Alternative Regierungserklärung der Grünen Alternative 1987

Alternative Regierungserklärung der Grünen Alternative 1987

“Die Entscheidungen über das Wie unseres Lebens haben sich längst von demokratisch gewählten Einrichtungen hin zu einer schmalen Oligarchie aus Politik, Verbänden und Wirtschaftsspitzen verlagert. (…) Politik ist längst ein Wurmfortsatz der Ökonomie und darf deren soziale, ökologische und politische Schäden reparieren”, stellten die Grünen 1987 fest. In einer Alternativen Regierungserklärung hielten die Jung-Parlamentarier_innen – am 17. Dezember 1986 angelobt – ihr Gegenprogramm fest.

Kapitel der Regierungserklärung

  • Ohnmacht der Politik an der Jahrtausendschwelle
  • Ziele einer Überlebenspolitik
  • Vorsorgende Umweltpolitik statt Symbolik und Kosmetik
  • Wir wollen nicht im Müll ersticken
  • Kraftwerke sind die Antwort, aber was war die Frage?
  • Obrigkeitsstaat, Untertanenrepublik
  • Bausteine einer umwelt- und menschenverträglichen Wirtschaftspolitik
  • Von der Landindustrie zur Landwirtschaft
  • Für eine solidarische Sozialpolitik
  • Die Gesundheitspolitik soll gesund machen

Wir, eine Gruppe besorgter und engagierter Menschen, wurden von 234.000 Wähler/innen beauftragt, die elementaren Anliegen, die für das Überleben der Menschheit insgesamt und ein angstfreies, glückliches Leben in Österreich von zentraler Bedeutung sind, in das Parlament zu tragen.

Dank der Unterstützung von vielen Initiativen und Experten/innen, denen das Wohl der Menschen wichtiger ist als Gutachterschillinge, legen wir nun diese Visionen für eine langfristige  Politik vor. Die Schwerpunkte sind:

  • Energie- und Verkehrspolitik
  • Wirtschaftspolitik
  • Demokratiereform
  • Sozial- und Gesundheitspolitik
  • Bildungs- und Kulturpolitik

Wir haben vor, auch in anderen Bereichen, besonders in der Frage einer gerechten Wirtschaftsordnung, politische Akzente zu setzen. Dazu werden wir gesonderte Konzepte vorlegen.

Ohnmacht der Politik an der Jahrtausendschwelle

Eine eigentümliche Situation ist die Grundlage unserer Überlegungen: Heute bietet die Politik das Bild einer ungeheuren Allmacht, während sie doch in Wahrheit äußerst ohnmächtig, ja fast armselig  agiert. Warum?

Die Entscheidungen über das Wie unseres Lebens haben sich längst von demokratisch gewählten Einrichtungen hin zu einer schmalen Oligarchie aus Politik, Verbänden und Wirtschaftsspitzen verlagert. Der sogenannte Sachzwang diktiert, die Bud-gets sind bis zu 95 % festgeschrieben, die Strukturen bleiben unverändert, die soziale Lage wird als unabänderlich hingenommen. Politik ist längst ein Wurmfortsatz der Ökonomie und darf deren soziale, ökologische und politische Schäden repa-rieren. Die Belege dafür sind unübersehbar. So verlagern sich immer mehr Umweltinvestitionen auf die öffentliche Hand, so ist das Gesundheitswesen eigentlich längst schon ein krankmachendes Wesen.

Die Ohnmacht der Politik wird von den etablierten Machtgruppen gern verleugnet. Dadurch geraten sie in das unlösbare Dilemma, auf der einen Seite vieles zu versprechen, auf der anderen Seite nur wenig verändern zu können. Und wie gehen sie mit diesem Dilemma um? Nein, es wird nicht wahrgenom-men, sondern im Gegenteil durch die Ausblendung  unerwünschter Wirklichkeiten schlicht verdrängt bzw. bewußt geleugnet. Das Ergebnis muß zwangs-läufig eine technokratische Pseudovernunft sein, eine Pseudovernunft,

  • die Lärmschutzwände als Umweltschutz verkauft, anstatt sich um eine Eindämmung des mörderischen Individualverkehrs zu kümmern;
  • die angeblich Arbeitsplätze schafft und fördert, dabei aber nur Maschinen in Gang setzt und über den Sinn von Arbeit und Produktion nicht mehr nachdenkt;
  • die technischen Fortschritt um jeden Preis will, aber die sozialen und ökologischen Folgen von Technik aus dem Auge verliert.

Die unmittelbare Folge dieser verräterischen Pseudovernunft, die ständig vom ebenso verräterischen Wort “sowohl als auch” geprägt ist, ist eine Verschiebung der Politik von den Ursachen zum Symptom.


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