Weblog des Grünen Archivs zur Geschichte der Grünen und Alternativen in Österreich

Monat: Februar 2016 (Seite 3 von 3)

40/366: PUM, GAL, ALÖ, VGÖ: So entstanden die Grünen in Oberösterreich

Marco Vanek: Portrait einer bewegenden Partei. Die Grünen Oberösterreich (2000)

Marco Vanek: Portrait einer bewegenden Partei. Die Grünen Oberösterreich (2000)

Marco Vanek veröffentlichte im Jahr 2000 die 32-seitige Broschüre “Portrait einer bewegenden Partei. Die Grünen Oberösterreich”, in der die Geschichte und die Positionen der Alternativ- und Grünbewegung in Oberösterreich dargestellt werden.


//zitat// Der Kampf gegen das Atomkraftwerk in Zwentendorf (1978), das Donaukraftwerk in Hainburg (1984) und in Oberösterreich das geplante Speicherkraftwerk im Reichraminger Hintergebirge (1984) waren wohl die Meilensteine im Entstehungsprozess der Grünen. Im Widerstand gegen diese Projekte formierte sich eine landesweite Umweltbewegung, die die Menschen aus allen politischen Lagern und sozialen Schichten zusammenführte. Ihre gesellschaftliche Dynamik wies von Anfang an weit über die beiden konkreten Konflitkfälle und auch über die ökologische Frage hinaus. Die bekämpften Kraftwerksprojekte wurden schnell zu Symbolen gesamtgesellschaftlicher Fehlentwicklungen.

Bereits im Jahr 1979 kandidierten bei den Gemeinderatswahlen in Oberösterreich drei Gruppen, die dem politischen Spektrum der Grünbewegung zuzuordnen sind. In Schwanenstadt war es die Partei für Umweltschutz und Menschlichkeit (PUM), in Schärding die Demokratische Initiative und in Steyregg die Gruppe um den jetzigen Bürgermeister Josef Buchner. Anfang der 80er Jahre gründete sich in Oberösterreich eine Landesgruppe der Alternativen Liste (ALÖ), die wichtigste Vorläufergruppierung der späteren Grünen. Damalige Gründungsmitglieder waren der jetzige Landessprecher Gottfried Hirz, der Grüne Klubobmann im Oö. Landtag Rudi Anschober und die Landtagsabgeordnete Doris Eisenriegler. Diese drei hatten auch einen maßgeblichen Anteil bei der politischen und organisatorischen Etablierung der Grünen Partei in Oberösterreich.

Die Grün-Alternative Liste (GAL) kandidierte erstmals bei den Landtagswahlen im Jahr 1985. Seit 1997 sind die Grünen im oberösterreichischen Landtag mit drei Mandaten vertreten. In über 60 Kommunen arbeiten 150 GemeinderätInnen für die Grüne Sache. //zitatende//


Zum Weiterlesen: 040-marco-vanek-portrait-einer-bewegenden-partei-ooe (PDF, 6 MB)

39/366: Wer den Basiswappler erfunden hat

In einem grünen ABC darf der “Basiswappler” natürlich nicht fehlen. Aber woher kommt der Begriff? Robert Sedlaczek, Journalist und Experte für die österreichische Varietät der deutschen Sprache, geht in seinem am 8. März 2011 in der Wiener Zeitung veröffentlichten Artikel der Frage nach, “wer den Basiswappler erfunden hat”. Ricola war’s jedenfalls nicht…

Der Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der Chefredaktion der Wiener Zeitung und des Autors hier veröffentlicht, für die wir uns sehr herzlich bedanken. Wir erlauben uns dafür den dezenten Hinweis, dass man die Wiener Zeitung abonnieren und Sedlaczeks Bücher kaufen kann 🙂


//zitat// Thomas Maurer hat ein neues Programm, es löst bei Publikum und Kritik Beifallsstürme aus. Für uns soll das ein Anlass sein, ein gut gehütetes Geheimnis zu lüften.

Von wem stammt eigentlich das Wort Basiswappler? Wenn Zeitungen den Ausdruck gebrauchen, fügen sie meist einen scherzhaften Vermerk hinzu: © Karl Öllinger. Gemeint ist der Sozialsprecher der Grünen. Oft wird auch noch darauf hingewiesen, dass sich dieser einst selbst als Basiswappler bezeichnet hat. Aber warum eigentlich? Was war der Anlass?

Ich wollte der Sache auf den Grund gehen. Oft sind solche Behauptungen ja hartnäckige Legenden. Sie tauchen wie eine Zeitungsente immer wieder auf. Beim näheren Hinsehen ist dann nichts Wahres dran.

Erste Station der Recherche: Karl Öllinger. Ich will wissen, in welchem Zusammenhang er den Ausdruck erstmals verwendet hat. Am Telefon erzählt mir der Nationalratsabgeordnete, wie es dazu gekommen ist.

Die Grünen standen mitten im Nationalratswahlkampf 1994. Sie hatten sich vorgenommen, einen witzigen Werbespot zu drehen. Schon von der Machart her sollte er ganz anders sein als die Belangsendungen der Großparteien. “Der Kabarettist Thomas Maurer hat uns dabei geholfen. Wir sind am Vorabend beisammengesessen und haben Witze gemacht. Es war ein großer Spaß.” Den Grünen ist es damals darum gegangen, die platitüdenhafte Berichterstattung in den Medien zu persiflieren. Weiterlesen

38/366: Alternative Liste: Wir kandidieren! Kandidieren wir?

grüner Baum mit roter Baumscheibe und weißer Figur, schwarze Schrift

Nationalratswahlen 1983. Wir kandidieren! … Kandidieren wir? Wien: Rema Print 1983 (Wienbibliothek, Plakatsammlung, P-222604)

In Zeiten, wo die Grünen in sechs Landesregierungen vertreten sind, wirken Überlegungen, ob sie überhaupt zu einer Wahl antreten sollen, vielleicht überraschend. In der Anfangszeit der Grünen Bewegung war das allerdings keine eindeutig beantwortete Frage, wie dieses Plakat der “Arbeitsgruppe Nationalratskandidatur” der Alternativen Liste Wien zeigt. Denn die Grünen sahen sich – ähnlich wie die deutsche Grüne Petra Kelly es formulierte – als “Anti-Partei(en)-Partei” und diskutierten lang und heftig, ob und wie sich “Spielbein” und “Standbein” vereinen ließen. Die deutsche Zeithistorikerin Silke Mende im Jahr 2009 dazu:

//zitat// Die Arbeit in der Partei und später auch in den Parlamenten sollte die Aktivitäten der Neuen Sozialen Bewegungen ergänzen und keinesfalls ersetzen. Dieser Anspruch spiegelte sich in einem sehr wirkmächtigen Bild wider, das von der grünen Partei [hier gemeint: in Deutschland, gilt aber auch für Österreich] der Anfangszeit häufig gebraucht wurde: dem “Spielbein-Standbein-Konzept”. Während der Arbeit in den Neuen Sozialen Bewegungen weiterhin das unverzichtbare “Standbein” der grünen Bewegung sein sollte, war der grünen Parteiorganisation die Rolle des “Spielbeins” in den Parlamenten zugedacht. In ihrer Rolle als parlamentarischem Spielbein sollten die Grünen jedoch keinesfalls in die Rollenmuster der etablierten Parteien fallen, wollte man doch die “grundlegende Alternative zu den herkömmlichen Parteien” sein. //zitatende//

(Quelle: Silke Mende: “‘Die Alternative zu den herkömmlichen Parteien’. Parlamentarismuskritik und Demokratiekonzepte der ‘Gründungsgrünen’ in den siebziger und frühen achtziger Jahren”. In: Die Zukunft der Demokratie. L’avenir de la démocratie. Herausgegeben von Thomas Bedorf, Felix Heidenreich und Marcus Obrecht. LIT-verlag 2009, S. 39) Weiterlesen

37/366: Lebensbejahend oder lebensfrustriert – wozu zwei Grünparteien?

grüner Schriftzug mit Rufzeichen auf grauem UntergrundWozu zwei Grünparteien? Was unterscheidet sie voneinander? Diese Fragen versuchten die Vereinten Grünen in einem “Grünen Wegweiser” – natürlich aus ihrem Blickwinkel – zu beantworten. Die vierseitige Publikation des Landesverbandes Wien der Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) wurde im Wiener Stadt- und Landesarchiv (Bestand 1.104.3 – Die Grünen) gefunden. Der Text hat keine Jahresangabe, dürfte aber mit späte 1980er bzw. frühe 1990er datiert werden können.

Die VGÖ, eine “ländlich-ökologische Bewegung”, wurde 1982 von Alois Englander gegründet. Die bürgerlich-grüne Partei trat bei vier Nationalratswahlen gegen andere Grünparteien an (1983 gegen die Alternative Liste Österreichs, 1986 gegen die Grüne Alternative und Die Grünalternativen – Demokratische Liste (GAL), 1990 und 1994 gegen die Grüne Alternative), schaffte den Einzug jedoch nicht.

Die Liste bietet sicher jede Menge Diskussionsstoff…


Grüner Wegweiser! Wozu zwei Grünparteien? Was unterscheidet sie voneinander?

//zitat// VGÖ: eine Grünpartei ohne “Nebenfarben”, gemäßigt, demokratisch bürgernah, “radikal” nur inbezug auf die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Alternative: Partei mit grüner Deckfarbe, unter der es nicht selten rötlich bis blutrot schimmert.

VGÖ: Positiv kritisch, staats- und gesellschaftsbejahend
Grüne Alternative: destruktiv kritisch, überwiegend staats- und gesellschaftsfeindlich Weiterlesen

35/366: United Colors of Beton

Die Grüne Alternative informiert: United Colors of Beton. PLakat zu den Gemeinderatswahlen Wien 1991

Die Grüne Alternative informiert: United Colors of Beton. Plakat zu den Gemeinderatswahlen Wien 1991

Eine grüne Alternative gegen die Betonschädeln von SPÖ, ÖVP und FPÖ – sagt eines der Plakatsujets zur Gemeinderats- und Landtagswahl in Wien im Jahr 1991. Den Grünen gelang in diesem  Jahr  erstmals der Einzug ins Rathaus – mit sieben Mandaten. Der Sitz im Stadtsenat wurde von Christoph Chorherr wahrgenommen, Klubobmann wurde der Spitzenkandidat Peter Pilz. Bei den am selben Tag stattfindenden Bezirksvertretungswahlen kam die Grüne Alternative auf durchschnittlich 8,83 Prozent und insgesamt 63217 Stimmen, was ihr 102 von 1082 Mandaten brachte.

Die Vereinten Grünen erreichten insgesamt nur sechs Mandate, je eines in den Bezirken Leopoldstadt, Landstraße, Penzing, Währing, Donaustadt und Liesing.

34/366: Ein Sessel namens Rudi

Rudi Anschober auzf dem grünen Regierungssitz auf der Titelseite des OÖ Planet 29/2003 (Grünes Archiv)

Rudi Anschober auf dem grünen Regierungssitz auf der Titelseite des OÖ Planet 29/2003 (Grünes Archiv)

UrheberIn unbekannt. Hinweis von Manfred Walter.

Anschöbör, der Ikea-Sessel aus Plastik. UrheberIn unbekannt. Hinweis von Manfred Walter via Facebook.

“Rudi Anschober ist landauf, landab mit einem grünen Sessel zu sehen. Neben Elefanten und Löwen, Menschen unter Regenschirmen und Ansichtskartenidylle im Großformat hebt sich der grüne Sessel beinahe schon minimalistisch von der Bilderflut ab. Alles andere als minimalistisch ist jedoch seine Bedeutung: der Einzug in die Landesregierung, ein Grüner Umweltlandesrat mit weitreichenden Kompetenzen”, schrieb Andrea Danmayr im OÖ Planet 29/2003 (S. 1).  Der “grüne Regierungssitz” war eben nicht nur das Ziel der Grünen für die oberösterreichischen Landtagswahl 2003, sondern auch ein wichtiges Objekt im Wahlkampf (Bild 1). Seine Omnipräsenz verleitete offensichtlich zu dieser schönen Montage (Bild 2). Der Hinweis stammt von Manfred Walter – danke!

Die Grünen erreichten bei dieser Wahl 9,1 Prozent, gewannen zwei Mandate und realisierten erstmals den angestrebten Einzug in die Landesregierung. Die Verhandlungen mit der ÖVP führten zur ersten schwarz-grünen Zusammenarbeit auf Länderebene. Weiterlesen

33/366: ALÖ erhält Rechtspersönlichkeit

Bestätigung der Hinterlegung der Parteistatuten durch das Innenministerium.

Bestätigung der Hinterlegung der Parteistatuten durch das Innenministerium (Grünes Archiv).

Am 21. März 1982 wurde bei einem Alternativtreffen im oberösterreichischen Oftering der Beschluss gefasst, 1983 bei den Nationalratswahlen als “Alternative Liste” anzutreten. Am 5. November 1982 fand schließlich die Gründungsversammlung der Alternativen Liste in den Grazer Minoritensälen statt. Die Grundsätze waren “ökologisch”, “basisdemokratisch”, “solidarisch” und “gewaltfrei”. Heute vor 33 Jahren, am 2. Februar 1983, bestätigte die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit, dass die politische Partei “Alternative Liste Österreich – für Demokratie und Umweltschutz” ihr Parteistatut hinterlegt hatte und somit Rechtspersönlichkeit genoss. Dieses Dokument gelangte übrigens in einem Glaswechselrahmen mit einem Passepartout aus goldenem Karton ins Grüne Archiv.

Im aktuellen Parteienverzeichnis des Innenministeriums gibt es übrigens  – ganz abgesehen von der “Grünen Alternative” – eine ganze Reihe von Parteien, die das Wort “alternativ” im Namen tragen (Stand: 27. November 2015). Manche davon dürften eher der Absicht, den politischen Gegner_innen einen Namen wegzuschnappen bzw. auf dem Wahlzettel für Verwirrung zu sorgen, entspringen bzw. beziehen sich auf einen anderen Begriff von “alternativ” als die ALÖ. Weiterlesen

32/366: Dein Fernseher kann Dich nicht in den Arm nehmen

032-alw-warum-neue-medien-nicht-beteiligen“Warum Sie sich an den neuen Medien nicht beteiligen sollten”: Die Arbeitsgruppe Medienpolitik der Alternativen Liste Wien warnte 1984 vor unkritischem Fernsehen und dem neuen Medium Bildschirmtext, insbesondere – passend zum Orwell’schen 1984 – vor deren Überwachungspotential.

//zitat//

  • Sie tragen zur Vernichtung vieler Arbeitsplätze bei, vielleicht Ihres eigenen.
  • Wenn Sie heute noch freiwillig mitmachen, werden sie morgen vielleicht schon gezwungen. Auch der bargeldlose Zahlungsverkehr war früher freiwillig.
  • Jeder Knopfdruck am Gerät kann in den Computern von Staat und Wirtschaft registriert werden. Ihr Leben wird umfassend kontrollierbar.
  • Neue Medien schaffen die Voraussetzung für die Kommerzialisierung des Rundfunks. Wollen Sie, daß, wie in Amerika, das TV-Programm alle 5 Minuten von Werbung unterbrochen wird und das Sonderprogramm ohne Störungen teuer gekauft werden muß.
  • Die Kosten sind für Sie und für niemanden, auch nicht die “Fachleute” annähernd abschätzbar.
  • Der “Komfort” der Neuen Medien geht einher mit Vereinzelung, Erfahrungsverlust und psychischer Verarmung. Dein Fernseher kann Dich nicht in den Arm nehmen, wenn es Dir schlecht geht.
  • Von den Neuen Medien können Staat und Wirtschaft nur profitieren, wenn sich genügend Menschen beteiligen.

//zitatende//

Quelle: Info der Alternativen Liste Wien 3/1984. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand Alternative Liste Wien, Box 1.102.1,2,3 Alternative Liste Wien, Mappe 1.102.2

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