Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Monat: Juli 2016 (Seite 2 von 4)

203/366: Die Hälfte des Himmels für grüne Frauen

Brot & Rosen 4 (1992)

Deckblatt von Brot & Rosen 4 (1992)

Im September 2016 wird die grüne Bundesfrauenkonferenz “Frauen stärken durch Grüne Politik” in Wien stattfinden. Ein sehr wichtiger Programmpunkt: der Startschuss zur Gründung der Grünen Frauen Österreich. Bisher gab es grüne Frauenorganisationen nicht in allen Bundesländern und nicht auf Bundesebene. Die Grünen Frauen Wien dagegen feiern heuer bereits ihr 30-Jahr-Jubiläum (hier das Programm der Feier rund um die Bundesfrauenkonferenz: 203-30-jahre-grüne-wien)

Braucht eine Partei, die “feministisch” als einen von sechs Grundwerten hat und bei Kandidaturen die Parität einhält, eine eigene Frauenorganisation? Einen Eindruck von den entsprechenden Diskussionen in den 1990er Jahren liefert der Artikel “Die Hälfte des Himmels”, den Ingrid Gurtner 1992 in der Zeitschrift “Brot & Rosen” veröffentlicht hat.


“Das Beste, das die katholische Kirche je hervorgebracht hat, sind ihre Ketzer” – mit diesem Satz leitete der Hochschulseelsorger von Salzburg in den siebziger Jahren seine Stellungnahmen zur Kirchengeschichte ein und auch wenn es um die heutige Rolle dieser Kirche ging, war dieser Satz ein geflügeltes Wort.

Seit ich mich erinnern kann, spiele ich mit Begeisterung eine Rolle, die ich für die einer “Ketzerin” halte.

Als Lehrerin flog ich zweimal aus katholischen Privatschulen. Dazu reichte zu Beginn der achtziger Jahre schon, den Lehrplanauftrag für das Fach Biologie zu erfüllen, nämlich Sexualkunde nicht nur an Tieren, sondern auch an menschlichen Beispielen zu behandeln.

Mein Erstkontakt zur Grünen Alternative war die Frage: “Wo finde ich die Grüne Frauenorganisation ?” Als mir die damalige Bürofrauschaft einhellig erklärte, daß man so etwas bei den Grünen nicht brauche, wußte ich seit dieser Minute, welche Rolle ich in dieser Partei spielen wollte.

Gewohnt, daß Kirchenfunktionäre und Kleriker auf feministische Fragestellungen mit: “Die heilige Jungfrau Maria” oder persönlichen Beleidigungen der Fragestellerin antworteten, erlebte ich nun ähnliche Abwehrstrategien in “grün” – von Frauen und von Männern.

Frauen aus dem damaligen Wiener Landesvorstand diskutierten mit uns, ob wir als Gruppe überhaupt existieren dürften.

Viele meinten, unsere Gruppe sei ein “Ghetto”, in dem sich Frauen einigeln, und ihre Qualitäten und ihr Engagement für die Grüne Partei verloren sei.

In jener berüchtigten Landesversammlung, in der es um die Wahl der Kandidatinnen für die Nationalratswahl ging, erlebte ich die Herzattacke von Freda Meissner-Blau und den Verzweiflungsausbruch von Erica Fischer. In einem beispiellosen Gewaltakt wurden damals die Wahlergebnisse der dortigen Versammlung für null und nichtig erklärt und Freda Meissner-Blau zog als Klubobfrau mit einer siebenköpfigen Männerriege ins Parlament. Damit war die autonome Frauenbewegung als Bündnispartnerin für die GA für immer verloren. Weiterlesen

202/366: Frauen in der Bundeshymne? Schon 1987!

Die Bundeshymne mit Anmerkungen (1987)

Die Bundeshymne mit Anmerkungen (1987)

“Einig laß in Brüderchören (uns froh sein, daß es in der Realität mehr Frauen gibt, als uns Hymnentexte und Geschichtsschreibung vorgaukeln)”. 1987 erschien diese Bundeshymne mit Anmerkungen in der Zeitschrift “Basis-Information” (Grünpress 42).


// 1987 und die Wände sind da! Denn ein Brett vor dem Kopf genügt vielen nicht mehr. Die Bestsellerlisten werden von einem roten und einem schwarzen Buch angeführt, das Land von Beton-Bürokraten und wir an der Nase. Harte Zeiten. Doch die Gedanken sind frei. Noch! Daher: Die Hymne mit Anmerkungen.

1. Land der Berge (und der sauren Almen), Land am Strome (und der DOKW), Land der Äcker (überdüngt und voller Pestizide), Land der Dome (und der Aktion Leben), Land der Hämmer (die die Finger und nicht die Nägel treffen), zukunftsreich (weil trotz allem längst nicht hoffnungslos)! Heimat bist du großer Söhne (und ebenbürtiger Töchter!), Volk, begnadet für das Schöne (wenn man ab und zu gnädig die Augen schließt), vielgerühmtes Österreich (Schweiz: österreicher-Witze, BRD: ehschowissen, USA: “Oh, I forgot to say: Hayl Hiddler!”), vielgerühmtes Österreich (“…wie schön könnte es sein, wenn…”).

2. Heiß umfehdet (zwischen rot und schwarz), wild umstritten (von Titel- und Posten-Adabeis), liegst dem Erdteil du inmitten (was in einem atomaren Winter nicht unbedingt von Vorteil ist) einem starken Herzen gleich (Werbespot: “Glykol! Damit ihnen nicht das Blut gefriert, wenn Sie erfahren, was noch so alles in Ihrem Wein ist! Ihre chemische Industrie.”) Hast seit frühen Ahnentagen (viel zu wenig Veränderungen erlebt) hoher Sendung Last getragen (Gibt es deswegen so wenig Menschen mit Rückgrat?), vielgeprüftes Österreich (wie wahr, wie wahr!)!

3. Mutig in die neuen Zeiten (denn Mut werden wir brauchen), frei und gläubig sieh uns schreiten (in einem Land, in dem am 12. Februar – nein, nicht 34, sondern 84 – das Nichtsingen der Bundeshymne mit Gericht und Krankenhausbehandlung endete? In einem Land, dessen Zustand uns oft ungläubig staunen läßt?), arbeitsfroh und hoffnungsreich (Jeder ist seiner Hoffnung Schmied.). Einig laß in Brüderchören (uns froh sein, daß es in der Realität mehr Frauen gibt, als uns Hymnentexte und Geschichtsschreibung vorgaukeln), Vaterland, dir Treue schwören (“treu bin ich – hoffentlich – mir, vielleicht noch meinem Partner, aber…”), vielgeliebtes Österreich. (Zitat: “Es gibt keine Formel für die Liebe. Lieben lernt man…indem man aufmerksam beobachtet und dann tut, was sich dabei als erforderlich herausstellt.” Aldous Huxley).

Es gibt viel zu tun! //

201/366: Zwölf Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems

Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems, abgedruckt in "Die Insel" 1/1993.

Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems, abgedruckt in “Die Insel” 1/1993.

“Womit die Ausländer den freiheitlichen Anstoß erregen, ist wohl ihre Herkunft, für die sie natürlich nichts können. Gewiß, manche von ihnen halten sich illegal im Lande auf, und damit wird das beispiellose Vorhaben auch begründet. Die Freiheitlichen hingegen leben zwar legal in Österreich; aber das Anstoßerregende an ihnen ist ihre Gesinnung, an der sie selbst die Schuld tragen”. Als Antwort auf das FPÖ-Volksbegehren “Österreich zuerst” (landläufig Ausländervolksbegehren) verfasste Robert Schlesinger im November 1992 “zwölf Forderungen zur Regelung des Freiheitlichenproblems”. Dieser Text wurde ursprünglich in der Zeitschrift FORVM publiziert und in der Bezirkszeitung “Die Insel” der Alternativen Liste Wien nachgedruckt.


// Mag sein, daß sich Jörg Haider einbildet, der von ihm gepflogene Stil der Politik sei sein persönliches Vorrecht; da’s die FPÖ jedoch offenbar nicht mehr anders versteht, muß ihr jetzt Gleiches mit Gleichem vergolten werden. Das Volksbegehren gegen die Ausländer, das sie zu planen sich erdreistet, dient dem Zweck, eine Gruppe von Menschen einem Sonderrecht mit krassen Benachteiligungen zu unterwerfen, und dafür soll sogar die Verfassung geändert werden.

Womit die Ausländer den freiheitlichen Anstoß erregen, ist wohl ihre Herkunft, für die sie natürlich nichts können. Gewiß, manche von ihnen halten sich illegal im Lande auf, und damit wird das beispiellose Vorhaben auch begründet. Die Freiheitlichen hingegen leben zwar legal in Österreich; aber das Anstoßerregende an ihnen ist ihre Gesinnung, an der sie selbst die Schuld tragen. Jörg Haider ist seit dem 13. September 1986 Obmann der FPÖ. Jeder, der nach dem, sagen wir, 1. Jänner 1987 Mitglied dieser Partei war, hat also zu deren Entwicklung seinen Beitrag geleistet (und sei es auch nur der Mitgliedsbeitrag); zu einer Entwicklung, die die FPÖ so weit gebracht hat, daß sie ein Instrument der direkten Demokratie dazu verwendet, die demokratische Verpflichtung zur Solidaritat mit Schwachen zu vernichten, ja die Rechte Hilfsbedürftiger zu beschneiden.

Eine solche Auffassung von Demokratie spricht deren Geist gar zu frech Hohn.

Vielleicht muß man die Freiheitlichen, um ihnen oder wenigstens ihren Sympathisanten die Augen zu öffnen, mit ihren eigenen Methoden bekämpfen. Ich ersuche daher die Regierung, binnen drei Wochen die folgenden zwölf Forderungen zu erfüllen, andernfalls diese Gegenstand eines Volksbegehrens sein sollen:

  1. Schaffung einer Verfassungsbestimmung, wonach in Österreich jeder maßgebliche Einfluß der Freiheitlichen unerwünscht ist.
  2. Verbot für die FPÖ, irgendeine politische Tätigkeit zu entfalten, bis eine befriedigende Lösung des Problems der Ideologie ihrer Funktionäre gefunden ist.
  3. Generelle Ausweispflicht für Freiheitliche.
  4. Aufstockung der Staats- und Kriminalpolizei.
  5. Schaffung einer eigenen Behörde, die langfristige Programme zur Resozialisierung von Freiheitlichen ausarbeiten soll.
  6. Maximal zehnprozentiger Anteil von Schülern, die einen freiheitlichen Elternteil haben (oder auch zwei); in Schulen mit höherem Anteil Aufteilung auf andere Bezirke.
  7. Für Kinder von Freiheitlichen Kurse in Staatsbürgerkunde vor dem Eintritt in die Pflichtschule.
  8. Kein passives Wahlrecht für Freiheitliche.
  9. In den vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte dürfen Freiheitliche ohne Ausnahme erst wieder nach frühestens zehn Jahren kommen.
  10. MaBnahmen gegen den Mißbrauch von Sozialleistungen durch Freiheitliche.
  11. Rigorose sofortige Abschiebung und Aufenthaltsverbot für freiheitliche Straftäter.
  12. Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, daß sie österreichischen Deutschnationalen die Einwanderung zu den selben Bedingungen wie etwa Rumänien- oder Wolgadeutschen ermöglicht.

Robert Schlesinger. Wien, den 10. November 1992 //

200/366: Sonnenkollektor Marke Eigenbau. Energiesparverein in Vorarlberg

200-gruenes-vorarlberg-cover13 Prozent erzielten die Vorarlberger Grünen bei den Landtagswahlen 1984. Alternative Liste und Vereinte Grüne waren gemeinsam angetreten. Das politische Erdbeben zeigte Wirkung: Schon im Jahr darauf wurde der Vorarlberger Energiesparverein gegründet. In der Folge entstand eine Entwicklung vorn Energiesparhaus zum Passivhaus, von der flächendeckenden Energieberatung bis hin zur ökologischen Wohnbauförderung. Heute ist Vorarlberg für seine energieeffiziente und ökologische Bauweise und seine Architektur international bekannt. – Zwanzig Jahre später, 2004, publizierte die Grüne Bildungswerkstatt die Jubiläumsschrift “20 Jahre Grünes Vorarlberg. Widerständig und ideenreich” – daraus bringen wir heute das Kapitel “Sparverein nach Grünem Wahlsieg”, in dem die Geschichte des Energiesparvereins geschildert wird.


// Im März 1985 beschloss die Vorarlberger Landesregierung die Gründung des Energiesparvereins, des heutigen Energieinstituts. “Man hat keinen rechten Willen dazu gehabt, aber nach den Wahlen hat man eben etwas machen müssen”, erinnert sich der erste Geschäftsführer des Vereins, Helmut Hirschfeld. Auch der ehemalige Journalist und Grün-Aktivist Werner Kräutler nennt die Gründung des Energiesparvereins “eine Alibiaktion der ÖVP”: “Die haben gedacht, die paar Wahnsinnigen sind leicht ruhig zu stellen. Wir haben sie damals aber ziemlich vor uns her getrieben.”

Heilsamer Impuls

Ernst Schwald, bei der Gründung im Beirat des Energiesparvereins und ab 1988 dessen Geschäftsführer, sieht das so nicht: “Natürlich ist die Tatsache, dass die Grünen 13 Prozent erzielt haben, dem Land sehr in die Knochen gefahren. Doch war dies ein heilsamer und demokratiepolitisch wertvoller Impuls.” Schließlich sei es ja “eine bekannte Strategie, Themen nicht allein einer oppositionellen Gruppe zu überlassen, sondern selber aktiv zu bearbeiten. Wir vom Beirat – Karl-Heinz Rüdisser vom Land, Kurt Schörghuber von den VKW [Vorarlberger Kraftwerke, Anm.], Robert Häusle von der Vogewosi [Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft, Anm.] und ich – haben diese Aufgabe sehr ernst genommen”, betont Schwald. Das meint auch der ehemalige VKW-Direktor Kurt Schörghuber, wegen der VKW-Kraftwerkspläne damals der Gottseibeiuns der Grün-Szene: “Der Ernst Schwald und ich waren uns aber immer einig: Wenn der Energiesparverein einen Sinn haben soll, muss er unabhängig und seriös arbeiten. Wir sind ja beide Techniker, keine Romantiker.”

Breite Basis

Tatsächlich wurde der Energiesparverein auf eine besonders breite Basis gestellt. “Man wollte das Thema in fast sozialpartnerschaftlicher Form bearbeiten”, analysiert Schwald. “Das war eine sehr umsichtige Konstruktion.” Vereinsmitglieder waren u.a. Land Vorarlberg, VKW, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Vogewosi, Erdgasgesellschaft. Schwald hatte bereits 1978 als WIFI-Mitarbeiter eine Energieberatung für Gewerbebetriebe aufgezogen. “Das damals verwendete Schweröl hatte massive Umweltauswirkungen, das Waldsterben war ein heißes Thema”, blickt der spätere Geschäftsführer des Energiesparvereins zurück. Die Einsparungspotenziale in den Betrieben seien damals so hoch gewesen, dass sich die Maßnahmen auch finanziell rentiert hätten. Kein Wunder also, dass die Beratung positiv aufgenommen wurde. Weiterlesen

199/366: Fliegender Sonderabfall. Von Draken und Luftballons

Anfrage von Peter Pilz und FreundInnen zu den Draken.

Anfrage von Peter Pilz und FreundInnen zu den Draken (1988).

“In der direkten Gegenüberstellung ist von Vertretern Ihres Ressorts darauf hingewiesen worden, daß der Draken dem Luftballon in der Luftbegegnung unterlegen ist. Welche Hindernisse stehen der Einführung des Luftballons in der Fliegerdivision noch im Wege?”

Im Grünen Rundbrief vom 23. Juni 1988 wurde die “Anfrage der Abgeordneten Pilz und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffs fliegendem Sonderabfall” abgedruckt. Minister Robert Lichal musste sich darin als “biblische Plage” bezeichnen lassen.


Österreich hat jetzt Draken, Lichal und die Frage, was die restlichen fünf biblischen Plagen noch sein können. Seit die Draken in der Steiermark ihr bestes geben, steigt natürlich auch der Wissensdurst der grünen Abgeordneten, der nur vom Kriegsminister entsprechend gestillt werden kann. Bei Sonnenschein, vollkommener Windstille, trockener Landebahn und intaktem Kraftstoffanzeiger stellen die unterfertigten Abgeordneten an den BMLV daher folgende Anfrage:

1. Wie die anderen Österreicher auch lieben die Draken das schöne Wetter und ziehen sich vor dem schlechten mit Grausen zurück. Um den Luftkrieg über Österreich sicherstellen zu können, bedarf es daher des Verständnisses der potentiellen Kontrahenten. Welche Vorkehrungen und Vereinbarungen haben Sie daher getroffen um sicherzustellen, daß Luftraumverletzungen sowie Luftkrieg nur bei trockenem Wetter, Sonnenschein und Windstille vorgenommen werden?

Kriegswettervereinbarung

2. Werden Sie versuchen, mit den potentiellen Kombattanten eine Kriegswettervereinbarung, die auf das Draken-Wetter Rücksicht nimmt, zu schließen?

3. Sehen Sie eine Möglichkeit, durch technische oder sonstige Vorkehrungen für den Draken einen windgeschützten Luftraum zu Verfügung zu stellen? Weiterlesen

198/366: 10 grüne Punkte für die Ostregion ohne Stau

10 grüne Punkte für die Ostregion (1997)

10 grüne Punkte für die Ostregion, veröffentlicht in der “Distel” der Penzinger Grünen 4/1997

Die niederösterreichischen und die Wiener Grünen starteten 1997 gemeinsam die Kampagne “Ostregion ohne Stau”. Mit “10 grünen Punkte für die Ostregion” wollten sie die alltäglichen Verkehrsprobleme in den Griff bekommen. “Frühstück im [PendlerInnen-]Zug” und “Sitzplatzgarantie” klingen immer noch verheißungsvoll…


Die täglichen Megastaus in der Ostregion müssen von Wien und NÖ gemeinsam bekämpft werden. Die Grünen starten die Offensive Ostregion ohne Stau – neue Konzepte statt uralte Rezepte. Das 10-Punkte-Programm ist auch eine Hoffnung für die geplagte Bevölkerung der Westeinfahrt, denn auch viele Penzinger Verkehrsprobleme haben Wurzeln im niederösterreichischen Umland und sind daher ein Thema für Wien und Niederösterreich.

  1. Mehr “Bürgernahe Planung” vermeidet Verkehr: Fußläufig erreichbare Geschäfte statt Mega-Centers, Bahnhöfe mit zusätzlichen Serviceangeboten statt neuer Autobahnen.
  2. Mehr Regionalverbindungen im 15-und 30-Minuten-Takt: Ein wichtiger Schritt zur Attraktivierung: die Schnellbahn muß öfter fahren – am besten im Takt. Diese Fahrpläne merkt sich jeder.
  3. Mehr direkte Busse zu Terminals bei den U-Bahn-Endstellen: In Umlandgemeinden ohne Schnellbahnstation sollen Busse alle 15 Minuten direkt bis zur nächstgelegenen U-Bahn fahren.
  4. Mehr Service und Qualität für die Fahrgäste: “Frühstück im Zug”, eine “Sitzplatzgarantie” für die Fahrgäste, alle Bushaltestellen mit Wetterschutz und Beleuchtung u.v.a.m.
  5. Mehr Geld für die Verkehrsideen der Gemeinden: Selbst die beste Schnellbahn nützt wenig, solange der Bahnhof schlecht erreichbar ist. Die Gemeinden brauchen daher Unterstützung für lokale Verkehrskonzepte. Dazu soll es einen Verkehrsfond mit 1 Milliarde Schilling pro Jahr geben.
  6. Mehr Komfort mit dem neuen Wiener Schnellbahnring: Die Schienen für einen Ring sind vorhanden. Man muß sie nur befahren. Der Schnellbahnring schafft neue Verbindungen und spart ein- bis zweimal Umsteigen.
  7. Brigid Weinzinger verteilte heute vormittag im Rahmen der Kampagne "Ostregion ohne Stau" Krapfen, Kaffee sowie aktuelle Zeitungen an Fahrgäste auf insgesamt sieben S-Bahn-Strecken. Bild: APA OTS/Die Grünen.

    Brigid Weinzinger verteilte Frühstück und Zeitungen an Fahrgäste auf den S-Bahn-Strecken. Bild: APA OTS/Die Grünen.

    Mehr Güter auf die Schiene – Moderne Logistikzentren für die Güterverteilung: Die Bahn muß aufholen. Die Lkw-Speditionen sind ihr um Längen voraus. Neue Servicezentren bringen den Umschwung.

  8. Mehr Effizienz durch einen “Planungsminister” für die Ostregion: Wien, Niederösterreich und Burgenland sollen künftig einen einzigen verantwortlichen “Planungsminister” haben. Dann fällt endlich die alte Ausrede weg: “Tut mir leid, ich bin nicht zuständig.”
  9. Mehr Jobs in die Regionen: Eine bessere Schienen-Infrastruktur bringt den Regionen auch mehr Chancen. Betriebe können den Versand leichter abwickeln und das ÖBB-Datennetz schafft auch neue Möglichkeiten auf dem Daten-Highway.
  10. Mehr Geld für den Öffentlichen Nahverkehr statt für den Transitverkehr: Das Grüne Konzept ist klar: 50 Milliarden für die Umsetzung dieses “Anti-Stau-Paketes”. Das Geld ist vorhanden: Durch Verzicht auf neue Autobahnprojekte, Einführung des Lkw-Roadpricing und Ausbau der Parkraumbewirtschaftung.

Zum Weiterlesen

Schnellbahnaktionstag der Grünen, APA OTS, 24. November 1997

197/366: Die Sache mit dem Benzinpreis

Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Nationalratswahl 1990.

Die Kandidatinnen und Kandidaten für die Nationalratswahl 1990.

Vor 26 Jahren, vom 13. bis zum 15. Juli 1990, fand der fünfte Bundeskongress der Grünen Alternative im Tiroler Telfs statt. Dabei wurde das Programm für die Nationalratswahl 1990 diskutiert und beschlossen. Im Wahlkampf erwähnte Sonja Puntscher Riekmann, Programmkoordinatorin und Bundesvorstandsmitglied,  in der “Pressestunde” die Forderung nach einem kostendeckenden Benzinpreis von 24 Schilling (1,7 EUR), verbunden mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Die Äußerung verselbständigte sich in einem atemberaubenden Tempo – auch dank entsprechender Schlagzeilen – und wurde in jedem Bierzelt, an jedem Stammtisch ausführlichst diskutiert. Wie die Grünen in ihrer Publikation zum 20-Jahr-Jubiläum feststellten, hatte sich Puntscher-Riekmann an eine Idee des damaligen Finanzministers Ferdinand Lacina angelehnt. Nur: Die auflagenstärkste Zeitung informierte ihre LeserInnen schon in der Abendausgabe mit dem Aufmacher: “Grüne fordern 24 Schilling Benzinpreis!” ¹

Dass Puntscher-Riekmann in einem Nachsatz volkswirtschaftliche Bedenken an der Höhe äußerte, ging in der Folge unter.² Abgesehen davon waren auch die anderen Parteien – trotz ihres lauten Aufschreis – einer solchen Idee nicht völlig abgeneigt, beschrieb die Redaktion der Zeitschrift “Impuls grün” im September 1990, kurz nach der “Pressestunde”:

// Befremdend daran ist die Tatsache, daß alle(!) Parteien eine Erhöhung des Benzinpreises fordern. Nur halt ja nicht zu laut. Der Umweltbeauftragte der FPÖ Doz. Dr. Gerhard Spitzer sagte in einem Interview in der Zeitschrift ÖKO-Trend: “…Autos sind in der Anschaffung ein wenig, in der Erhaltung viel zu billig – ich kann mir einen Benzinpreis von öS 39.- [2,8 EUR, Anm.] vorstellen und eine Koppelung von Kfz-Steuer und Verbrauch.”

In einer SPÖ-Broschüre steht: “…daß die Verkehrsträger kostendeckende Preise verlangen müssen… so müßte die Mineralölsteuer für den PKW-Verkehr um öS 14.- [1,01 EUR, Anm.], für den LKW-Verkehr um öS 28.- [2,03 EUR, Anm.] erhöht werden…”

Die ÖVP fordert die sogenannte Öko-Soziale Marktwirtschaft. Die ökologischen Probleme werden marktwirtschaftlich, also über den Preis geregelt. Für den Benzinpreis übersetzt bedeutet das nichts anderes als eine Erhöhung. ³//

Quellen

¹ Artikel im Heft “Zwanzig Jahre Grüne im Parlament”: 197-zwanzig-jahre-gruene-im-parlament(PDF, 0,2 MB)
² Wikipedia: Geschichte der Grünen – Die Grüne Alternative
³ Wahlprogramm 1990: 197-nationalratswahlprogramm-1990 (PDF, 10 MB)

außerdem: Engelbert Washietl: “Endlich 25 Schilling für einen Liter Benzin“. In: Wiener Zeitung, 23. August 2012

196/366: Aus Kummer trink ich nie. Fragen an die Wiener GemeinderätInnen

196-fragen-gemeinderaete-wien-1In der GAZ, der Grün-Alternativen Zeitung für Wien, vom Jänner 1992 wurden den damaligen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten Wiens folgende persönliche Fragen gestellt:

1. Wer bist Du?
2. Wann betrinkst Du Dich?
3. Wann schaltest Du den Fernsehapparat ab?
4. Beichte Deine Umweltsünden
5. In welche Person aus den anderen Parteien könntest Du Dich verlieben?
6. Was ist das dunkelste Kapitel in Deiner Geschichte?

Download im Originallayout: 196-fragen-gemeinderaete-wien (PDF, 1 MB)


Schani Margulies: Aus Kummer trink ich nie

1. Ich bin ein 52-jähriger, übergewichtiger Mann aus der Gewerkschafts- und Alternativbewegung. Von Kindesbeinen an politisch aktiv.
2. Trinke mit Freunden wenn’s etwas zu feiern gibt. Ansaufen tu’ ich mich seit Jahren nicht mehr. Aus Kummer trink ich nie.
3. Kommt aufs Programm an. Musikantenstadl dreh’ ich sofort ab.
4. Ich rauche. Fahr’ doch noch immer mit dem Auto. Aus Bequemlichkeit kaufe ich manchmal nicht umweltbewußt ein.
5. Muß ich passen.
6. Im 68-er Jahr, beim Einmarsch der Sowjet-Truppen in die CSSR, ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Ein Schockerlebnis. Mein Traum vom Sozialismus mit menschlichem Antlitz wurde damals kaputtgemacht. Nicht nur beruflich mußte ich neu anfangen.

Peter Pilz: Kein Platz für Liebe

1. Peter Pilz
2. Nach jedem Wahlerfolg, also sehr selten.
3. Immer wenn die Nachrichten kommen. Normalerweise schalte ich das TV-Gerät nicht ein.
4. Gelegentliche Taxifahrten. Zu nachgiebig gegen Raucher, da muß ich härter werden.
5. Also in den Lichal nicht. Ansonsten – kein Platz für Liebe.
6. 1. Möglicherweise meine Schulzeit. 2. Mein letzter Kinderfreundeurlaub – der war echt beschissen.

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195/366: Bundesländerfritz. Entscheidungsstruktur der Alternativen Liste Oberösterreich

Die Entscheidungsfindung in der Alternativen Liste Oberösterreich erfolgte nach dem Subsidiaritätsprinzip: “Jede Entscheidung soll in der untersten möglichen Ebene getroffen werden und darf von oberen Ebenen nicht aufgehoben oder praktisch unmöglich gemacht werden”. Um zu verstehen, welcher Organisationsteil mit welchen Personen und “Fritzen” in welcher Verbindung steht, muss man die Darstellung wohl länger studieren 😀

Entscheidungsfindung bei der Alternativen Liste Oberösterreich.

Entscheidungsfindung bei der Alternativen Liste Oberösterreich (Grünes Archiv Oberösterreich).

194/366: Jugendliche brauchen Freiräume. Berufsschülertage 1995

194-berufsschuelertage-pilz-jerusalem“Mehr als die Hälfte der österreichischen Jugendlichen absolviert eine Lehre. Trotzdem sind Lehrlinge nach wie vor die Stiefkinder der Nation. Eine vergessene Mehrheit. Jede bildungspolitische Debatte dreht sich um Volksschule, Hauptschule, Mittelschule, Universität. Über die Berufsschule wird kaum geredet”. Hat sich an dieser Diagnose von Peter Pilz aus dem Jahr 1995 viel geändert, was meint Ihr?

Zu den Berufsschülertagen, die im April 1995 im Wiener Rathaus stattfanden, veröffentlichten die Wiener Grünen eine Broschüre mit Informationen für Jugendliche in Lehrausbildung.

Download der ganzen Broschüre: 194-berufsschuelertage-wien-1995 (PDF, 2 MB)


Jugendliche brauchen Freiräume – Susanne Jerusalem, Gemeinderätin

Jugend ist eine Zeit des Experimentierens. Jugendliche brauchen Freiräume, die nicht von Erwachsenen dirigiert und kontrolliert werden. Politik hat die Aufgabe, diese Freiräume zu schaffen. Jugendliche haben das Recht, in Angelegenheiten, die sie betreffen, informiert zu werden, mitreden und mitentscheiden zu können. Dieses Recht ist in der UNO-Konvention “Über die Rechte des Kindes” verankert. Österreich hat unterschrieben und damit die Verpflichtung übernommen, die Bestimmungen der Konvention einzuhalten. Bis zur Verwirklichung dieser Rechte ist noch ein langer Weg zurückzulegen. Die Grünen sagen: “Der Alltag von Jugendlichen muß demokratisch werden!” Die Grünen fordern aber auch eine Herabsetzung des kommunalen Wahlalters, denn wer alt genug ist, um eine Lehre zu absolvieren, muß auch alt genug zum Wählen sein. Alle Jugendlichen sollen die Chance haben, selbstbewußt, eigenverantwortlich und aktiv zu sein. Um Chancengleichheit herzustellen, muß die Stadt Maßnahmen im Interesse von einkommensschwachen und diskriminierten Jugendlichen treffen.

Lehrlinge haben keine Lobby – Peter Pilz, Klubobmann der Grünen im Rathaus

Mehr als die Hälfte der österreichischen Jugendlichen absolviert eine Lehre. Trotzdem sind Lehrlinge nach wie vor die Stiefkinder der Nation. Eine vergessene Mehrheit. Jede bildungspolitische Debatte dreht sich um Volksschule, Hauptschule, Mittelschule, Universität. Über die Berufsschule wird kaum geredet. Aus gutem Grund, denn: Lehrlinge haben keine Lobby. Dem Staat ist ein Schüler in der Berufsbildenden Höheren Schule jährlich 60.000 Schilling [4360 EUR, Anm.] wert – ein Schüler in der Berufsschule hingegen nur 6.000(!) Schilling [436 EUR]. Schüler und Studenten haben eine Interessensvertretung. Lehrlinge werden nach wie vor irgendwo zwischen Betrieb und Berufsschule hin und hergeschoben. Der Grund dafür ist einfach: Lehrlinge sind zwar alt genug, um zu arbeiten, wählen dürfen sie allerdings nicht, denn: Lehrlinge haben keine Lobby. Das muß – und das kann sich ändern – wenn Lehrlinge selbst was ändern. Wer sagt, daß man nichts gegen Schikanen in der Ausbildung machen kann? Wer sagt, daß Lehrlinge widerspruchlos jede Arbeit machen müssen? Und wer sagt, daß ihnen von der Jugendkultur nur die Brösel zustehen? Wir machen Lehrlingen ein Angebot: Wenn Ihr selbst was unternehmt, wenn Ihr selbst was ändern, was Neues machen wollt, dann reden wir drüber, wie wir das unterstützen können. Damit auch da was in Bewegung kommt.

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