Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Kategorie: Von außen gesehen (Seite 3 von 3)

was andere über die Grünen sag(t)en

180/366: Von Schlappis zu Yuppies? Der neue Stil der Grünen

Von Schlappis zu Yuppies?

Von Schlappis zu Yuppies?

“Wo der Atomtod drohend das Haupt reckte, die letzten Flüsse ölig dahinsiechten, der Klapperstorch längst aus der Au vertrieben war, verschwendete niemand einen Gedanken an Krawatte oder Kostüm. Angesichts der bevorstehenden und vorüberziehenden Katastrophen waren Gedanken an die angesagte Kleiderordnung blasphemischer Natur”. Mit seinem Artikel “Vertrauensbildende Maßnahmen. Anmerkungen zur Äußerlichkeit, traditionelle Schwäche guter grüner Menschen” greift Jürgen Brües im “Impuls grün” vom November 1994 die Latzhosen- und Birkenstockklischees auf. Aber was spricht eigentlich – aus heutiger Sicht – gegen bequeme Ökokleidung? Wie wichtig ist uns das Outfit von Politikern und Politikerinnen?


// Es gab Zeiten, da war alles einfach. Außenwelt und Innenwelt stimmten aufs trefflichste überein: Wo der Atomtod drohend das Haupt reckte, die letzten Flüsse ölig dahinsiechten, der Klapperstorch längst aus der Au vertrieben war, verschwendete niemand einen Gedanken an Krawatte oder Kostüm. Angesichts der bevorstehenden und vorüberziehenden Katastrophen waren Gedanken an die angesagte Kleiderordnung blasphemischer Natur.

Schlabberlook Marke selbstgestrickt

In guter mitteleuropäischer, genaugenommen deutscher Tradition sollten in Kreisen pazifistischer und ökologischer WeltenretterInnen Fragen der Äußerlichkeit die Dominanz der guten Gesinnung nicht verwischen. Das Edle durfte durch den Talmiglanz schimmernder Oberflächen nicht getrübt werden. Aber: Gerade durch die Ablehnung des “Modediktats” schickte die Alternativbewegung der späten Siebziger und frühen Achtziger ihr eigenes Outfit — Schlabberlook Marke selbstgestrickt —als Mitteilung in alle Welt hinaus. Das Klischee der schlurfenden LatzhosenpolitikerInnen ward geboren. Der Mode ist so leicht nicht auszukommen. Sie ist, so schreibt der VOGUE-Redakteur Ulf Porschardt in einer SPIEGEL-Spezialausgabe zu Pop und Politik, “per se kommunikativ. Je feiner und raffinierter ein Stil ist, um so mehr erzählt er über seinen Träger. Er berichtet vom Wissen des Trägers, von dessen Selbstbewußtsein, von seinem Charme, seiner Zugehörigkeit zu einer Subkultur, ja von seiner Intelligenz.”

Buttons, Jeans und Parka

Die Alternativbewegung und mit ihr die Grünen verstanden die besonderen Botschaften des Äußerlichen, Öffentlichen nur langsam. Sie hatten von ihren eigenen optischen Codes unwissentlich profitiert, als die Angst vor dem atomaren Krieg unter den Menschen und dem ökologischen Krieg gegen die Natur die Massen vornehmlich in Europa auf die Straßen und in die Initiativen trieb. Bunte Buttons als Erkennungszeichen verbanden die Wohlmeinenden miteinander, Jeans und Parka trennten die “Ökopaxe” (Spiegel) von mit den grauen Anzügen ausstaffierten PolitbürokratInnen. Weiterlesen

157/366: Die Grünen werden gesamteuropäisch

“Die demokratische Revolution desJahres 1989 hat in den Ländern Ost- und Ostmitteleuropas nicht nur zum Zerfall des Stalinismus, sondern auch zu neuen Herausforderungen geführt: wachsende soziale Probleme, Nationalismus, zerstörte Umwelt… Diesen Herausforderungen stellt sich eine Fülle neuer Gruppen und Parteien, darunter auch Grüne”. Gerhard Jordan stellte in der Zeitschrift “Impuls grün” 4/1990 die grünen Parteien vor, die nach bzw. im Zuge der “Wende” gegründet worden waren. Titel seines Beitrags: “Die Grünen werden gesamteuropäisch”. Download im Originalformat: 157-impulsgruen-gruene-mittel-osteuropa (PDF, 1 MB)

Logos europäischer Grünparteien.

Logos der Grünparteien aus CSFR, DDR, Ungarn.


// DDR: Am 24.11.89 wurde die “Grüne Partei in der DDR” von AktivistInnen aus oppositionellen Umwelt- und Friedensgruppen, die sich in den 80er-Jahren im Umfeld der Evangelischen Kirche gebildet hatten, gegründet. Beim Parteitag vom 9.-11.Feb.1990 in Halle wurde das Programm (das inhaltlich denen westeuropäischer grünalternativer Parteien ähnelt) beschlossen. Bei der Volkskammerwahl am 18.3. erhielten die mit dem “Unabhängigen Frauenverband” verbündeten Grünen 1,97% und 8 der 400 Sitze und blieben, wie schon zu Zeiten des Honecker-Regimes, Opposition.

Kampf gegen das Donaukraftwerk Nagymaros

Ungarn: Die ”Grüne Partei Ungarns” (“Magyarországi Zöld Párt“, MZP) entstand vor allem aus der Bewegung gegen das Donaukraftwerk Nagymaros. Ihr Gründungskongreß fand am 18./19.11.89 in Budapest statt. Aufgrund des “hürdenreichen” Wahlrechts gelang der jungen Partei die Aufstellung von Listen nur in 4 der 19 (mit Budapest 20) Komitate. Bei den Wahlen am 25.3. kam sie auf einen landesweiten Durchschnitt von 0,4%. Weiterlesen

138/366: Leitlinien grüner Politik – ein Fall fürs Gericht?

Die Leitlinien grüner Politik wurden in der Zeitschrift "Impuls Grün" 8+9/1990 veröffentlicht.

Die Leitlinien grüner Politik wurden in der Zeitschrift “Impuls Grün” 8+9/1990 veröffentlicht.

Als Vorläufer des grünen Grundsatzprogramms wurden 1990 – nach über einem Jahr basisdemokratischer Programmarbeit in Diskussionen, Seminaren, Veranstaltungen und Gesprächen – die “Leitlinien Grüner Politik” vom Bundeskongress beschlossen. Elf Jahre später, im März 2001, waren diese Leitlinien Bestandteil einer schriftlichen Anfrage der freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Theresia Zierler, Helene Partik-Pablé und Kollegen an Innenminister Ernst Strasser:

Dem Grundsatzprogramm der Grünen [gemeint sind die Leitlinien, Anm.] ist folgendes zu entnehmen: “Auch Blockaden, Besetzungen, spontane Streiks uva. können in besonderen Fällen Mittel einer grün-alternativen Politik sein, wobei es im Wesen des Widerstandes und des zivilen Ungehorsams liegt, daß sich diese nicht von vornherein auf den von den Mächtigen vorgegebenen Rahmen einer einseitig ihre Interessen schützende Legalität eingrenzen lassen”.

Nach §281 StGB ist die Aufforderung ein bestimmtes Gesetz allgemein oder grundsätzlich zu mißachten strafbar. […]

  1. Teilen Sie die Auffassung, daß die oben angeführte Aussage ein Aufruf zur Gewalt ist? Sehen Sie durch die in den oben angeführten “Leitlinien Grüner Politik” erfolgten Aufrufe zu Nötigung und Hausfriedensbruch, bzw. im Gutheißen dessen, den §281 StGB verletzt? Wenn ja, werden die dafür zuständigen Behörden Ermittlungen durchführen und welche? Wenn nein, warum nicht?
  2. Sehen Sie durch die in den oben angeführten “Leitlinien Grüner Politik” erfolgten Aufrufe zu Nötigung und Hausfriedensbruch, bzw. im Gutheißen dessen, andere Rechtsnormen verletzt? Wenn ja, werden die dafür zuständigen Behörden Ermittlungen durchführen und welche? Wenn nein, warum nicht?
  3. Sehen Sie im Gutheißen von Blockaden Ihre Politik des von Ihnen so titulierten “österreichischen Weges” konterkariert? Wenn ja, was wollen Sie dagegen unternehmen?
  4. Zu wie vielen Blockaden (z.B. Straßensperren) ist es während Ihrer Amtszeit wann und wo genau gekommen?

Die Antwort des Innenministers Strasser lautete, dass darin keine Aufforderung zu einem strafbaren Verhalten zu erkennen sei: Weiterlesen

109/366: Promis über grüne Erfolge im Parlament

Madeleine Petrovic, Marijana Grandits und Monika Langthaler auf der Titelseite von "Impuls Grün" (Grünes Archiv).

Madeleine Petrovic, Marijana Grandits und Monika Langthaler auf der Titelseite von “Impuls Grün” (Grünes Archiv).

“Heute kann es sich keine politische Kraft in diesem Land mehr leisten, Umweltfragen nicht zu beachten oder unbeantwortet zu lassen. Das ist das eigentliche historische Verdienst der Grünen”, sagte die damalige SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer über die Grünen. “Nicht sehr, aber ein bißchen schon” hätten die Grünen dem ÖVP-Justizsprecher Michael Graff gefehlt. Wie andere österreichische Prominente aus Politik, Kultur und Umweltschutz die Arbeit der Grünen im Parlament von 1990 bis 1994 beurteilten, ist in der Zeitschrift “Impuls Grün” 6/1994 nachzulesen. Eine Auswahl gibt’s hier im Blog nachzulesen. Drei Fragen wurden gestellt:

  1. Was haben Ihrer Meinung nach die Grünen mit ihrer bisherigen Parlamentsarbeit erreicht?
  2. Wie würde es sich auf die österreichische Politik auswirken, wenn die Grünen nicht mehr im Parlament wären?
  3. Würden Sie die Grünen vermissen, wenn sie nicht mehr im Parlament wären?

Brigitte Ederer (Staatssekretärin für Integrationsfragen und Entwicklungszusammenarbeit, SPÖ)

Frage 1: Die Grünen haben die österreichische Politik in einem wesentlichen Punkt verändert. Heute kann es sich keine politische Kraft in diesem Land mehr leisten, Umweltfragen nicht zu beachten oder unbeantwortet zu lassen. Das ist das eigentliche historische Verdienst der Grünen. Mir wäre es natürlich lieber gewesen, wenn die SPÖ rechtzeitig diese Rolle übernommen hätte.

Frage 2 und 3: Inhaltlich wäre es sicherlich ein Verlust, denn die Grünen sind als fortschrittliche Oppositionspartei wichtig. Auch wenn ich die Position der Grünen oft nicht teile, tragen sie zur Diskussion über die gesellschaftliche Zukunft Österreichs wesentlich mehr bei als die größere Oppositionspartei. Als alte Reformistin erlaube ich mir auch dann und wann, eine Idee der Grünen auszuborgen. Das wäre ungleich schwieriger, wenn sie nicht mehr im Parlament wären. Die Grünen haben ihren Platz in der politischen Landschaft Österreichs, ob sie nun im Parlament sind oder nicht.

Reinhold Gärtner (Politikwissenschafter, Universität Innsbruck)

Frage 1: Die Grünen haben in erster Linie zur Sensibilisierung bestimmter Themen (Beispiel Umweltschutz) beigetragen und damit partiell andere Parteien — speziell SPÖ und ÖVP — in Zugzwang gebracht. Daß dies nicht in allen Fällen gelingen kann und daß in manchen Bereichen, etwa der Ausländerpolitik, zwar — angesichts der Ausländerpolitik von SPÖ und ÖVP notwendige — Polarisierung bzw. Gegenposition artikuliert wurde, aber keine Erfolge zu verzeichnen sind, ist nicht den Grünen anzulasten, sondern ist in deren Oppositionsrolle begründet.

Frage 2: Ohne die Grünen im Parlament wäre Österreichs Politik ärmer, Opposition im wesentlichen der FPÖ überlassen, und das politische und gesellschaftliche Klima frostiger. Die Grünen stellen — neben dem erst seit kurzem vertretenen Liberalen Forum — zur Zeit die einzig ernstzunehmende Opposition dar. Vor allem im Bereich Demokratieentwicklung bzw. Kritik an auch in Österreich zunehmend feststellbaren Angriffen auf Menschenrechte — Stichwort Asylgesetz oder “sein bester Selbstmord” (M. Graff) — würden ohne die Grünen wesentliche Impulse fehlen.

Frage 3: Ja.

Michael Graff (Abgeordneter und Justizsprecher der ÖVP)

Frage 1: Sie haben das Parlament belebt, und ihre Oppositionsaufgabe insofern erfüllt, als sie den Regierungsparteien nicht alles durchgehen lassen.

Frage 2: Es wären ein paar Farbtupfer weniger.

Frage 3: Nicht sehr, aber ein bißchen schon. Weiterlesen

66/366: 25 Jahre Grüne in den Wiener Bezirksvertretungen – ein Blick von innen und außen

Das Grüne Archiv wurde am 1. Juli 2012 gegründet. Als erste öffentlichkeitswirksame Aktion wurde – in Kooperation mit der Bezirkekonferenz – eine Wanderausstellung zum Jubiläum “25 Jahre Grüne in den Wiener Bezirksvertretungen” gestaltet. Nachdem es bereits ab 1983 BezirksrätInnen der Alternativen Liste Wien und der Vereinten Grünen gegeben hatte, zogen 1987 in alle 23 Bezirksvertretungen grün-alternative BezirksrätInnen ein. In der als “lustvolles Training für das grüne Gedächtnis” konzipierten Schau wurden die wichtigsten Stationen der Grünen und Alternativen in Wien (von der Vorgeschichte mit Hausbesetzungen und Demos über erste kommunalpolitische Programme bis zu den Angelobungen der grünen Bezirksvorsteher) und die Geschichte der Grünen im jeweiligen Bezirk in Erinnerung gerufen. Die Ausstellung war in den Bezirken Währing, Neubau, Hernals, Leopoldstadt, Brigittenau und Landstraße zu sehen und kann jederzeit im Grünen Archiv ausgeliehen werden.

Am 8. November 2012 versuchten Andrea Binder-Zehetner (1987 grüne Bezirksrätin in Wien-Währing), Herbert Sburny (grüner Bezirksrat in Wien-Neubau, Amerlinghaus-Aktivist), Herbert Tamchina (1991-1998 Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, SPÖ) und Heribert Steinbauer (Bezirksvorsteher-Stellvertreter von Wien-Neubau, ÖVP) im Festsaal des Amtshauses Neubau über eine Bewertung: Welchen Beitrag haben die Grünen zur politischen Kultur geleistet? Wie haben die anderen Parteien die ersten grünen BezirksrätInnen wahrgenommen? An welchen gesellschaftlichen Bruchstellen entstehen neue politische Bewegungen? Wann wird eine Bewegung zu einer Partei? Die Diskussion wurde von Silvia Nossek moderiert und von Peter Horn für zige.tv / ichmachpolitik.at dokumentiert.

37/366: Lebensbejahend oder lebensfrustriert – wozu zwei Grünparteien?

grüner Schriftzug mit Rufzeichen auf grauem UntergrundWozu zwei Grünparteien? Was unterscheidet sie voneinander? Diese Fragen versuchten die Vereinten Grünen in einem “Grünen Wegweiser” – natürlich aus ihrem Blickwinkel – zu beantworten. Die vierseitige Publikation des Landesverbandes Wien der Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) wurde im Wiener Stadt- und Landesarchiv (Bestand 1.104.3 – Die Grünen) gefunden. Der Text hat keine Jahresangabe, dürfte aber mit späte 1980er bzw. frühe 1990er datiert werden können.

Die VGÖ, eine “ländlich-ökologische Bewegung”, wurde 1982 von Alois Englander gegründet. Die bürgerlich-grüne Partei trat bei vier Nationalratswahlen gegen andere Grünparteien an (1983 gegen die Alternative Liste Österreichs, 1986 gegen die Grüne Alternative und Die Grünalternativen – Demokratische Liste (GAL), 1990 und 1994 gegen die Grüne Alternative), schaffte den Einzug jedoch nicht.

Die Liste bietet sicher jede Menge Diskussionsstoff…


Grüner Wegweiser! Wozu zwei Grünparteien? Was unterscheidet sie voneinander?

//zitat// VGÖ: eine Grünpartei ohne “Nebenfarben”, gemäßigt, demokratisch bürgernah, “radikal” nur inbezug auf die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Alternative: Partei mit grüner Deckfarbe, unter der es nicht selten rötlich bis blutrot schimmert.

VGÖ: Positiv kritisch, staats- und gesellschaftsbejahend
Grüne Alternative: destruktiv kritisch, überwiegend staats- und gesellschaftsfeindlich Weiterlesen

34/366: Ein Sessel namens Rudi

Rudi Anschober auzf dem grünen Regierungssitz auf der Titelseite des OÖ Planet 29/2003 (Grünes Archiv)

Rudi Anschober auf dem grünen Regierungssitz auf der Titelseite des OÖ Planet 29/2003 (Grünes Archiv)

UrheberIn unbekannt. Hinweis von Manfred Walter.

Anschöbör, der Ikea-Sessel aus Plastik. UrheberIn unbekannt. Hinweis von Manfred Walter via Facebook.

“Rudi Anschober ist landauf, landab mit einem grünen Sessel zu sehen. Neben Elefanten und Löwen, Menschen unter Regenschirmen und Ansichtskartenidylle im Großformat hebt sich der grüne Sessel beinahe schon minimalistisch von der Bilderflut ab. Alles andere als minimalistisch ist jedoch seine Bedeutung: der Einzug in die Landesregierung, ein Grüner Umweltlandesrat mit weitreichenden Kompetenzen”, schrieb Andrea Danmayr im OÖ Planet 29/2003 (S. 1).  Der “grüne Regierungssitz” war eben nicht nur das Ziel der Grünen für die oberösterreichischen Landtagswahl 2003, sondern auch ein wichtiges Objekt im Wahlkampf (Bild 1). Seine Omnipräsenz verleitete offensichtlich zu dieser schönen Montage (Bild 2). Der Hinweis stammt von Manfred Walter – danke!

Die Grünen erreichten bei dieser Wahl 9,1 Prozent, gewannen zwei Mandate und realisierten erstmals den angestrebten Einzug in die Landesregierung. Die Verhandlungen mit der ÖVP führten zur ersten schwarz-grünen Zusammenarbeit auf Länderebene. Weiterlesen

24/366: Kampf gegen “Zerstörung, Packelei und soziale Kälte”: die Salzburger Bürgerliste

Titelblatt der Festschrift "20 Jahre Bürgerliste".

Titelblatt der Festschrift “20 Jahre Bürgerliste”, 1997 (Grünes Archiv, Inventarnr. 905). Karikatur von Thomas Wizany.

In den späten 1970er Jahren kam es in Österreich zu ersten grünen Kandidaturen bei Gemeinderatswahlen. Die Bürgerliste, ein Zusammenschluss verschiedener BürgerInneninitiativen, zog 1977 mit zwei Mandaten in den Gemeinderat der Stadt Salzburg ein – Gemeinderäte wurden Herbert Fux und Richard Hörl. Zum zwanzigjährigen Bestehen 1997 wurde eine Jubiläumsschrift veröffentlicht, die von einer kleinen Gruppe unabhängiger JournalistInnen redigiert wurde und nicht (nur) die bei einem solchen Anlass zu erwartenden Gratulationen, sondern auch kritische Auseinandersetzungen mit der grünen Politik in Salzburg enthält. Positives Fazit der Bürgerliste im Vorwort: “Die Gruppe engagierter SalzburgerInnen, die der Zerstörung, der Packelei und der sozialen Kälte den Kampf angesagt hat, konnte weit mehr erreichen, als selbst Wohlmeinende Ende der 70er Jahre zu hoffen wagten”.

Bürgerliste = Bürgerinnenliste?

Die Sozialwissenschaftlerin Ulrike Gschwandtner beschrieb in ihrem Beitrag, warum aus ihrer Sicht “die Bürgerliste nicht unbedingt eine Bürgerinnenliste” war:

//zitat// Eigentlich könnte sich ein Artikel über das Verhältnis zwischen Bürgerliste und “Frauen” auf folgende kurze Darstellung beschränken. In ihrer Entwicklung unterscheidet sich die Bürgerliste nicht wesentlich von der Sozialdemokratie oder der Volkspartei: Den “Gründervätern” (Hörl, Ziesel, Fux) folgen “Kronprinzen” (Voggenhuber, Padutsch) nach. Die erste Frau wurde unter anderem deshalb nominiert, weil ein Mann meinte. “Es muß eine Frau auf der Liste geben.” 1982 kam so Dietlinde Kurz, Aktivistin gegen den Bau einer Stadtautobahn, als erste Frau für die Bürgerliste in den Gemeinderat, 1988 wurde Elisabeth Moser in den Gemeinderat kooptiert, 1992 wurden mit Ulrike Saghi und Angelika Gasteiner zwei weitere Frauen Gemeinderätinnen der Bürgerliste. (…)
Die Stadt Salzburg – und dies ist der maßgebliche Kontext, in dem sich die Politik der Bürgerliste bewegt – ist nach wie vor fest in männlicher Hand. Alle wesentlichen Positionen wie Bürgermeister, dessen Stellvertreter sowie die restlichen Regierungsmitglieder sind von Männer besetzt. (…)
Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die Tatsache, daß die Frauen der Bürgerliste nicht aus der Frauenbewegung kommen und sich auch nicht als Feministinnen verstehen. Weiterlesen

8/366: was Johanna Dohnal 1996 an den Grünen gefiel

Johanna Dohnal gratulierte der Grünen Alternative 1996 zu ihrem zehnjährigen Parlamentsjubiläum und hob Gemeinsamkeiten hervor.


//zitat// Zehn Jahre Grüne im Parlament sind ein Anlaß zur Gratulation, daher erspare ich mir und Ihnen kritische Anmerkungen und sage Ihnen einige Punkte, die mich freuen:
► Die Grünen haben die politische Kultur des Parlaments in einer mir sehr sympathischen Art bereichert und beeinflußt. Ich hoffe, es bleibt dabei und sie lassen sich nicht von Parteien ankränkeln, die politische Kultur mit der Ausübung von Ritualen verwechseln.
► Die Repräsentanz von Frauen und Männern in einem geschlechterdemokratischen Verhältnis.
► Gemeinsamkeiten in frauen-, sozial- und sicherheitspolitischen Fragen in jener Zeit, in der ich selbst noch parteipolitisch aktiv war – umso mehr dann, wenn ich sie in der eigenen Partei nicht fand.
►Die freundschaftlichen Beziehungen und Umgangsformen, die fernab von Packelei und Mauschlerei auch mit politischen KonkurrentInnen möglich sind.

Alles Gute! //zitatende//

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