Salzburger Bürgerliste, Vereinten Grünen, Menschen aus BürgerInneninitiativen und Personen abseits von Organisationen gebildet worden.

Oberste Ziele der GABL

  • Der Schutz der Umwelt und der in ihr lebenden Menschen.
  • Die direkte Beteiligung der Bevölkerung an den Entscheidungsprozessen in allen unseren Lebensbereichen.
  • Die Beseitigung der Abhängigkeit der Menschen von den Parteien.
  • Das Verhindern von persönlicher Bereicherung einzelner zu Lasten von Natur und Mensch.
  • Die soziale Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft.
  • Das gewaltfreie Streben nach Frieden.

Warum wurde Mandat verfehlt?

Logo des "Alternativenrundbrief" 1984.

Logo des “Alternativenrundbrief” 1984.

Im Alternativenrundbrief 94/95 vom 2. April 1984 versuchte die GABL eine Analyse der Ursachen:

//zitat// Woran lag es also, dass wir das Landtags-Mandat verfehlten? (Grundmandat in der Stadt Salzburg, um ca. 1.000 Stimmen verfehlt). Einige Vermutungen:

  • Das Sammeln von Unterstützungserklärungen kostetet viel Kraft, die dann für andere Arbeiten fehlte.
  • Die viel zu lange Diskussion um eine Einigung mit der VGÖ hat die Wähler verunsichert.
  • Das Verleumdungsspiel der Medien mit “links” und “bürgerlich”, während die großen Parteien einander kaum kritisierten.
  • Vor allem war durch die Kandidatur der (Braun-)”Grünen” als Liste 4 die Verwirrung in der Bevölkerung groß, viele verwechselten sie mit der VGÖ. //zitatende//

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57/366: Von Eurokommunisten zu kritischen Christen

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die ersten grünen Abgeordneten, abgebildet in der Broschüre “The green party of Austria” (Grünes Archiv).

Der Bundesarbeitskreis “Frieden/Internationale Kontakte” der Grünen Bildungswerkstatt produzierte eine englischsprachige Broschüre, in der Entstehungsgeschichte, Wahlergebnisse und Ausrichtung der Grünen Alternative für ein internationales Publikum dargestellt werden. Erschienen ist sie vermutlich Ende 1988 / Anfang 1989, kann aus den angegebenen Wahlergebnissen und der Adresse des Bundesbüro geschlossen werden.


//zitat// A deficiency of the Austrian Greens is their lack of a detailed and comprehensive programme [das Grundsatzprogramm wurde tatsächlich erst 2001 beschlossen, Wahlprogramme und Programme zu einzelnen Themenbereichen gab es schon vorher, Anm.]. This is partly because of the very heterogeneous composition of “Die Grüne Alternative” which is the only progressive force in parliament (FPÖ is an oppositional party, too, but it criticizes the government for not being right-wing enough): “Die Grüne Alternative” comprises “euro-communists” (people that left KPÖ after the suppression of the “Prague Spring” in 1968) and Trotskyists (particularly in Vienna), ex-maoists and former SPÖ members as well as people coming from ALÖ, VGÖ and BIP, activists from local groups like “Bürgerliste” and KEL (“Koroška Enotna Lista“, a Carinthian list of the Slovene ethnic group) and critical christians, activists from the Hainburg movement, peace activists and unorganized individuals.

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Broschüre “The green party of Austria” (Grünes Archiv).

Thus, it’s not easy to find common standpoints on certain questions, for instance the privatization of Austria’s nationalized industry or the relation between parliamentary work and extra-parliamentary action. //zitatende//


 

Die gesamte Broschüre zum Download: 057-green-party-of-austria (PDF, 4 MB)

31/366: Argumente gegen Abfangjäger 1985

Titelblatt der Broschüre "Argumente gegen Abfangjäger", 1985

Titelblatt der Broschüre “Argumente gegen Abfangjäger”, 1985 (Grünes Archiv)

“Macht nichts, kann ruhig teuer sein. Wir bringen alle Kosten über Kompensationen wieder herein” – kommt Ihnen bekannt vor? Nein, nicht alles, was nach Eurofightern klingt, dreht sich auch um Eurofighter. Blicken wir etwas weiter zurück: Im November 1985 wurde das Volksbegehren gegen Abfangjäger und zur Einleitung einer Volksabstimmung von 121.182 Personen, das waren 2,23 % der Wahlberechtigten, unterzeichnet. 1985 erschien die 32seitige Broschüre “Argumente gegen Abfangjäger”, die im Grünen Archiv verwahrt wird. Klares Urteil über Abfangjäger: “neutralitätsrechtlich bedenklich, sicherheits- und friedenspolitisch sinnlos, wirtschaftlich untragbar und für die Anrainer unzumutbar” (S. 2). Zum Beispiel werden die viel gerühmten Kompensationen kritisch unter die Lupe genommen:

Broschüre "Argumente gegen Abfangjäger", S. 23.

Broschüre “Argumente gegen Abfangjäger”, S. 23.

//zitat// “Macht nichts, kann ruhig teuer sein. Wir bringen alle Kosten über Kompensationen wieder herein”, sind sich die Befürworter einig. Der unkundige Laie mag beinahe den Eindruck gewinnen, als handle es sich beim Abfangjägerkauf für uns Österreicher um ein Geschäft. (…) Milliardenaufträge für die österreichische Wirtschaft aus dem Ausland – das klingt fürs erste immer gut. Auf den zweiten Blick bekommt das Bild vom Riesengeschäft allerdings einige Risse: Weiterlesen

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